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US-Subventionen für heimische IndustrieRuf nach Klage der EU

Die USA wollen Klimawandel und Inflation mit Milliardenausgaben bekämpfen. EU-Parlamentarier fordern Gegenmaßnahmen.

Die USA unterstützen mit 370 Milliarden Dollar Klimaschutz und Energiesicherheit „Made in the USA“ Foto: dpa

Berlin afp | Im Streit um das milliardenschwere Klimaschutz- und Sozialpaket von US-Präsident Joe Biden rechnet der Chef des Handelsausschusses im EU-Parlament, Bernd Lange (SPD), nicht mehr mit einer Verhandlungslösung. Die Europäische Union müsse deshalb in den kommenden Monaten zügig eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA anstrengen, forderte Lange in den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Mit der Klage solle Klarheit darüber erreicht werden, „dass das Vorgehen der USA eindeutig nicht kompatibel mit den WTO-Vorschriften ist“, sagte Lange. Er äußerte sich im Vorfeld eines Treffens des Handels- und Technologie-Rats von EU und USA am Montag, bei dem Vertreter Washingtons und Brüssels über die massiven europäischen Bedenken gegen die Subventionen in dem US-Klimaschutz- und Sozialpaket beraten wollen.

Lange geht davon aus, dass in den Gesprächen zwar noch einige kleine Änderungen für die Umsetzung des sogenannten Inflationsreduzierungsgesetzes (IRA) vereinbart werden könnten. „Aber ich glaube nicht, dass sich substanziell noch viel ändert, denn das Gesetz ist ja bereits beschlossen.“ Deshalb müsse nun auch die EU ihrerseits die Förderung der heimischen Industrie verstärken. „Wir müssen auch prüfen, ob und wie wir die Energiepreise für die Industrie senken können, im Moment sind sie bis zu zehnmal so hoch wie in den USA“, sagte Lange.

Auch der Unions-Wirtschaftsexperte im EU-Parlament, Markus Ferber (CSU), forderte europäische Gegenmaßnahmen: Wenn die USA bei dem Treffen am Montag nicht einen Schritt auf Europa zugingen, müsse die EU-Kommission über die Aktivierung der sogenannten europäischen Handelsschutzinstrumente nachdenken, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion den Funke-Zeitungen. „Das wäre sicherlich die nukleare Option und in der derzeitigen Lage alles andere als wünschenswert“, sagte Ferber. Dennoch müsse die europäische Seite „alle Folterinstrumente auf den Tisch legen“.

Lindner warnt vor „Handelskrieg“

Beim IRA handelt es sich um ein im August in den USA beschlossenes milliardenschweres Klimaschutz- und Sozialpaket der USA. Es sieht 370 Milliarden Dollar (rund 357 Milliarden Euro) für Klimaschutz und Energiesicherheit vor – unter anderem Subventionen für Elektroautos, Batterien und Projekte zu erneuerbaren Energien „Made in USA“. Die Subventionen stoßen in der EU auf massive Kritik: Befürchtet wird eine Benachteiligung europäischer Unternehmen und eine Abwanderung wichtiger Wirtschaftszweige.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits vor einem Handelskrieg mit Washington gewarnt. „Die USA sind unser Wertepartner, aber zugleich gibt es eine enorm protektionistische Wirtschaftspolitik“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Er wies zugleich darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft – anders als beispielsweise die französische – mit dem US-Markt eng verbunden sei. „Deshalb kann Deutschland kein Interesse an einem Handelskrieg haben, sondern muss auf Wirtschaftsdiplomatie setzen“, sagte der Finanzminister.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte zuvor bei einem USA-Besuch die Maßnahmen Washingtons als „super aggressiv“ bezeichnet und gewarnt: „Diese Entscheidungen werden den Westen spalten.“

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7 Kommentare

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  • Interessant wieviele hier darauf setzen, das die Amerikaner wirklich Geld in den Klimaschutz und nicht weiter in "kapitalbringende Wirtschaft" pumpen. Die Hoffnung scheint wohl sehr groß zu sein.



    Immer aber das kleingedruckte lesen...könnte aufschlußreich sein. ;)

  • "Die USA will Umweltfreundlichere Produktion subventionieren" - Ach ist dem wirklich so? Ich dachte das roch eher nach america first, nicht aber nach nachhaltig, umweltschutz first. ;)

    "Dabei fände ich einen Wettbewerb "wer produziert am saubersten" selbst mit staatlicher Förderung eigentlich richtig."



    Wäre ja nett, nur wer das einen komplett auf Kapitalismus ausgerichteten Staat glaubt, naja der glaubt halt eben alles.

  • 6G
    654238 (Profil gelöscht)

    Der Herr Lindner hetzt jetzt also gegen die USA. Dann soll er mal alle WTO Verfahren gegen Deutschland ändern. 2010/2011/2012/2014. Die USA machen das was Deutschland macht(e). Wen die Dummen sitzen auf Posten im Staat ergibt sich als Summen? Typisch Deutsche Wörten: Lastenausgleich, Abschreibung, Vorsteuerabzug, Subvention, Investitionausgleichzahlung, Sozialfond, Efre Strukturmittel usw. www.boeckler.de/de...schaften-27688.htm oder www.foerderdatenba.../DE/Home/home.html oder www.kfw.de/inlands...erung/Unternehmen/

  • Witzig. Wie haben was dagegen, dass die USA als Staat was für den Klimaschutz tun?



    Und da wir ja nichts tun, ist das natürlich ungerecht. Ich lach mich tot.

  • So wird das mit der Klimarettung nichts

    Die USA will Umweltfreundlichere Produktion subventionieren und schon kommt die EU und wittert Wettbewerbsnachteile für EU Produkte. Leute, es geht ums Klima an erster Stelle und da muss halt auch mal der Profit an zweiter Stelle stehen. Wenn man wegen so was schon Streit miteinander beginnt, dann wird das nie was mit dem Aufhalten des Klimawandels.



    Dabei fände ich einen Wettbewerb "wer produziert am saubersten" selbst mit staatlicher Förderung eigentlich richtig.

    • @Rudi Hamm:

      Ich bin etwas vorsichtiger bei meinen Schlussfolgerungen hinsichtlich des IRA. Schließlich handelt es sich in erster Linie um ein Inflationsbekämpfungsgesetz, es geht also hauptsächlich um Geld und gerade auch Gewinne. Sicherlich ist das Gesetz ein enormer Fortschritt hin zu einer klimaneutraleren Zukunft der USA, ob die Welt davon profitiert, wage ich zu bezweifeln.

      Nehmen wir das Beispiel Elektromobilität:



      Für einen kompletten Umstieg auf Elektromobilität benötigen wir enorme Mengen an Batterien, die möglichst klimaneutral hergestellt werden. Bei der Batterie ist der zur Herstellung erforderliche Energieverbrauch das primäre Problem. Wird in den USA die Energie im Verhältnis 10:1 subventioniert, kann in Europa kein Hersteller mehr mitproduzieren. Da geht es nicht mehr um Profit, sondern um Existenz. Wer wäre schon bereit, für ein technisch identisches Produkt einen x-fachen Preis zu bezahlen?



      Dabei ergeben sich zwei Folgeprobleme. Zum einen ist im "Kleingedruckten" des IRA zu sehen, dass die zur Herstellung der Batterien verwendete Energie gar nicht so "sauber" sein muss. Das IRA sieht einen massiven Ausbau der Kernenergie vor und lässt Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken durchaus zu. In Zahlen (der wissenschaftlich oft verwendeten eq/kWh d.h. wie viel Energie wird pro kWh-Leistung einer Batterie verbraucht) stehen die USA bei einem Faktor 700, Schweden bei 50. Der US-Wert wird sich durch einen größeren Anteil der Kernenergie rechnerisch verringern, aber dennoch wird weniger "sauber" produziert, als in vielen europäischen Ländern.



      Außerdem können die USA gar nicht so viele Batterien herstellen, wie gebraucht werden. Die europäischen Autobauer werden dann erst recht gezwungen, um kostenneutral zu produzieren, Batterien aus China und Indien zu importieren, die einen katastrophalen Energiewert aufweisen.

      Es könnte also sein, dass sich die Umstellung auf Elektromobilität eher verzögert und weniger klimaneutral ist, als es möglich wäre.

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Wie wäre es denn, statt Nichtstun in Deutschland endlich mal mit einer aktiven Klimapolitik zu beginnen?



    Will Deutschland jetzt die amerikanischen Klimavorhaben verhindern, weil es selbst nichts Gleichwertiges zu bieten hat und stattdessen die Laufzeiten von Kohlekraftwerken VERLÄNGERT?



    Man schaue sich nur das Versagen der Regierungen im Falle von NorthVolt an. Kein Wunder, das die lieber in die USA statt nach SH gehen….