US-Militärhilfe für syrische Rebellen: „Leichte“ Waffen von der CIA
Die USA werden Kriegsgerät an die Aufständischen liefern, während in Washington eine wachsende Lobby eine „No-Fly- Zone“ fordert. Moskau zweifelt weiter am C-Waffen-Einsatz.
WASHINGTON taz | Die bevorstehenden US-amerikanischen Waffenlieferungen nach Syrien spalten die internationale Gemeinschaft tief. Während die CIA den Transport und die Übergabe der Militärhilfe an die Rebellen vorbereitet, bezweifeln sowohl die politische Spitze in Moskau als auch die Vereinten Nationen die Aussagekraft der US-Expertenanalyse über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien.
Russlands Präsident Wladimir Putin nennt die Analyse „nicht beweiskräftig“. Sein Aussenminister Sergej Lavrov bemängelt, dass die Entnahme und der Transport der Proben, die den Einsatz von Chemie-Waffen belegen sollen, nicht nach internationalen Regeln erfolgt sei. Und UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon spricht am Samstag weiterhin von einem „angeblichen Einsatz von Chemiewaffen“. Zudem insistiert er, dass es keine militärische Lösung in dem Konflikt in Syrien geben kann. „Der militärische Weg führt direkt zur Desintegration des Landes“, so Ban Ki-Moon. In Schweden warnt Aussenminister Carl Bildt vor einem Rüstungswettlauf: „Es beseteht das Risiko, dass er die Bedingungen für den politischen Prozess zerstört“.
Der Chef der Freien Syrischen Armee (FSA) hingegen freut sich über die lang erhoffte Kehrtwende von Washington. General Salim Idriss, der vor elf Monaten von Assads Armee zu den Rebellen übergewechselt ist, sagt jedoch auch, die Waffenhilfe komme spät. Und verlangt wie schon zuvor, dass Washington nicht nur „kleine“ Schusswaffen und Munition, sondern auch Panzer- und Flugzeugabwehrraketen liefert. Wenn sie diese Waffen erhielten, könnten die Rebellen binnen sechs Monaten siegen, meint er.
Noch vor drei Monaten hatte Idriss in einem Interview versichert, mit tragbaren Abwehrraketen könnten seine Leute „binnen einem Monat“ siegen. Damals hatte er die Zahl seiner Kämpfer mit 300.000 angegeben. Die US-Spitze geht davon aus, dass es in Syrien 70.000 kämpfende Rebellen gibt. In den vergangenen Wochen haben die Rebellen zahlreiche Positionen verloren.
Unterstützung für die neue Syrien-Linie des Weissen Hauses kommt aus Kairo. Dort hat Präsident Mohammed Mursi am Samstag überraschend erklärt, dass er die Beziehungen zu Damaskus abbricht. Zudem verlangte er die Einrichtung einer Flugverbotszone. Mursi begründete das mit der Rolle der Hisbollah in dem syrischen Konflikt.
„No-Fly-Zone“ als Option
Im Weißen Haus wird eine „No-Fly-Zone“ offiziell weiterhin als „Option“ erwogen. Obamas Sicherheits-Mitarbeiter Ben Rhodes hat am Donnerstag erklärt, die USA würden fortan auch „militärische Hilfe“ an die Rebellen leisten, weil der Einsatz von Chemiewaffen nunmehr bewiesen sei. US-amerikanische Medien berichten unter Berufung auf nicht namentlich genannte Quellen in Washington, dass es sich um „leichte“ Schusswaffen und Munition handele, die schon in den nächsten Wochen von der CIA – auf dem Weg über die Türkei und über Jordanien - in das Konfliktgebiet gebracht werden sollten.
Experten in Washington vermuten, dass die USA jetzt auch ihre Opposition gegen die Lieferung schwererer Kriegsgeräte aus verschiedenen Golfstaaten – darunter Qatar, die Arabischen Emirate und Saudi Arabien – an die syrischen Rebellen aufgeben könnten.
Die USA beteiligen sich gegenwärtig an dem Militär-Manöver „Eager Lion“ in Jordanien, an dem insgesamt 8000 ausländische Soldaten aus 19 Ländern teilnehmen. Neben anderen Nato-Mitgliedern und mehreren Golfstaaten hat auch Deutschland militärisches Personal nach Jordanien geschickt. Nach dem Ende des Manövers wollen die USA ihre F-16-Kriegsflugzeuge und Patriot Raketen in Jordanien belassen.
Schon seit vergangenem Jahr unterhalten die USA eine „Task Force“ auf einer Militärbasis im Norden von Amman, nur 50 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt. Unter anderem soll die „Task Force“ syrische Rebellen militärisch schulen. Sie war nach Informationen der New York Times im vergangenen Jahr auch an der Entwicklung von Plänen für die Einrichtung einer Pufferzone entlang der syrisch-jordanischen Grenze beteiligt.
Öffentliche Meinung gegen Krieg
Die öffentliche Meinung in den USA ist gegen einen neuen Krieg. Und Präsident Barack Obama hat sich seit Beginn des Konfliktes in Syrien vor 27 Monaten öffentlich geweigert, direkt einzugreifen. Doch eine wachsende Lobby in Washington drängt laut auf Waffenlieferungen und eine „No-Fly-Zone“. Ende Mai besuchte der republikanische Ex-Präsidentschaftskandidat John McCain den FSA-Chef Idriss persönlich. Dienstag vergangener Woche schwenkte auch der demokratische Ex-Präsident Bill Clinton um. Wer sich hinter Meinungsumfragen verstecke, sei ein „Narr“ sagte Clinton - ohne Präsident Obama namentlich zu erwähnen.
US-Aussenminister John Kerry hält eine „politische Lösung“ in Syrien weiterhin für möglich. Aber – wegen der Chemiewaffen – für „weniger wahrscheinlich“. Am Montag – während Präsident Obama beim G8-Gipfel Präsident Putin trifft – wird Kerry erneut seinen russischen Kollegen Lavrov treffen. Zuletzt hatten die beiden Politiker Gespräche zwischen dem syrischen Regime und den Rebellen für Juli in Genf vorbereitet.
Einen Vergleich der gegenwärtigen Situation mit dem Frühling 2003, als Washington und London verbreiteten, der Irak besäße Waffenvernichtungswaffen, hält die Sprecherin des US-Ausseniministeriums für unpassend. Sie begründet das damit, dass heute eine „Vielzahl unabhängiger Informationen“ vorliege. Sie sagt auch, dass sowohl der heutige US-Präsident als auch sein Aussenminister 2003 gegen die Invasion des Irak gewesen seien.
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