US-Präsidentschaftsanwärter Marco Rubio: Ein Rechtsaußen als letzte Hoffnung

Marco Rubio ist der einzige Republikaner, der Trump und Cruz noch gefährlich werden kann. Dafür gibt sich der Ultrakonservative moderat.

Marco Rubio steht im Dunkeln hinter einem Vorhang und blickt durch einen Spalt. Ein Lichtstreif fällt auf sein Gesicht.

Auf der Suche nach Erleuchtung: Marco Rubio kann noch auf die Nominierung hoffen. Foto: reuters

LAS VEGAS taz | Marco Rubio hat seinen Schwung wiedergefunden. In Las Vegas schieben seine Mitarbeiter die Trennwände im Ballsaal des „Texas Station“ Casinos ein Stückchen auf, so viele Menschen hatten sie kurz vor dem Caucus der Republikaner in Nevada nicht erwartet. Und nichts ist schlimmer für einen Kandidaten, als vor halbleeren Räumen zu sprechen. Das macht sich in den Fernsehbildern nicht gut. Kameras stehen hier genügend. Marco Rubio ist, nachdem Jeb Bush bei den Konservativen aus dem Rennen ausgeschieden ist, der einzig verbliebene Kandidat des Establishments, dem Chancen eingeräumt werden, Donald Trump und Ted Cruz gefährlich werden zu können.

Die Partei muss gerade mit ansehen, wie sich Trump zu einem echten Teflon-Trump entwickelt, an dem alles abperlt. Als Anti-Establishment-Kandidat hat er New Hampshire gewonnen, dann South Carolina und auch in Nevada sehen ihn die Umfragen weit vorne. Den unberechenbaren und populären Kandidaten Trump haben die Republikaner nicht im Griff. Und hoffen nun darauf, dass der 44-jährige Rubio alles rettet.

Rubios Schwung ist durch seinen zweiten Platz in South Carolina zurückgekehrt. So schnell kann es gehen in diesem absurden Vorwahlkampf. In New Hampshire wurde Rubio noch Fünfter, nachdem er bei einer der vielen TV-Debatten gepatzt hatte. Die Journalisten schrieben ihn herunter, seine Konkurrenten kritisierten seine Unerfahrenheit und freuten sich heimlich, dass der jugendlich-charismatische Rubio nun mit Robotern verglichen wurde, weil er wieder und wieder die gleichen Phrasen wiederholt hatte.

Doch Vorwahlkämpfe sind beständig unberechenbar. Und so steht Rubio am Sonntagabend auf der Bühne und lacht sein jungenhaftes Lachen und spielt die Karte, die ihm in diesem Rennen zugeteilt wurde. „Ich bin der Kandidat, der die Partei und die Bewegung vereinen kann“, ruft er den Leuten zu. Der Senator aus Florida verspricht der Partei eine Wiederbelebung und denjenigen, die von der Partei enttäuscht sind, dass er sie und ihren Frust hört. „A New American Century“ ist Rubios Wahlslogan, ein neues amerikanisches Jahrhundert will er ausrufen.

„Moderat“ ist nur ein Label

Seine Fans sehen in ihm den einzigen, der das Land wieder auf den richtigen Weg führen kann. „Er ist unglaublich, er liebt Amerika, man merkt das, wenn er spricht“, sagt Carol Tanner. Seit Januar arbeitet sie als Freiwillige für Rubio und steht in diesem drittklassigen Casino im Rubio-T-Shirt und mit Plakat in der Hand in der ersten Reihe. Das Argument, dass Rubio zu jung sei, findet sie nicht stichhaltig. Schließlich habe er über 15 Jahre Erfahrung.

Tatsächlich hat Rubio erst vor fünf Jahren die nationale politische Bühne betreten, als er für Florida in den Senat einzog. Damals galt Rubio, ähnlich wie Ted Cruz, als Kandidat der Tea Party. Sie unterstützten den aufstrebenden Politiker. Als Tea-Party-Kandidat gilt Rubio nicht mehr, seit er gemeinsam mit den Demokraten an einem Kompromiss im ewigen Streit um die Einwanderungspolitik gearbeitet hat.

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Viel mehr als die Demokraten ist die Republikanische Partei von Ideologie getrieben, die Ansicht ihrer Kandidaten zu Themen wie Einwanderung, Waffen, Abtreibung und Religion ist oft wahlentscheidend. Rubios Abstimmungsverhalten im Senat ist zum Großteil äußerst konservativ, der Katholik ist Abtreibungsgegner, lehnt gleichgeschlechtlichen Ehen ab, würde Barack Obamas Gesundheitsreform sofort rückgängig machen und befürwortet die umstrittene Öl-Pipeline Keystone XL. Für Steuererleichterungen und eine limitierte Regierung, die sich wenig in die Wirtschaft einmischt, ist er natürlich auch – Selbstverständlichkeiten unter Konservativen.

In seinen Reden zeigt sich in diesem Wahlkampf anschaulich, dass Rubio nicht zimperlich ist, wenn es darum geht, die Rechtskonservativen anzusprechen und „moderat“ nicht viel mehr als ein Label ist, das ihn vom Evangelikalen Cruz und rassistischen Trump abheben soll.

Neue Insassen für Guantanamo

In Las Vegas findet er deutliche Worte, wenn es um mögliche Bedrohungen von außen geht: „Wir werden einen richtigen Krieg gegen der Terror führen und nicht diesen unechten Krieg, den wir derzeit führen.“ Was mit Terroristen geschieht, ist ebenso klar: „Sie bekommen keinen Gerichtstermin in Manhattan, sie kommen nach Guantanamo.“ Dort werde man alle ihre Geheimnisse erfahren, unter allen Umständen. Rubio braucht das Wort Folter gar nicht aussprechen. Der Jubel unter seinen Zuhörern ist so schon groß genug, seine Agenda klar.

Ein Schild „Marco Rubio. A new American Century" hängt schief an einem Gestell.

Hängt noch etwas schief, die Verheißung. Ob sie wohl wahr wird? Foto: Rieke Havertz

Auch der Establishment-Kandidat Rubio weiß die Massen zu begeistern. Seine aus konservativer Sicht einzige ideologische Schwäche, die Einwanderungspolitik, versucht sein Wahlkampfteam noch zu drehen. Die Erzählung von Flüchtlingen, die durch die Terrormiliz „IS“ infiltriert werden, dient dem Sohn kubanischer Exilanten dazu, nun doch für striktere Gesetze und Grenzen zu werben. Nicht, dass die USA kaum syrische Flüchtlinge aufnehmen. Aber Emotionen sind in einem umkämpften Wahlkampf oft entscheidender als Fakten.

Nachdem Jeb Bush seine Kampagne beendet hat, kann Rubio am Dienstag in Nevada auf ein starkes Ergebnis hoffen. Bush war einst Rubios Mentor, es ist nicht unwahrscheinlich, dass Bushs Anhänger Rubio nun sowohl ihre Stimme als auch ihr Geld geben. Um Trump wirklich gefährlich zu werden, wäre es für Rubio wichtig, sich zunächst deutlich von Cruz abzusetzen. Der hat am Montag noch versucht, Rubio in seinem religiösen Glauben zu diskreditieren. Doch das Video, das Cruz’ Team verbreitete, stellte sich als falsch heraus, Cruz musste sich entschuldigen und feuerte seinen Kommunikationschef. Es läuft nicht schlecht für Rubio.

Kurz bevor sich die Türen bei seinem Wahlkampfauftritt öffnen wird noch schnell ein großes Wahlplakat fertig mit Stoff umspannt, um es dann unter der Decke aufzuhängen. Auf halber Strecke hängt es einen Moment lang gefährlich schief, bis es schließlich ganz oben prangt. Ob Rubio auch dort ankommt, wird für ihn entscheidend von den kommenden Vorwahlen abhängen.

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