US-Interesse an Burundi: Seltene Erden statt Sanktionen
In Burundi liegt Afrikas einzige Mine für Seltene Erden, ThyssenKrupp ist Kunde. Die USA brauchen den Rohstoff – und beenden ihre Burundi-Sanktionen.
Im Laufe des vergangenen Jahres aber, so das Aufhebungsdekret von US-Präsident Joe Biden vom 18. November, habe sich die Lage „erheblich verändert“.
Gemeint ist die Nachfolge von Évariste Ndayishimiye als Präsident Burundis im Juni 2020 nach Nkurunzizas Tod. Doch eine UN-Untersuchungskommission sprach erst im vergangenen September von einer „desaströsen“ Menschenrechtslage, die sich noch „verschlimmert“ habe.
Nach Angaben der Antifolterorganisation Acat-Burundi (Christliche Aktion zur Abschaffung der Folter in Burundi) sind seit Juni 2020 in Burundi 695 politische Morde verübt worden und 1.000 bis 2.000 politische Gefangene sitzen in Haft. Erst im Oktober verlängerte die EU erneut ihre Sanktionen gegen hochrangige burundische Persönlichkeiten, so der Innenminister Gervais Ndirakobuca, der Präsidialbeauftragte Godefois Bizimana und der Geheimdienstchef Joseph Niyonzima.
Dabei hatte im Juni der EU-Botschafter in Burundi, Claude Bochu aus Frankreich, „positive Entwicklungen“ in Burundi begrüßt und ein Ende der europäischen Strafmaßnahmen in Aussicht gestellt.
Auch die US-Botschafterin Melanie Higgins stellte im Juni 2021 eine Lockerung der US-Sanktionen in Aussicht, als sie von Burundis Präsident Ndayishimiye empfangen wurde und mit ihm über eine erneute Entsendung burundischer Soldaten in die afrikanische Somalia-Eingreiftruppe Amisom sprach.
Unter der Trump-Regierung bereits hatten die USA an einer Wiederannäherung an Burundi gearbeitet: Trumps im Jahr 2018 ernannter Sonderbeauftragte für das Afrika der Großen Seen, Peter Pham, nahm am 1. Juli 2020 an den Feiern zu Burundis Unabhängigkeitsjahrestag teil und saß dabei zwischen dem Präsidenten und dem burundischen Premierminister Alain-Guillaume Bunyoni, der auf der US-Sanktionsliste stand.
Evangelikale lieben Burundi
Große Sympathien für Burundis Regime gibt es bei US-Evangelikalen, denen der 2020 verstorbene Präsident Nkurunziza sehr nahe stand. Doch spielen nicht nur religiöse Erwägungen eine Rolle. Es geht auch darum, dass die einzige Mine Afrikas für Seltene Erden, die aktuell in Betrieb ist, in Burundi liegt – Gakara rund 20 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Bujumbura. 70 Prozent der Seltenen Erden weltweit werden in China gefördert, die USA suchen dringend nach Alternativen.
Aus Gakara kamen im Jahr 2020 500 Tonnen Seltene Erden, die Reserven werden auf über eine Million geschätzt. Die Förderlizenz hält die Firma Rainbow Rare Earths (RRE) des zypriotischen Magnaten Adonis Pouroulis; im Vorstand der Firma sitzt Bill Clintons ehemaliger stellvertretender Afrika-Sicherheitsberater Shawn McCormick.
Und einen Monat bevor sich US-Botschafterin Higgins in Burundi für ein Ende der Sanktionen aussprach, wurde auch der ehemalige Trump-Beauftragte Peter Pham in den RRE-Vorstand ernannt. „Peters Kenntnisse sind von unschätzbarem Wert“, freute sich Firmenchef Pouroulis am 7. Mai 2021.
Mit dem US-Interesse im Rücken kann nun Burundis Regierung aufatmen. Im April suspendierte sie Mineralienexporte, um eine bessere Aufteilung der Einnahmen zu erzwingen. Im Juli wurden sogar die bestehenden Verträge suspendiert, um sie neu auszuhandeln.
Aber RRE bleibt in Burundi: Die Firma hat an der Londoner Börse 6,43 Millionen Pfund (7,7 Millionen Euro) aufgenommen, um die Mine Gakara bis Ende 2022 zu finanzieren.
Hauptkunde von RRE ist die deutsche ThyssenKrupp, die 2018 mit RRE eine Abnahmevereinbarung schloss. Aus Burundis Seltenen Erden entstehen Batterien und LED-Bildschirme für die Energiewende – um den Preis eines autoritären Regimes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier