piwik no script img

US-Botschafter einbestelltWesterwelle will Aufklärung

Wegen der möglichen Bespitzelung der Kanzlerin durch den NSA hat Bundesaußenminister Westerwelle nun den US-Botschafter einbestellt. Auch der Bundestag berät.

Müssen mal reden: John B. Emerson (l.) und Guido Westerwelle. Bild: dpa

BERLIN dpa/afp/rtr | Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat wegen der Affäre um die mögliche Überwachung des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den US-Botschafter John B. Emerson einbestellt. „Dabei wird ihm die Position der Bundesregierung deutlich dargelegt werden“, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa und bestätigte damit Informationen von Spiegel Online.

Der Vorgang beschäftigt jetzt auch den Bundestag. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Parlaments, Thomas Oppermann (SPD), teilte am Donnerstag in Berlin mit, er habe kurzfristig für 14 Uhr eine Sondersitzung einberufen. „Wer die Kanzlerin abhört, der hört auch die Bürger ab“, erklärte Oppermann. Das geheim tagende PKG ist für die Kontrolle von Geheimdienst-Aktivitäten zuständig.

Oppermann erklärte weiter, er sehe durch den aktuellen Vorgang eigene Befürchtungen wegen der Abhörpraktiken vor allem des US-Geheimdienstes NSA bestätigt. „Die NSA-Affäre ist nicht beendet. Die Aufklärung steht erst am Anfang“, widersprach der SPD-Politiker zudem früheren Einschätzungen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU). „Die Überwachungstätigkeit der NSA ist völlig aus dem Ruder gelaufen und befindet sich offenbar jenseits aller demokratischen Kontrolle“, fügte Oppermann hinzu.

Auch Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière forderte Konsequenzen. „Das ist nicht hinzunehmen“, sagte der Minister im ARD-„Morgenmagazin“. „Man kann nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen.“ Er gab ganz offen zu, dass er seit Jahren damit rechne, dass auch sein Handy abgehört werde. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter nannte es eine „absolute Frechheit“, wenn sich bewahrheiten sollte, dass die USA eng befreundete Staaten abhören. Es sei aber auch eine „absolute Frechheit“ der Bundesregierung, sich jetzt aufzuregen, hob er im ARD-„Morgenmagazin“ hervor. Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) müsse seine Aussage vom Sommer zurücknehmen, wonach die Affäre beendet sei.

Von der Bundesregierung forderte er offenzulegen, was sie weiß. Er erhob zudem die Forderung, dass beim EU-Gipfel in Brüssel klargestellt werde, dass das Swift-Daten-Abkommen zwischen den USA und der EU ausgesetzt werde.

Damit unterstützt der Grünen-Politiker die Forderung der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, das Swift-Abkommens mit den USA über den Austausch von Bankdaten auszusetzen. „Der neue Verdacht sprengt alle Dimensionen. Die NSA-Affäre ist nicht beendet“, teilte die geschäftsführende Ministerin mit. Es sei absolut konsequent, dass das Europaparlament für eine Aussetzung des sogenannten Swift-Abkommens gestimmt habe. „Rat und Kommission sind jetzt gefordert, zügig zu entscheiden“, forderte die FDP-Politikerin.

Bundesanwaltschaft schaltet sich ein

Am Donnerstag hat sich auch die Bundesanwaltschaft in die Affäre um die mutmaßliche Überwachung eines Handys der Bundeskanzlerin eingeschaltet: Die Behörde legte einen sogenannten Beobachtungsvorgang an und will die mit der Affäre befassten Bundesbehörden um Übermittlung ihrer Erkenntnisse bitten, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte.

Am Mittwochabend war bekanntgeworden, dass Merkels Handy möglicherweise von US-Geheimdiensten ausgespäht wird oder wurde. Merkel hatte ungewöhnlich scharf auf die Vorwürfe reagiert und US-Präsident Barack Obama angerufen. Das Weiße Haus erklärte, Merkel werde nicht ausspioniert.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • R
    ridicule

    netikettensäge? - 2.0

     

    Na, der Herr Botschafter wird einen nassen…lassen,

    auf diesen Dr.Außenminister - ohne Land.

  • Ich stelle mir gerade vor, wie Mr. Ambassador versucht, Betretenheit vor einem Minister zu mimen, der den Laufpass in der Tasche hat, und das in einer Angelegenheit, die seinem Chef wohl auch am A... vorbei geht.

  • Der eigentliche Skandal ist doch nicht, dass auch Angela Merkel von der NSA ausgespäht wurde. Der wirklich skandalträchtige Umstand ist die unterschiedliche Behandlung des gleichen Problems! Die millionenfache Ausspähung deutscher Staatsbürger bringt die Bundeskanzlerin allenfalls dazu, etwas von #Neuland zu schwurbeln und ihren Kanzleramtsminister flugs die Affäre für beendet erklären zu lassen. Bei ihrem eigenen Handy erwacht sie sofort aus ihrer Lethargie und ruft Obama an. Tja, auf Angela Merkel ist eben Verlass: sie ist sich selbst genug.

     

    Im Sommer habe ich Thomas Oppermann wegen seiner klaren Haltung und unmissverständlichen Sprache zur NSA-Affäre noch bewundert. Das ist jetzt vorbei! Windelweich großkoalitionär! Umfaller! Aus einem Kommentar auf sueddeutsche.de:

    "Die Kanzlerin hat Glück, dass sich Thomas Oppermann, Andrea Nahles und ihre SPD-Kollegen bereits auf Ministersessel freuen. Noch vor einem Monat hätte sich die Union auf ein Sperrfeuer der Sozialdemokraten einrichten müssen, das Friedrich und Pofalla das Amt hätte kosten können. Jetzt leitet Oppermann gemeinsam mit Friedrich die Koalitionsarbeitsgruppe für Inneres und Justiz. Und Nahles sitzt zusammen mit Pofalla in der Steuerungsgruppe für die gesamten Koalitionsverhandlungen." (Zitat Ende)

    Glaubt die SPD eigentlich ernsthaft, dass das Gedächtnis ihrer Wähler/innen nicht einmal vier Wochen, geschweige denn vier Jahre reicht?

    http://www.sueddeutsche.de/digital/moegliche-us-ueberwachung-von-merkels-handy-groesster-anzunehmender-affront-1.1802391

    • @Falmine:

      So ist es! In Frankreich wurde kürzlich der Botschafter einbestellt, weil die Bevölkerung "beobachtet" wurde. Bei uns muss es erst die Kanzlerin höchstpersönlich sein.

  • H
    Heinar

    Für wie blöd halten die uns eigentlich? Jetzt regen die sich auf? Na herzlichen Dank, als wäre die Merkel was besseres als wir alle, von denen wir ja jetzt schon seit einiger Zeit bestätigt wissen, dass wir abgehört werden. Was für eine Farce, mir fehlen die Worte. 'Lächerlich' trifft's glaube ich ganz gut.

  • KS
    Kritische Stimme

    In der Politik+Wirtschaft sind die Amerikaner ruecksichtslos unmoralisch.Um ihr Land Vorteile zu verschaffen scheint in USA alles erlaubt zu sein,also ist es so gut wie sicher dass die deutsche Wirtschaft ausspioniert wird.Fuer die CDU als groessten USA-Freund und als Schutzherr der deutschen Industrie muss das Alles sehr peinlich sein und es wird schlimmer weil Merkel keine Offenheit will. Die Reaktionen unserer EU Politiker in Bruessel+in den einzelnen Laendern auf den Spionageskandal aus USA+UK sind sehr gemaessigt.Bis jetzt wurde hoeflich in den USA+UK nachgefragt um mehr Informationen,wobei die Nachfragen einfach unter Diplomaten abgewickelt werden,die Buerger+Industrielle brauchen das nicht zu wissen. Das heisst dass die EU Politiker sich jetzt an China+Russland wenden muessen um zu erfahren wie schlimm das Alles ist,wie eine Riesenblamage.Die ganze EU-Diplomatie hat sich reinlegen lassen weil man zu gut von Vertrauen war.Jetzt stellt sich die Frage wussten die EU-Geheimdienste hiervon oder wurden die auch ruhig gestellt mit Halbinformationen. Bekanntlich war der BND schon immer ein Staat im Staat,praktisch unkontrolliert.Hoechste Zeit das die EU Konsequenzen zieht und Massnahmen nimmt um den angerichteten Schaden zu reparieren.Kein Wunder dass es wirtschaftlich so schlecht mit der EU geht,das man immer anderen Staaten unterlegen ist,man hat sich naemlich falschen Freunden ausgeliefert. Den Cyber-Industrieschaden fuer Deutschland beziffern die Verantwortlichen für das vergangene Jahr 2012 auf 30 bis 60 Milliarden Euro.Experten schätzen die Gesamtsumme auf mehr als 200 Milliarden Euro,fuer ganz Europa/Jahr

  • M
    mako

    Verstehe die ganze Aufregung nicht. Obama hat doch gesagt, dass nicht abgehört wird. Ist doch alles gut.