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UN-Tribunal zum Genozid in RuandaErst schuldig, dann nicht

Zwei Minister der Regierung, unter der 1994 der Genozid an den Tutsi stattfand, galten als schuldig. In der zweiten Instanz wurden sie jetzt freigesprochen.

Das Trauma bleibt unabhängig vom Ausgang der Gerichtsverfahren – Schädel der Opfer in der katholischen Kirche von Ntarama. Bild: dpa

BERLIN taz | Das UN-Völkermordtribunal für Ruanda hat zwei ehemalige ruandische Minister freigesprochen. In einem Berufungsverfahren kippte das Gericht im tansanischen Arusha am Montag die Urteile, die es erst am 30. September 2011 gegen den ehemaligen Handelsminister Justin Mugenzi und den ehemaligen Minister für den Öffentlichen Dienst, Prosper Mugiraneza wegen Verschwörung zum Völkermord gefällt hatte, und ordnete ihre Freilassung an.

Damit sind alle vier Minister, deren „Gouvernement II“ genannter Prozess in Arusha im Jahr 2003 begonnen hatte, freigesprochen worden. Beim Urteil erster Instanz, als Mugenzi und Mugiraneza verurteilt worden waren, hatte das Gericht bereits den ehemaligen Außenminister Casimir Bizimungu und den ehemaligen Gesundheitsminister Jérôme Bicamumpaka aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Alle vier gehörten der „Übergangsregierung“ an, die vom ruandischen Militär eingesetzt wurde, nachdem am Abend es 6. April 1994 der ruandische Präsident Juvénal Habyarimana beim Abschuss seines Flugzeuges – mutmaßlich durch die eigene Garde – getötet worden war. Unmittelbar danach begannen die systematischen Massaker an Tutsi, denen über 800.000 Menschen zum Opfer fallen sollten. Vier andere, wichtigere Mitglieder dieser Regierung kamen 2003 in einem getrennten, aber parallel laufenden Prozess „Gouvernement I“ vor Gericht. Zwei von ihnen wurden im Dezember 2011 zu lebenslanger Haft verurteilt.

Eine Glaubensfrage

Die Frage, ob diese Regierung damals den Völkermord plante und organisierte und ihre Mitglieder damit wegen Planung und Verschwörung verurteilt werden können, ist zu einer Glaubensfrage geworden – und inzwischen ist das UN-Tribunal in den meisten Fällen, aber nicht allen, zum gegenteiligen Schluss gekommen.

Die beiden Freisprüche jetzt beziehen sich hauptsächlich auf zwei Ereignisse. Am 17. April 1994 wurde auf einer Kabinettssitzung die Entlassung des Präfektes der zweitgrößten ruandischen Stadt Butare beschlossen – der hatte sich geweigert, Massaker anzuordnen, und wurde ausgewechselt. Am 19. April hielt der Präsident der Übergangsregierung, Théodore Sindikubwabo, eine Rede, in der er die Entlassung des Präfekten öffentlich verkündete und zur Fortsetzung der Massaker aufrief; daraufhin begann auch in Butare das Massenmorden. Die Angeklagten hatten an beiden Ereignissen teilgenommen – dies reichte zur Verurteilung in erster Instanz.

Im Berufungsverfahren aber entschieden die Richter, die beiden Minister konnten nicht vorher wissen, was Präsident Sidikubwabo – mittlerweile verstorben – sagen würde, und es sei nicht erwiesen, dass die Entlassung des Präfekten von Butare mit dem Ziel vorgenommen wurde, dort dem Völkermord freie Bahn zu gewähren. Es hätten ja, so das Gericht, auch „politische und administrative Gründe“ für die Entlassung geben können.

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