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US-Gelder für Ukraine und NahostHilfe bleibt ungewiss

Mit dem neuen Sprecher des Repräsentantenhauses droht das Engagement der USA für ihre Partner zu bröckeln. Der EU muss das eine Warnung sein.

Mit der Machtverschiebung in den USA drohen die Hilfen für Nahost und Ukraine geschleift zu werden Illustration: Katja Gendikova

M it Mike Johnson ist ein Trump-Anhänger zum Sprecher des US-Repräsentantenhauses und damit zum wichtigsten Republikaner im Kongress aufgestiegen. Seine Verbündeten erwarten von Johnson, dass er bei den Haushaltsverhandlungen mit dem Senat Ausgabenkürzungen durchsetzt. Umso überraschender war seine Einigung mit Hilfe demokratischer Abgeordneter im Repräsentantenhaus auf eine Verlängerung des Übergangshaushalts.

Nun stehen im Kongress weitere wichtige Entscheidungen an. Darunter ein Unterstützungspaket für die Ukrai­ne und andere außenpolitische Anliegen, und dabei hängt wieder viel von Johnsons Kompromissbereitschaft ab. Europäische Regierungen – und nicht zuletzt die ukrainische – werden die Verhandlungen aufmerksam verfolgen.

Johnson, der bis zu seiner Wahl wenig bekannt war, gilt als Trump-Unterstützer und Teil des rechtspopulistischen Flügels der Republikaner. Johnson verbreitete nach den Wahlen 2020 Verschwörungstheorien zu Wahlmanipulationen und rief die republikanischen Abgeordneten zur Unterstützung einer Gerichtsklage auf, die zum Ziel hatte, dass Wahlergebnisse in mehreren Swing States, die Biden gewonnen hatte, für ungültig erklärt werden. Mit Nähe zu den evangelikalen Christen und christlich-nationalistischen Gruppen gilt er zudem als Vertreter einer streng konservativen Politik.

Haushaltsfrage ist nur aufgeschoben

Johnson unterscheidet sich damit deutlich von seinem eher pragmatischen Vorgänger McCarthy – einerseits. Andererseits muss auch Johnson es schaffen, die verschiedenen Strömungen der Republikaner in Einklang zu bringen. McCarthy war im September aufgrund seiner Kompromisshaltung zum ersten Übergangshaushalt im September abgesetzt worden. Damals hatten insbesondere die rechten Hardliner der Republikaner das Vertrauen in McCarthy verloren. Dieses Vertrauen hat Johnson – noch.

Gleichzeitig kann auch Johnson keine Maßnahmen ohne Zustimmung des Senats, in dem die Demokraten eine Mehrheit haben, durch den Kongress bringen. Um nicht gleich für einen teilweisen Stillstand der Regierungsgeschäfte verantwortlich zu sein, der ansonsten gedroht hätte, zeigte sich Johnson beim Kompromiss mit den Demokraten überraschend pragmatisch. Während er damit moderateren Republikanern aus umkämpften Wahlbezirken entgegenkam, die wenig Interesse an politischem Chaos haben, übten Abgeordnete des Freedom Caucus bereits erste Kritik am neuen Sprecher.

Die Haushaltsfrage ist damit aber nur ins nächste Jahr aufgeschoben und wird somit zeitgleich mit den ersten Vorwahlen erneut verhandelt – weitere Konflikte sind vorprogrammiert. Und so wird Johnson weiter den Drahtseilakt vollbringen müssen, sowohl die verschiedenen Flügel der republikanischen Abgeordneten in Einklang zu bringen als auch mit dem Senat einen Kompromiss zu finden. Durch eine kompromisslose Haltung könnte er den Kongress lahmlegen.

Hilfen für Nahost, Israel, Taiwan und Ukraine verknüpfen

Bei den Verhandlungen vor der Weihnachtspause geht es neben dem Haushalt auch um die Fortführung der Ukrainehilfe und die Unter­stützung Israels. Insbesondere bei der Ukraine-Unterstützung drängt die Zeit: Die bisher vom Kongress bewilligten Mittel für die Ukraine reichen laut Regierung nur noch bis Jahresende. Sollte sich der Kongress auf keine weiteren Mittel einigen, würde die US-Hilfe im nächsten Jahr auslaufen – ein Schreckensszenario für die Ukraine und viele europäische Regierungen.

Das Thema Ukraine spaltet die Republikanische Partei allerdings zunehmend. Zwar besteht im Senat nach wie vor eine breite Unterstützung, im Repräsentantenhaus hat aber die Zahl der Republikaner zugenommen, die die Unterstützung zumindest reduzieren wollen. Bei diesem Thema zeigt sich die Spaltung der Republikaner: Da sind diejenigen, die die USA weiter als führenden globalen Akteur sehen wollen – und diejenigen, die der Auffassung sind, dass US-Steuergelder besser zur Sicherung der Grenze zu Mexiko eingesetzt werden sollten.

Da eine Einzelbewilligung neuer Ukraine­hilfen aufgrund der Spaltung der Republikaner im Repräsentantenhaus scheitern würde, versucht die Biden-Regierung seit Wochen, die Unterstützung mit anderen Maßnahmen zu verknüpfen und damit durch den Kongress zu bringen. Das von der Regierung vorgeschlagene Paket in Höhe von 105 Milliarden US-Dollar schließt militärische Hilfen für Israel und Taiwan, humanitäre Hilfe für den Nahen Osten, Maßnahmen zur Stärkung der Grenzsicherung sowie Mittel in Höhe von über 60 Milliarden US-Dollar für die Ukraine ein. Würde der Plan aufgehen, wäre die Ukraine-Unterstützung so umfassend ausgestattet, dass sie über die Wahlen 2024 hinaus ausreichen sollte.

Die Befürworter dieser Lösung auf Seiten beider Parteien argumentieren, dass die Unterstützung Israels und die der Ukraine nicht einzeln betrachtet werden sollten, da in beiden Fällen demokratische Staaten und US-Partner angegriffen werden. Auch wenn die Bedrohungen unterschiedlich sind, so das Argument, handelt es sich doch in beiden Fällen um den Systemkonflikt zwischen Demokratien und Autokratien weltweit, auf die sich viele US-Politiker beider Lager häufig beziehen.

Warnung an Hisbollah und Teheran

Vereinfacht lautet ihr Argument ungefähr so: Die weitere westliche Unterstützung der Ukraine dient nicht nur dem entschiedenen Entgegentreten gegen die russische Aggression in Europa, die sich mittelfristig auch gegen einen Nato-Staat richten könnte, sondern auch gegen Iran und Nordkorea, die Russlands Krieg unterstützen. Gleichzeitig hat die US-Unterstützung Abschreckungswirkung auf China, das sich im Falle eines militärischen Erfolgs Russlands zu einem Angriff auf Taiwan ermutigt fühlen könnte.

Weiterhin sind die militärische Unterstützung Israels sowie eine robuste US-Militärpräsenz in der Region eine deutliche Warnung an Teheran und die Hisbollah, in der Region nicht noch weiter zu zündeln. In Washington sind daneben viele davon überzeugt, dass auch dem Kreml ein Wiederaufflammen von Konflikten im Nahen Osten gelegen kommt, um vom Krieg gegen die Ukraine abzulenken. Ob sie es wollen oder nicht, so die Befürworter des Pakets, die USA können sich aus vielen Krisen nicht heraushalten, wie es einige Republikaner fordern.

Als neuer Sprecher hat auch Mike Johnson, der sich noch wenige Wochen zuvor gegen die weitere Ukraine-Unterstützung ausgesprochen hatte, diese nicht ausgeschlossen. Er lehnt aber ein umfassendes Paket ab und schlägt vor, über die außenpolitischen Maßnahmen einzeln zu entscheiden. Mit seinem Versuch, ein Hilfspaket nur für Israel durch den Kongress zu bringen, ist er gescheitert. Sein Vorgehen, die Maßnahme gleichzeitig mit Einsparungen auf Seiten der US-Steuerbehörde IRS zu verbinden, war taktisch ungeschickt, da zu diesem Zeitpunkt die Israel-Unterstützung überparteilich wenig kontrovers war und auch den Senat unter Druck gesetzt hätte.

Befürworter der Hilfen argumentieren, dass in der Ukraine und in Israel demokratische Staaten von Autokratien angegriffen werden

Angst vor den Wählern

Mittlerweile wird aber auch zusätzliche Militärhilfe für Israel auf Seiten der Demokraten, die im Hinblick auf die kommenden Wahlen die arabischstämmigen Wählergruppen in wichtigen Swing States wie Michigan, aber auch junge Wäh­le­r:in­nen im Auge behalten müssen, kritisch gesehen, wenn diese nicht an die klare Bedingung an die israelische Regierung geknüpft wird.

Gleichzeitig trauen viele Kongressmitglieder Johnson nicht zu, dass er tatsächlich die republikanischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus dazu bringen kann, einer Einzelmaßnahme zugunsten der Ukraine zuzustimmen, sobald der Hebel der Israel-Unterstützung weggefallen ist. Deshalb verhandeln beide Parteien derzeit, wie als Teil eines großen Kompromisses die Regeln in der Asylpolitik verschärft werden können, wie es die Republikaner fordern.

Fest steht: Ein Scheitern der Fortführung der Ukraine-Unterstützung wäre eine politische Niederlage für Biden und die Demokraten, aber auch für führende republikanische Kongressmitglieder wie Mitch McConnell, Minderheitsführer im Senat. Die Auseinandersetzungen auf Seiten der Republikaner werden deshalb schärfer. Am Ende könnte ein Kompromiss darauf hinauslaufen, dass die Ukraine-Unterstützung fortgesetzt, aber mit deutlich geringeren Mitteln ausgestattet wird als von Biden gefordert.

Wie durch ein Brennglas

In dieser Frage hängt nun vieles davon ab, welche politische Agenda Johnson, der kürzlich Trump in Florida besucht hat, in den nächsten Wochen verfolgt. Durch eine zu kompromisslose Haltung könnte er zu einem gelähmten Kongress und damit im Wahljahr zu politischem Chaos beitragen.

Von einer solchen Entwicklung würde wahrscheinlich Trump im Wahlkampf profitieren, sie würde aber die Republikaner im Kongress weiter spalten – und das könnte bei den Wahlen nach hinten losgehen. Denn um die Wahlen zu gewinnen, könnte eine geringe Zahl von Wech­sel­wäh­le­r:in­nen in wenigen Bundesstaaten ausschlaggebend sein. Auch im Repräsentantenhaus liefen die Republikaner Gefahr, ihre knappe Mehrheit zu verlieren, wodurch auch Johnson seinen Posten verlieren würde.

Wie durch ein Brennglas konzentriert sich gerade die Aufmerksamkeit auf Johnsons politische Agenda und seine Bemühungen, die republikanischen Abgeordneten zusammenzuhalten. Die Unsicherheit, die sich daraus unter anderem für die Ukraine-Unterstützung ergibt, bedeutet für Europa vor allem eines: Es muss sein Engagement für die Ukraine so schnell wie möglich weiter ausbauen und darf nicht nur auf den transatlantischen Verbündeten hoffen.

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1 Kommentar

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  • Das Gefeilsche ist nun politischer Alltag und sie haben halt ihre eigenen Prioritäten, aber Mike Johnson hat seinen kleinen Fragenkatalog auch zur Ukraine gerade geteilt. Und mal ganz unabhängig von den Motiven kann ich das so absolut nachvollziehen. Das sind tatsächlich Fragen, die sich einfach stellen und zwar auch schon sehr lange und die durch das beharrliche Schweigen der westlichen Regierungen nur lauter werden. Und deren Beantwortung m.E. auch nicht nur US-Bürgern zustehen sollte. Diese Fragen können im Wesentlichen genauso den europäischen Regierungen gestellt werden, die Opposition besonders in Deutschland scheint mir allerdings vollkommen andere Sorgen zu haben, auch damit ist ja was gesagt. Was nicht gesagt wird ist wie und wofür. Das scheint sich auch hier irgendwie von selbst zu verstehen, für mich nicht. Der Scholz wird schon wissen? Biden hat bestimmt ne tolle Strategie? Kann ich nicht erkennen, hab ich auch nie geglaubt. Ansonsten wollen wir sie mal erfahren. Aber wenn was jetzt schon nicht reicht und nicht im Ansatz perspektivisch kaum noch zu erfüllen sein soll, dann heisst das nur noch mehr Tote. Die Zeit spielt dabei so oder so für Russland. Das ist nur dann eine Strategie, wenn man genau daran ein Interesse hat.