UN-Sicherheitsrat zu Syrien: Minimale Bewegung
Erstmals machen Russland und China einen Vorschlag zu einer UN-Resolution gegen Assad. Aber es steht nichts drin, kritisieren Deutschland und die USA.
GENF taz | Angesichts der dramatisch eskalierenden Gewalt in Syrien haben Russland und China - zwei Vetomächte im UN-Sicherheitsrat, die monatelang das Gremium blockiert hatten - in der Nacht zum Freitag einen eigenen Entwurf für eine Syrien-Resolution eingebracht. Westlichen Regierungen geht der Entwurf allerdings nicht weit genug.
"Der Entwurf soll die Gewalt in Syrien beenden und dem Land helfen, seine politischen Reformen weiter durchzuführen", erklärte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin. Sein deutscher Amtskollege Peter Wittig begrüßte den Entwurf zwar als "Diskussionsgrundlage" und als "Chance, die Differenzen im Rat zu überbrücken und endlich das Schweigen des höchsten UN-Gremiums zur Gewalt in Syrien zu beenden".
Doch "völlig unakzeptabel" sei es, "dass in dem Entwurf die Opposition und die friedlichen Demonstranten auf eine Stufe mit der Regierung gestellt werden". Stattdessen, so Wittig, müsse eine Resolution "eindeutig feststellen, wer verantwortlich ist für die Eskalation der Gewalt, und das ist selbstverständlich die Regierung". Ähnlich äußerte sich US-Außenministerin Hillary Clinton.
Frage "der Rechenschaft"
Botschafter Wittig erklärte, "Kernelement" einer Resolution des Sicherheitsrats müsse die Frage "der Rechenschaft" für die in Syrien verübten Menschenrechtsverletzungen sein. Daher müsse die Resolution die Feststellungen der jüngsten Untersuchungsberichte des UN-Menschenrechtsrats in Genf sowie der UN-Hochkommissarin für Menschenrechte zur Lage in Syrien "aufnehmen".
Zudem solle der Sicherheitsrat die Einrichtung einer eigenen Untersuchungskommission diskutieren. Auf Nachfragen wollte der deutsche UN-Botschafter nicht ausschließen, dass der Sicherheitsrat dem Internationalen Strafgerichtshof ein Mandat zu Ermittlungen in Syrien erteilt.
Der deutsche UN-Botschafter forderte zudem, dass eine Resolution des Sicherheitsrats "ausnahmslos alle bisherigen Entschließungen der Arabischen Liga begrüßt und nicht nur einige ausgesuchte". Der russisch-chinesische Entwurf erwähnt nur die frühen Resolutionen, in denen die Liga unterschiedslose Appelle an beide Konfliktparteien in Syrien richtete und ihre Vermittlung anbot, nicht aber die beiden letzten Entschließungen, in denen die Arabische Liga die Regierung Assad eindeutig verurteilte, Sanktionen gegen Syrien verhängte und die Liga-Mitgliedschaft des Landes suspendierte.
Unterdessen ging die Gewalt in Syrien weiter. Nach Angaben von Menschenrechtlern gingen in Homs am Freitag mehr als 200.000 Menschen auf die Straße, die Sicherheitskräfte eröffneten das Feuer.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen