US-Haushaltsblockade: Obamacare in der heißen Phase
Der Shutdown legt nicht alle Regierungsaktivitäten lahm. Weiten die Republikaner den Stillstand auf die Erhöhung der Schuldengrenze aus, droht Zahlungsunfähigkeit.
WASHINGTON taz | Wie ein Shutdown anfängt, ist klar: Der Kongress gibt der Regierung kein Geld mehr. Doch niemand weiß, wie sich das Ganze beenden lässt. Es gibt dafür keine Regeln und keine Gesetze. Und nur wenige historische Erfahrungen.
Die beiden letzten datieren aus den Jahren 1995 und 1996 – und werden von den jetzigen Kongressabgeordneten je nach Alter unterschiedlich interpretiert. Die Älteren halten an der Version fest, dass die damaligen Blockaden die RepublikanerInnen beinahe ihre Mehrheit im Kongress gekostet hätte und die Karriere des damaligen Sprechers des Repräsentantenhauses und aufsteigenden Stars der RepublikanerInnen, Newt Gingrich, abrupt beendet haben. Die jüngeren, heutigen Abgeordneten dagegen meinen, ihre Partei sei gestärkt aus den Shutdowns hervorgegangen.
Die zentrale Rolle bei der Suche nach einem Ausweg aus der Haushaltsblockade kommt ausgerechnet dem Mann zu, der sie hätte verhindern können: dem gegenwärtigen Sprecher des Repräsentantenhauses. Der Republikaner John Boehner hat angekündigt, er werde „in den nächsten Tagen“ eine Kommission einberufen, die über die Differenzen zwischen beiden Seiten beraten soll.
Einen konkreten Termin jedoch nannte Boehner nicht. Zudem droht die Kommission eine Fortsetzung des Pingpongspiels zwischen beiden Parteien zu werden. Denn für die demokratische Seite steht weiterhin fest, dass es nichts anderes zu verhandeln gibt als den US-Bundeshaushalt.
… kann das weiterhin tun. Bei einem Pressegespräch am Montag sagte der neue US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson: „Unabhängig davon, was geschieht, werden die US-Auslandsvertretungen in Deutschland – also unsere Botschaft und unsere Konsulate – morgen und übermorgen und darüber hinaus offen bleiben und ihrer Arbeit nachgehen. Wir werden für alle wesentlichen Dienstleistungen geöffnet haben. Unsere Konsularabteilungen werden sowohl für deutsche als auch für amerikanische Staatsbürger geöffnet haben. Wenn Sie also einen Termin haben, halten Sie ihn ein. Es wird jemand vor Ort sein, mit dem Sie sprechen können.“ Auch die Flughäfen in den USA werden nicht geschlossen - die nationalen Bediensteten der Flugsicherheit bleiben im Job. (pkt)
Das haben sowohl Präsident Obama als auch der demokratische Chef des Senats, Harry Reid, klargemacht. Die republikanischen Kongressabgeordneten hingegen wollen bei dieser Gelegenheit unbedingt auch noch ein paar andere Dinge durchdrücken – vor allem die Aushöhlung von Präsident Obamas Gesundheitsreform.
„Wesentliches“ funktioniert weiter
Während der Shutdown läuft, gehen einige als „wesentlich“ eingestufte Aktivitäten der Regierung weiter: Die Post wird zugestellt, Sozialversicherungsschecks werden gezahlt und die „Obamacare“ genannte Gesundheitsreform tritt – unbeirrt durch republikanische Anfechtungen – in eine neue Phase.
Ab 1. Oktober können die bislang knapp 50 Millionen Nichtversicherten auf einer Webseite der Regierung (www.healthcare.gov) nach der für sie günstigsten Krankenversicherung suchen. Der Präsident hat ihnen gesagt, dass die Versicherung damit so einfach wird „wie eine Reise buchen“. Und ihr Preis „niedriger als ein Monatsabo für ein Handy“.
Hinter vorgehaltener Hand unken Abgeordnete beider Parteien, dass sie vor dem kommenden Wochenende kein Ende der Blockade erwarten. Damit rückt die Stilllegung der Bundesverwaltung zeitlich in gefährliche Nähe zur nächsten kontroversen Entscheidung des Kongress: die Erhöhung der Schuldengrenze. Wenn die nicht bis zum 17. Oktober durch ist, werden die USA zahlungsunfähig. Der gegenwärtige Verwaltungsstillstand hat vor allem innenpolitische Auswirkungen. Der Verlust der Bonität hätte international finanzielle Konsequenzen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“