US-Handelskrieg gegen den Rest der Welt: Trump gewährt vielen Ländern 90 Tage Zollpause
Zölle in Kraft, Zölle pausiert: Der US-Präsident hält die Welt mit seiner Handelspolitik in Atem. Die Börsen reagieren auf die jüngste Volte positiv.
In einem Post auf dem sozialen Netzwerk Truth Social verkündete Trump den überraschenden Kurswechsel. Er erklärte, dass seit der Bekanntgabe der reziproken Zölle vor einer Woche mehr als 75 Länder die US-Regierung kontaktiert hätten, um die Handelsbeziehungen mit Washington zu überarbeiten.
Dies habe ihn dazu veranlasst, die meisten „reziproken“ Zölle von bis zu 49 Prozent auf importierte Waren vorerst auf Eis zu legen. Diese Zölle hätten am Mittwoch in Kraft treten sollen. Bestehen bleibt laut dem US-Präsidenten allerdings der Basiswert von 10 Prozent, der am 5. April wirksam wurde.
Für Exporte aus Deutschland und anderen EU-Ländern heißt das, dass die Abgaben zur Einfuhr in die USA während der kommenden 90 Tage nicht wie angekündigt 20 Prozent betragen werden, sondern eben nur 10 Prozent.
Die EU, die am Mittwoch selbst Gegenzölle auf US-Produkte im Wert von knapp 21 Milliarden Euro ankündigte, hat sich bislang nicht offiziell zur Entscheidung aus Washington geäußert.
Die von Trump verkündete Pause gilt hingegen nicht für die bereits im Vorfeld erlassen Zölle von 25 Prozent auf Stahl und Aluminium aus Europa sowie europäische Fahrzeuge. Trump erklärte während einer Veranstaltung im Oval Office, dass die Entscheidung, die Zölle vorübergehend außer Kraft zu setzen, erst in den vergangenen Tagen Form annahm und dann am Mittwochmorgen besiegelt wurde.
„Ich dachte, es sei sehr positiv für die Welt und für uns. Wir wollen Ländern nicht schaden, die nicht verletzt werden müssen, und sie alle wollen verhandeln“, sagte der 78 Jahre alte Republikaner.
Trumps Finanzminister Scott Bessent erklärte hingegen, dass die Pause von vornherein Teil der Strategie war. „Das war von Anfang an seine Strategie“, sagte er Journalisten. Die Wahrheit liegt also irgendwo dazwischen.
Viel eindeutiger als die Aussagen aus der Regierung ist die Tatsache, dass der schwächelnde Anleihen-Markt zur Kehrtwende beigetragen haben dürfte. US-Staatsanleihen gelten als sichere Anlagenquelle, doch in den vergangenen Tagen kam es zu großen Abverkäufen. Das sorgte laut US-Medienberichten für Unruhen innerhalb der Trump-Regierung.
Keine Pause für China
Auch ausgenommen von Trumps vorübergehender Zollpause ist China. „Aufgrund des mangelnden Respekts, den China gegenüber den Weltmärkten zeigt, erhöhe ich hiermit mit sofortiger Wirkung den von den Vereinigten Staaten Amerika gegenüber China erhobenen Zoll auf 125 Prozent. Irgendwann, hoffentlich in naher Zukunft, wird China erkennen, dass es nicht länger tragbar oder akzeptabel ist, die USA und andere Länder auszunutzen“, erklärte der US-Präsident.
Die Erhöhung der Zölle auf chinesische Importe ist Trumps Antwort auf die letzte Zollerhöhung aus Peking. Die Volksrepublik hatte am Mittwoch neue Vergeltungszölle auf US-Waren in Höhe von 84 Prozent verkündet.
Noch am Dienstag erklärte Trump, dass auch China gerne ein neues Handelsabkommen mit den USA abschließen möchte, die Regierung um Staatschef Xi Jinping allerdings nicht wüsste, wie sie anfangen sollten. „Wir warten für ihren Anruf“, schrieb Trump in einem weiteren Post.
Börsen reagieren mit Gewinnen
Die globalen Finanzmärkte haben mit starken Kurszunahmen auf die temporäre Aussetzung der reziproken Zölle reagiert. Der S&P 500 verbuchte einen Gewinn von 9,5 Prozent. Auch der Dow Jones Industrial Index und der Nasdaq konnten stark zulegen.
Ähnlich war die Reaktion in Asien, wo mehrere Aktienmärkte Kursgewinne verzeichnen konnten. Auch Investoren, die Trump auf den sozialen Netzwerken folgen, dürften Gewinne eingefahren haben. Kurz vor der Verkündung der Zollpause schrieb Trump nämlich, dass es eine großartige Zeit wäre, „zu kaufen“. Wenige Stunden später folgten dann die offizielle Bekanntgabe der Pause und eine Rally der Börsenwerte.
Manche Trump-Gegner werfen dem Präsidenten gar Insider-Trading und Marktmanipulation vor. Ob daraus mehr wird, wird sich erst noch zeigen. Auch wenn Trump und seine Regierung die Kursgewinne als einen Sieg verkaufen, die Entscheidung, die Zollpläne auszusetzen, ist eine Niederlage für Trumps politische Agenda, die er noch vergangene Woche als unumgänglich beschrieben hatte.
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