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UN-BiodiversitätskonferenzCountdown in Cali

Seit einer Woche und noch bis zum 1. November debattieren in Kolumbien die 23.000 Teilnehmenden der COP16 der Vereinten Nationen über Biodiversität. Dazu einige Fragen – und Antworten.

Parade für Leben, Artenvielfalt und Frieden auf der COP 16 in Cali, Kolumbien, am 22.10.2024 Foto: Luisa Gonzalez/reuters

Wieso geht es bei der UN-Konferenz um „Biodiversität“? Kann man nicht einfach Artenvielfalt sagen?

Einprägsamer wäre das vielleicht, aber es geht in dem UN-Prozess nicht nur um Artenvielfalt. Neben der Vielfalt von Tieren, Pflanzen, Pilzen und so weiter geht es auch „um die genetische Vielfalt und die Vielfalt von Ökosystemen“, sagt Yves Zinngrebe vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Das ist wichtig, denn ist die genetische Vielfalt innerhalb einer Art zu gering, ist sie weniger anpassungsfähig, etwa an sich ändernde Umwelten. Die Vielfalt von Ökosystemen wiederum ist Voraussetzung für Artenvielfalt. Zinngrebe ist allerdings auch dieser Zugang – Biodiversität als Vielfalt der Arten, der Genressourcen und der Ökosysteme – zu eng. Es gehe ebenso „um kulturelle Werte wie Erholungsräume, historische Bezüge und Landschaftsbilder, um Rechte der Natur und um Verteilungsfragen, wie den Zugang zu genetischen Ressourcen und zu gesunden Ökosystemen“.

Wie weit ist Deutschland beim Schutz der Biodiversität?

Geht so. Die Umweltorganisation BUND hat vergangene Woche Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben, um eine bessere Naturschutzgesetzgebung zu erzwingen – ähnlich wie dies der Klimaklage der Deutschen Umwelthilfe 2021 gelang. Auf die politische Agenda müssten die Pestizidreduktion, mehr und bessere Schutzgebiete sowie die ambitionierte Umsetzung der „Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt“. Auf allen drei Feldern passiert bislang wenig. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) verteidigt sich damit, die Ampel habe „für den Schutz der Biodiversität bereits mehr getan als jede zuvor“. Sie verweist auf Maßnahmen wie das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“, mit dem Ökosysteme wie Wälder und Meere gestärkt, wiederhergestellt und erhalten werden können. Bis 2028 stünden für die verschiedenen Maßnahmen mehr als 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Auch das europäische Gesetz zur Wiederherstellung der Natur sei ein Meilenstein für den Biodiversitätsschutz.

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Umweltschützer erwarten von dieser COP konkrete Ergebnisse, Maßnahmen, Geldzusagen, Überwachungsmechanismen. Zeichnet sich nach einer Woche schon etwas ab?

Bislang noch nicht. „Schon die ersten Verhandlungsdokumente sehen nach sehr schwachen Umsetzungsinstrumenten aus“, berichtet Yves Zinngrebe. Es gebe bislang wenig Interesse, den Druck auf einzelne Staaten durch eine individuelle Prüfung zu erhöhen oder gute, handlungsorientierte Indikatoren zu verwenden. „Es gibt leider keine Vorstöße zu bestimmten Best-Practice-Maßnahmen, rechtlichen Maßnahmen oder Koalitionen für bestimmte transformative Veränderungen“, sagt Zinngrebe. Allerdings ist in Cali ja noch eine ganze Woche Zeit, üblicherweise gibt die Anreise der Ressort- oder gar Regierungschefs den Verhandlungen einen Schub. Zum sogenannten „High-Level-Segment“ wird auch Steffi Lemke erwartet.

Um mehr globale Gerechtigkeit geht es in Cali bei den Verhandlungen über Digitale Sequenzinformationen (DSI). Das sind Erbgut-Informationen, die in Datenbanken vorliegen. Wie wird garantiert, dass sie der öffentlichen Forschung zur Verfügung stehen? Wie werden biodiverse Länder an Gewinnen beteiligt, die private Unternehmen mit DSI erzielen?

Diskutiert wird ein globaler Fonds, in den Nutzer von DSI einzahlen. Welche Länder daraus Geld empfangen sollen – alle mit reicher Biodiversität, oder nur besonders arme – ist einer der Streitpunkte. Schließlich „sind alle Länder sowohl Nutzer als auch Anbieter von DSI“, sagt Amber Scholz von der Deutschen Sammlung von Mikro­organismen und Zellkulturen in Braunschweig, die das Thema in Cali verfolgt. Das übliche Nord-Süd-Gefälle in den Verhandlungen zeige sich hier erst mal nicht. Vor allem die großen lateinamerikanischen Länder wie Brasilien pochten darauf, dass so schnell wie möglich Geld in einen Fonds fließt, so Scholz. Die Länder des Nordens hingegen fürchten juristische Untersicherheiten für ihre Start-ups und Wis­sen­schaft­ler:in­nen und wollen ein klares Regelwerk. Vor allem afrikanische Länder drängen darauf, dass auch der Wissenschaftssektor in den Fonds einzahlt. Die Organisation Avaaz sieht nach einer Woche Verhandlungen über DSI kaum Fortschritte, nicht ein Paragraf sei bisher zum Abschluss gebracht worden, der regele, wofür das Geld aus dem Fonds verwendet werden solle.

Bringt das eigentlich was, wenn jedes Umweltproblem – Plastik, Wüstenbildung, Klima, Artenkrise – ein eigenes UN-Abkommen bekommt?

Die Umweltszene ist sich weitgehend einig, dass es eine weltweite Koordination von globaler Umweltpolitik braucht. Allerdings betonen die Ex­per­t:in­nen auch, dass die verschiedenen Themen nur gemeinsam gelöst werden könnten. Sie hängen zusammen, außerdem werden so auch Zielkonflikte sichtbar. Etwa könnte die Anlage von Plantagen auf schlechten Böden dem Klimaschutz dienen – der Biodiversität aber schaden, wenn dadurch Magerwiesen vernichtet würden. Einen Ansatz zur Vernetzung haben im Sommer die Präsidenten der drei COPs gestartet, die bis Weihnachten stattfinden: Die zur Biodiversität in Cali, die Klimaschutz-COP im November im aserbaidschanischen Baku und die COP zur Wüstenbildung im Dezember in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad. Das „Rio-Trio“ soll die globale Zusammenarbeit zu den Themen Klimawandel, biologische Vielfalt und Wüstenbildung fördern. Kolumbien, Aserbaidschan und Saudi-Arabien wollten ihre Präsidentschaften nutzen, um dringende und koordinierte Maßnahmen einzuleiten. In Kolumbien können sie schon mal zeigen, was genau das heißt.

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2 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Bei diesem Thema wird es dabei bleiben, dass nur darüber diskutiert wird.



    Änderungen, eventuell sogar Verbesserungen werden die wahren Machthaber zu verhindern wissen. Unilever, BP, Monsanto, CocaCola, HSCB, Deutsche Bank, Procter&Gamble und die anderen Mitglieder dieser Ehrenwerten Gesellschaft lassen sich nicht in die Suppe spucken, nur um die Natur weniger schnell vor die Hunde gehen zu lassen.



    Die alle werden weiterhin gewählt werden, Billigflieger, Billigfutter, Billigkleidung und all die schönen Füllstoffe für Müllhalden und Meere sind eben unverzichtbar.

  • Eine Veranstaltung mit 23 000 Teilnehmern aus aller Welt, von denen viele zwar sehr viel Meinung, aber von Artenschutz nur auf der Ebene von Schlagworten Ahnung haben, produziert vor allem CO2. Biodiversität als Produkt, "Ökosystemdienstleistungen" und ähnliche Versuche, Dinge zu monetarisieren, die nicht in Geld zu bemessen sind , ernähren vielleicht Natgurschutzbeamte und Personen in NGOs oder sogenannte Investoren, die Ländereien aufkaufen und sich davon eine Rendite versprechen, aber nicht dem Artenschutz. Wie Menschen in Ländern mit besser erhaltener Megafauna oder großen verbliebenen Urwäldern und Feuchtgebieten mit selbigen umgehen, haben diese zu entscheiden. Bei uns werden laufend Brachen versiegelt, von Leuten, die auf Konferenzen von "mehr und besseren Schutzgebieten" reden. Weniger Pestizide auf Feldern helfen nicht, wenn das Insektensterben gar nicht an den Pestiziden, sondern an dem Mangel an Flächen mit Unkräutervegetation liegt.