US-Verhandlungen mit Iran: Der Achsenbruch des Bösen
Einst als „Schurkenstaat“ beschimpft, wird der Iran heute als Regionalmacht wichtig. Deswegen suchen die USA vermehrt den Kontakt.
GENF taz | Die Zimmer im Fünfsternehotel mit prächtiger Aussicht auf Genfer See und Walliser Alpen hatte Teheran bereits vor Wochen gebucht – obwohl UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Iran erst am Sonntag zur Teilnahme an der am Mittwoch beginnenden Syrien-Konferenz einlud. „Wir waren sicher, dass die Einladung kommen würde“, erklärte am Montag in Genf ein iranischer Diplomat.
Die Kritik der US-Regierung an dem „Alleingang“ des UN-Generalsekretärs solle „lediglich dazu dienen, die Hardliner im US-Kongress zu beruhigen“, die das am Montag in Kraft getretene Abkommen über das iranische Atomprogramm sabotieren wollen.
Dieser Einschätzung zum Trotz lehnten die USA am Montag die Teilnahme des Iran an der Syrien-Konferenz ab. Sie müsse zurückgezogen werden, es sei denn, die Regierung in Teheran stelle sich öffentlich hinter die Ziele des Treffens, verlautete am Montag aus Washington.
Zuvor hatten die syrischen Rebellen ultimativ mit ihrem Fernbleiben von der Konferenz gedroht: „Man werde nur teilnehmen, wenn die Einladung an den Iran bis 20 Uhr mitteleuropäischer Zeit zurückgenommen werde. Die oppositionelle Nationale Koalition hatte erst am Samstag nach langem Zögern ihre Teilnahme zugesagt. Der Iran gilt den Assad-Gegnern als Kriegspartei an der Seite von Präsident Baschar al-Assad. Tatsächlich unterstützt Teheran die Assad-Diktatur mit Waffen und Personal. Sollten die Rebellen gar nicht in Montreux eintreffen, droht die Konferenz zu platzen, noch bevor sie begonnen hat.
Multilaterale Verhandlungen
Allerdings darf die Ablehnung der USA an einer Teilnahme des Irans nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Interesse Washingtons an einer Normalisierung der Beziehungen zu Teheran deutlich gewachsen ist. US-amerikanische Diplomaten dementieren nicht mehr Berichte, wonach es schon lange vor den multilateralen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm bilaterale Kontakte und Absprachen zwischen Washington und Teheran gab und weiterhin gibt.
Zwar, so die US-Diplomaten, sei die Führung in Teheran wegen ihrer Unterstützung für die syrische Regierung, der Hamas im Gazastreifen sowie wegen der Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land weiterhin scharf zu kritisieren. Doch anderseits sei die Lösung der meisten Konflikte im Nahen und Mittleren Osten ohne eine Beteiligung des Iran schlicht nicht möglich. Deshalb habe die Obama-Administration entschieden, die Strategie des totalen Boykotts und der internationalen Isolation des Iran, die Washington seit der islamischen Revolution von 1979 verfolgt, zu korrigieren.
Es hat lange gebraucht, bis sich diese Einsicht in Washington durchsetzte. Bereits vor zehn Jahren kritisierte der ehemalige Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, es als „dumm, „gefährlich und kontraproduktiv“, dass die Bush-Administration nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 den Iran – neben Irak und Norkorea – zur „Achse des Bösen“ in der Welt und zur „größten Bedrohung für die USA“. dämonisierte. Brzezinski, kein Linker oder Pazifist, sondern ein harter Falke der US-Außenpolitik, brandmarkte Forderungen nach einem militärischen Vorgehen gegen den Iran als „verantwortungsloses, aufrührerisches Geschwätz“.
Tatsächlich, so der ehemalige Sicherheitsberater, läge es „im wohlverstandenen strategischen Interesse der USA, mit dem Iran, dem wichtigsten Land im Mittleren Osten, auf allen Ebenen gute bilateralen Beziehungen zu unterhalten“. Eine Kooperation zwischen den USA und dem Iran würde auch die Chancen zur Beilegung des israelisch-palästinensischen Konflikts erhöhen.
2008 wurde Brzezinski für diese Haltung noch abgestraft. – er musste den Beraterkreis für Obamas Präsidentschaftswahlkampagne verlassen. Doch inzwischen hat die Einsicht, dass eine veränderte Politik gegenüber dem Iran im Interesse der USA liegt, in Washington parteiübergreifend an Unterstützung gewonnen.
Der größte Sponsor
Wesentlich dazu beigetragen hat die Sorge über die Rolle Saudi-Arabiens, des Landes mit den weltweit größten Ölvorräten und seit dem Irakkrieg von 1991 neben Israel Washingtons wichtigster Verbündete in der Region. Dass der wichtigste Verbündete zugleich der größte Sponsor und Finanzier nicht nur der Täter und Hintermänner vom 11.September 2001, sondern auch vieler anderer Terrorakte ist, ist bekannt.
Allerdings wurde dieser eklatante Widerspruch in Washington lange Jahre verdrängt. Doch da die Saudis mit dem Al-Qaida-Netzwerk verbundene islamistische Rebellengruppen in Syrien offensichtlich unterstützen, haben sich die Ansichten gewandelt. Eine Machtübernahme dieser Gruppen in Syrien gilt in Washington inzwischen als größeres Übel im Vergleich zu einem Verbleib Assads an der Macht.
Um dieses Szenario zu verhindern, kooperieren die Geheimdienste der USA, aber auch Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands inzwischen sogar mit dem syrischen Geheimdienst. Die Einsicht, dass man zu einer Beilegung des Syrienkonflikts nicht nur die Nachbarstaaten braucht, die die syrische Opposition unterstützen, sondern auch den Iran als Helfer der Regierung in Damaskus, hatten UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und sein Vorgänger Kofi Annan bereits Anfang 2012.
Ob diese Kursänderung auf der geplanten Syrien-Konferenz Mitte dieser Woche schon Früchte trägt, steht dahin. Aber langfristig könnte das neue Interesse Washingtons am Iran dazu führen, dass aus dem „Schurkenstaat“ wieder ein Partner des Westens wird.
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