US-Basketballerin über Haft in Russland: Beklemmendes Zeugnis
US-Basketballstar Brittney Griner präsentiert ihre Erinnerungen an die Zeit in russischer Haft. Längst sind nicht alle Wunden geheilt.
B evor Brittney Griner zehn Monate in einem russischen Arbeitslager zubrachte, hatte sie es geliebt, mit ihrer Frau Charelle die Sonntage im Bett zu verbringen, Fernsehserien zu schauen, zu lachen und zu kuscheln. Jetzt hält Brittney Griner das nicht mehr aus. „Den ganzen Tag in einem Raum mit einem Bett zuzubringen, erinnert mich zu sehr an das Gefängnis.“
Ähnlich geht es ihr mit Ausflügen von ihrer Heimat in Texas aus über die mexikanische Grenze, die sie früher gerne unternommen hat. „Sobald ich in einem fremden Land bin“, sagt sie, „habe ich ständig das Gefühl, man kann mich jederzeit abführen und wegsperren.“
Der 2,06 Meter große Basketballstar der US-Olympiamannschaft ist zutiefst traumatisiert, seit man sie am 17. Februar 2022 am Flughafen von Moskau wegen Drogenbesitzes verhaftet und anschließend zu neun Jahren Arbeitslager verurteilt hat. Die Dinge werden für sie nie wieder so sein, wie sie vorher waren, schreibt sie in ihrem Memoir „Coming Home“, die gerade in den USA erscheinen ist, das habe sie zu akzeptieren gelernt.
Sportliche Genesung
Immerhin glaubt die einst dominante Spielerin der US-Frauenliga WNBA, dass sie zur olympischen Saison spielerisch wieder auf der Höhe ist. „Ich habe das Gefühl, ich habe meinen Körper wieder.“ In der vergangenen Saison, der ersten nach ihrer Tortur, habe sie eher das Gefühl gehabt, neben sich zu stehen.
Die Haftbedingungen, das katastrophale Essen, die schlimmen hygienischen Verhältnisse, das Kettenrauchen, das sie sich in der Haft angewöhnt hatte, hatten ihren Tribut gezollt. Vor allem aber lastete das schwere Trauma der Erlebnisse in Russland auf ihrer Schulter.
Griner und ihre Ghostwriterin Michelle Burford beschreiben mit beklemmender Eindringlichkeit den Albtraum, den Griner durchlebte, nachdem man in Moskau bei einer Sicherheitskontrolle zwei Fläschchen mit 0,7 Gramm medizinischem Marihuana bei ihr fand. Sie beschreibt die mehrstündige Höllenfahrt durch Moskau in Handschellen, bis man sie endlich in eine stinkende Zelle eines Untersuchungsgefängnisses steckte, ohne jegliche hygienische Einrichtung oder Kontakt zur Außenwelt. Und sie beschreibt ihren Schock, als man ihr am nächsten Tag die Kaution verweigerte.
Zeit ohne Hoffnung
In den 30 Tagen Untersuchungshaft begann sie zu rauchen und sie wandte sich der Bibel zu – alles um die Ungewissheit ihres Schicksals zu ertragen. Und dann, fünf Monate nach ihrer Verhaftung, die Gerichtsverhandlung mit dem vernichtenden Urteil: neun Jahre Straflager. Eine Tatsache, die für sie erst keine Wirklichkeit besaß, die sie in den kommenden Wochen jedoch immer mehr für sich akzeptierte. „Ich habe mich darauf eingerichtet. Ich habe meine Familie und meine Frau abgeschrieben. Ich war bereit, neun Jahre in diesem Lager zu verbringen.“
Das Vertrauen, dass die US-Regierung etwas für sie tut, war bei ihr und ihrer Frau ebenfalls begrenzt. „Wir haben als Schwarze eine angeborene Skepsis“, schreibt sie. Lieber konzentrierte sie sich darauf, ihr Leben im Lager zu gestalten. Die richtigen Freundschaften zu schließen. An bessere Jobs zu kommen. Mit Schneeschippen und Wäschesäckeschleppen fit zu bleiben.
Dass sie wirklich freigelassen wird, glaubte sie erst auf dem Rollfeld des Flughafens von Abu Dhabi, als der Spezialgesandte des Präsidenten, Roger Carstens, sie in Empfang nahm. Zu Hause in San Antonio, als sie ihre Frau Cherelle in die Arme nehmen konnte, überkam sie dann endlich eine unbändige Euphorie. Eine Euphorie, die jedoch nach wenigen Wochen einer Desorientierung wich. Und diese ist bis heute nicht ganz verschwunden.
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