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US-Präsident nach KandidaturverzichtBiden fürchtet um Zukunft der USA

Der US-Präsident will Kamala Harris nach Kräften unterstützen. Trump sei eine reale Gefahr für die USA. Das Wichtigste sei, ihn zu besiegen.

Joe Biden bei der Begründung seines Kandidaturverzichts am 24. Juli im Weißen Haus Foto: Evan Rucci/reuters

Washington taz | US-Präsident Joe Biden hat in seinem ersten TV-Interview seit Aufgabe seiner Kandidatur um eine zweite Amtszeit Bedenken geäußert, dass es nach der Wahl im November zu möglichen Ausschreitungen kommen könnte. Auch fürchtet er um die Sicherheit und die Zukunft des Landes, sollte Ex-Präsident Donald Trump die Wahl gewinnen.

Auf die Frage, ob er zuversichtlich sei, dass es im kommenden Januar zu einer friedlichen Machtübergabe kommen würde, antwortete Biden: „Falls Trump gewinnt, nein, dann bin ich überhaupt nicht zuversichtlich. Ich meine, selbst wenn Trump verliert, bin ich überhaupt nicht zuversichtlich“.

Die Sorge, dass es erneut zu Ausschreitungen kommen könnte, ist nicht ganz unbegründet. Wie schon vor vier Jahren, hat Trump auch in Bezug auf die diesjährige Wahl erklärt, dass er den Wahlausgang nur akzeptieren würde, wenn es sich um „faire und gesetzmäßige“ Wahlen handeln würde.

Der 78 Jahre alte Republikaner machte diese Aussage während der TV-Debatte mit Biden im Juni. Was er genau damit meinte, ließ er offen. Bis heute hat Trump seine Wahlniederlage im Jahr 2020 nicht anerkannt. Er behauptet ohne jegliche Beweise und nach etlichen gerichtlichen Niederlagen weiterhin, dass Demokraten die Wahl manipuliert und gestohlen hätten.

„Trump ist echte Gefahr für die amerikanische Sicherheit“

Diese und andere Behauptungen führten am 6. Januar 2021 dazu, dass tausende von Trump-Anhängern das US-Kapitol stürmten, um die dortige Bestätigung von Bidens Wahlsieg zu verhindern. „Man kann sein Land nicht nur lieben, wenn man gewinnt“, sagte Biden im Interview mit CBS, das am Sonntag ausgestrahlt wurde.

Der amtierende US-Präsident äußerte nicht nur Bedenken über eine friedliche Machtübergabe nach der Wahl, er sieht in Trump auch eine reelle Gefahr für die Zukunft des Landes. „Er ist eine echte Gefahr für die amerikanische Sicherheit“, sagte Biden. Wie er bereits in seiner Ansprache an die Nation nach dem Ende seiner Kandidatur erklärte, befinden sich die USA seiner Meinung nach an einem Scheideweg. Die Entscheidungen in den kommenden Jahren seien wegweisend für die nächsten Jahrzehnte.

Trump und seine Anhänger, die Biden als „MAGA-Republikaner“ in Anlehnung an Trumps „Make America Great Again“-Slogan bezeichnet, haben keinen Respekt für die politischen Institutionen im Land, sagte der 81-Jährige. Genau diese seien es jedoch, die das Land und die amerikanische Demokratie zusammenhalten.

Biden will für Harris auf Wahlkampftour gehen

Im Interview mit CBS begründete Biden seinen Rückzug als Spitzenkandidat damit, dass er keine „Ablenkung“ vom eigentlichen Hauptthema der diesjährigen Wahl sein wollte, und das sei die Aufrechterhaltung der Demokratie. „Ich denke, ich habe eine Verpflichtung gegenüber dem Land, das zu tun, was ich glaube, das Wichtigste ist – und das ist, wir müssen Trump besiegen“, sagte Biden.

Um die neue Spitzenkandidatin der Demokraten, Vizepräsidentin Kamala Harris, bei diesem Vorhaben zu unterstützen, will der Präsident auf Wahlkampftour gehen. Vor allem in dem wichtigen Swing State Pennsylvania, in dem Biden geboren wurde, werde er viel Zeit verbringen. „Ich werde auch in anderen Bundesstaaten Wahlkampf machen. Und ich werde alles tun, um Kamala bestmöglich zu helfen“, sagte er.

Seit seinem Rücktritt von der Kandidatur hat Biden einen Gefangenenaustausch mit Russland eingefädelt und seine Regierung arbeitet fieberhaft an einem Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas. Vergangene Woche haben die Staatsoberhäupter aus Ägypten, Katar und den USA in einer gemeinsamen Stellungnahme erklärt, dass es an der Zeit sei, „den leidenden Menschen in Gaza als auch den leidenden Geiseln und ihren Familien sofortige Hilfe zu bringen.“

Die Gefahr eines sich ausweitenden Kriegs in der Region ist laut Biden noch immer allgegenwärtig. Für sein Vermächtnis wäre ein Waffenstillstand in Gaza und Verhandlungen über eine mögliche Zweistaatenlösung von großer Bedeutung. Er selbst hoffe, dass die Geschichte seine Präsidentschaft als einen Beweis sieht, dass Demokratie funktioniert.

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9 Kommentare

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  • "Trump sei eine reale Gefahr für die USA. Das Wichtigste sei, ihn zu besiegen."



    Das zentrale Wahlargument. 'Hauptsache nicht Trump'.



    Ob das reicht?

    • @Encantado:

      Wenn auch eingefleischte Republikaner das begreifen, denke ich schon.

    • @Encantado:

      Ob es reicht oder nicht - es stimmt!!!

      • @Perkele:

        So ist es!

  • Demokratien 'westlichen Typs' beinhalten ein Aufstiegsversprechen: Mann kann, wenn man will. Solange es genügend Chancen gibt, ist das ja auch verlockend, wie zeitweise wirtschaftlich aufstrebende Gesellschaften (Wirtschaftswunder) zeigen. Aber zugespitzt heißt es -und so ist insbesondere das Bildungssystem in den USA ausgerichtet- : Wer es sich leisten kann und starken Elllenbogeneinsatz 'gelernt' hat -möglicherweise sogar in der Politik-, gewinnt. Der Kapitalismus -keine demokratische Einrichtung,aber er kann zeitweise Wohlstand fördern- bringt es mit sich, dass immer mehr Technik teuren menschlichen Einsatz ersetzt (und das Märchen, dass dafür ananderer Stelle -etwa in unproduktiven 'sozialen' Bereichen neue Jobs entstehen, stimmt so nicht) und damit per System die Anzahl der Chancen verringert und so Armut und Verlierer schafft. Ich kenne kein Land, in dem demokratische Regeln an dieser Gesetzmässigkeit etwas ändern konnten und damit die Chancen an einer Teilhabe inbesonderer der zunehmend ärmeren Bevölkerung (die weniger gebraucht wird) kleiner werden. Das ist der im Kapitalismus angelegte Nährboden von Trmp & Co, gegen den ein Biden, der Subventionen macht auch nicht ankommt.

  • Hätte er gute Politik gemacht, hätte seine Partei ehrliche Primaries veranstaltet, hätte er seine Hausaufgaben gemacht, dann müsste er sich keine Sorgen machen. Das amerikanische System einen Vizepräsidenten auszuwählen, der nur dazu da ist, möglichst schlechter als der Präsident auszusehen, ist besorgniserregend.

    • @Wee:

      Arbeitslosigkeit gesunken, Anzahl der Krankenversicherten gestiegen.

      So was kann man natürlich nicht als gute Politik bezeichnen (?)

    • @Wee:

      was für ein geistiger Blindflug....

    • @Wee:

      "Hätte er gute Politik gemacht"

      Was genau war an Bidens Politik denn so schrecklich?