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UN-Bericht syrische KriegsverbrechenAssads Truppen wüteten in Aleppo

Syrische und russische Luftangriffe sollen hunderte Zivilisten getötet haben. Die Stadt sei durch Streumunition und Chlorgasbomben verseucht.

Reste eines mutmaßlichen Chlorgasangriffs Foto: reuters

Genf taz | Die syrischen und russischen Bodentruppen und Luftstreitkräfte haben nach UN-Angaben bei der Schlacht um Aleppo in großem Ausmaß Kriegsverbrechen begangen. In geringerem Maße haben sich auch Kämpfer der gegnerischen Milizen Kriegsverbrechen zuschulden kommen lassen. Opfer seien Zivilisten auf beiden Seiten der Stadt, die seit 2014 zwischen Regierung im Westen und Rebellen im Osten geteilt war.

Im Bericht des UN-Menschenrechtsrats zu Syrien, der am Dienstag in Genf veröffentlicht wurde, heißt es: „Die Schlacht um die Kontrolle Aleppos wurde mit erbitterter Gewalt geführt“. Syrische Regierungstruppen hätten „als Teil einer Strategie, ihre Gegner zur Aufgabe zu zwingen, ab Ende Juli 2016 den Ostteil der Stadt eingeschlossen und die Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten unterbunden“. Demnach haben syrische und russische Luftstreitkräfte „zwischen Juli und Dezember täglich Luftangriffe auf Aleppo geflogen, die Hunderte Todesopfer forderten und Krankenhäuser, Schulen und Markthallen in Schutt und Asche legten“.

Die syrischen Luftstreitkräfte hätten durch den Abwurf von Chlorbomben auf Wohngebiete Hunderte Zivilisten getötet. Zudem hätten sie die weltweit geächtete Streumunition in großem Umfang eingesetzt. Infolge dieser Angriffe seien heute weite Teile Aleppos durch nicht explodierte Streumunition „verseucht“. Moskau und Damaskus haben den Einsatz von Chlorgas sowie den Beschuss ziviler Einrichtungen stets bestritten.

Als einen „besonders ungeheuerlichen Angriff“ kritisiert der Bericht die Bombardierung eines Hilfskonvois vor Aleppo durch die syrische Luftwaffe. Bei dem Angriff am 19. September wurden mindestens 14 MitarbeiterInnen humanitärer Hilfsorganisationen getötet und zwölf weitere schwer verletzt. Laut dem Untersuchungsbericht hatte die Regierung Assad zuvor eine schriftliche Autorisierung für den Hilfskonvoi erteilt. Sie wusste folglich genau, wo sich „der Konvoi zum Zeitpunkt des Angriffs der syrischen Luftwaffe befand“.

Exekutionen und Zwangsrekrutierungen

Bei der Rückeroberung Ostaleppos im Dezember haben Regierungstruppen gegnerische Kämpfer exekutiert, obwohl diese sich bereits ergeben hatten, heißt es in dem Bericht. Auch seien Zivilisten wegen angeblicher Unterstützung für Rebellengruppen exekutiert worden. „Hunderte Männer und Jungen wurden von ihren Familien getrennt und von der syrischen Armee zwangsrekrutiert.“ Der Verbleib vieler anderer Menschen sei ungeklärt.

Rebellen haben ihrerseits nach Erkenntnis der UN „ständig Zivilisten im Westteil Aleppos beschossen“, so die UN-Kommission: „Ohne ein eindeutiges militärisches Ziel wurde die Zivilbevölkerung absichtsvoll terrorisiert“.

Da Syriens Regierung der 2011 vom UNO-Menschenrechtsrat geschaffenen Untersuchungskommission nach wie vor den Zugang nach Syrien und jegliche Kooperation verweigert, war die Kommission auf die telefonische und persönliche Befragung von Zeugen in Aleppo sowie außerhalb Syriens angewiesen. Der Bericht stützt sich auf die Befragung von 291 Zeugen, auf Informationen von Hilfswerken sowie auf Satellitenaufnahmen verschiedener Staaten einschließlich Russlands. Mitglieder der Untersuchungskommission sind der Brasilianer Paulo Sérgio Pinheiro, die Schweizerin Carla Del Ponte und die US-Amerikanerin Karen Koning ­AbuZayd.

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8 Kommentare

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  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "...und der Jordanier Karen Koning AbuZayd."

     

    Immer noch nicht korrigiert?

    http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/IICISyria/Pages/KarenKoning.aspx

  • „Hunderte Männer und Jungen wurden von ihren Familien getrennt und von der syrischen Armee zwangsrekrutiert.“

     

    Das gabs bis vor einigen Jahren in d auch noch. Nannte sich Wehrpflicht.

     

    Man sollte mal die Rolle der UN untersuchen, die gezielt Regierungen destabilisiert und damit für die Zerstörung staatlicher Strukturen verantwortlich ist.

    • @A. Müllermilch:

      Die Rekrutierung in Syrien bedeutete konkrete Kampfhandlungen gegen teilweise Landsmänner. Oder wollen Sie sagen, die Syrer konnten anstelle Zivildienst leisten? BS!

      • @Sapasapa:

        Das ist der Sinn einer Armee - Gegner töten. Das machen Soldaten - zumindest meistens - nicht aus Lust und Laune, sondern weil sie dazu gezwungen werden. Eine Armee, die ihre Soldaten nicht zum Töten zwingt, kann keinen Krieg gewinnen.

         

        Selbst die Bundeswehr tötete Serben oder Taliban, zumindest solange wie es für die eigenen Soldaten ohne Risiko war.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "...und der Jordanier Karen Koning AbuZayd."

    http://www.ohchr.org/EN/HRBodies/HRC/IICISyria/Pages/KarenKoning.aspx

     

    Der Teufel steckt im Detail und die sind im UN-Bericht auch sehr zweifelhaft.

    Dass z.B. der Hilfskonvoi von den Russen bzw. der syrischen Armee angegriffen wurde, ist nie mit Sicherheit festgestellt worden.

  • Assads Vater war ein Verbrecher.

    Assad jun. ist ein Verbrecher.

    Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

    Wenn's niemand sagt, dann tu ich es !

    • @Pink:

      Bush senior war ein Verbrecher!

      Bush Junior war ein noch grösserer Verbrecher! Und jetzt?

      Ach ja, die Vereinigten Staaten erkennen den internationalen Gerichtshof in den Niederlanden nicht an.