US-Außenminister besucht Ägypten: Nur mal kurz die Meinung sagen
John Kerry versucht bei seinem ersten Besuch in Kairo die Wogen zu glätten. Währenddessen kam es in einigen Provinzen zu Straßenschlachten.
KAIRO dpa | Die US-Regierung ist sehr besorgt über die innenpolitische Krise in Ägypten, die auch Auswirkungen auf die Sicherheitslage in Israel hat. Das wurde am Wochenende beim ersten Besuch von US-Außenminister John Kerry in Kairo deutlich. In mehreren Provinzen kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.
Kerry forderte die regierenden Muslimbrüder auf, einen Schritt auf die säkularen Parteien zuzugehen. Der Opposition riet er, sich an der für April geplanten Parlamentswahl zu beteiligen. Er sagte nach einem Gespräch mit Außenminister Mohammed Amr: „Ich möchte betonten, dass ich nicht gekommen bin, um mich in ägyptische Angelegenheiten einzumischen, sondern um unsere Meinung darzulegen.“
Nach Angaben lokaler Medien ging es bei seinen Gesprächen mit Präsident Mohammed Mursi und Verteidigungsminister Abdelfatah al-Sisi auch um den Waffenschmuggel in den palästinensischen Gazastreifen und die Rechtlosigkeit auf der Sinai-Halbinsel, die an Israel grenzt.
Laut Informationen der arabischen Zeitung Al-Sharq Al-Awsat schlug Kerry während seines Aufenthalts in Kairo außerdem die Bildung einer Einheitsregierung unter Beteiligung der Opposition vor. Fast alle liberalen und linken Parteien wollen die Wahl boykottieren, der am 22. April beginnen soll. Sie kritisieren das Wahlgesetz und befürchten, dass die Muslimbrüder die Wähler mit „Geschenken“ und Wahlwerbung in der Moschee manipulieren werden.
Oppositionelle sagen Treffen ab
Mehrere Oppositionelle hatten eine Einladung zu einem Treffen mit Kerry ausgeschlagen, darunter Ex-Präsidentschaftskandidat Hamdien Sabahi und Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei. Vor dem Außenministerium demonstrierten einige Dutzend Anhänger linker und liberaler Parteien, die der US-Regierung vorwarfen, sie hätten für die Muslimbrüder Partei ergriffen.
In den Provinzstädten Port Said und Mansura wurden bei Straßenschlachten zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten Dutzende Menschen verletzt. In Mansura starb in der Nacht zum Samstag ein Zivilist, nachdem er während einer Straßenschlacht vor dem Gouverneursgebäude von einem Polizeitransporter überfahren worden war. Nach seinem Begräbnis kam es erneut zu Ausschreitungen. In Port Said setzten Demonstranten ein Gebäude der Polizei in Brand.
An diesem Montag wird Kerry in Saudi-Arabien erwartet, wo er mit den Außenministern der arabische Golfstaaten sprechen wird. Dabei soll es vor allem um den Bürgerkrieg in Syrien und den Streit um das iranische Atomprogramm gehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen