piwik no script img

UK-Studentengewerkschaft gesteht FehlerBericht bestätigt Antisemitismus

Laut einem Bericht wurden jüdischen Studierenden etwa Hakenkreuze aufs T-Shirt gemalt. Der Verein sei unzureichend gegen Diskriminierung vorgegangen.

Vom NUS mitorganisierte Demonstration für bessere Arbeitsbedingungen an Unis, London 2022 Foto: WIktor Szymanowicz/NurPhoto/imago

London taz | Die National Union of Student (NUS), die nationale Studierendengewerkschaft des Vereinigten Königreichs, hegte jüdischen Stu­den­t:in­nen gegenüber 17 Jahre lang eine feindlich gesinnte Kultur, so ein am Donnerstag veröffentlichter, unabhängiger Bericht, der von der Studierendengewerkschaft selbst in Auftrag gegeben wurde.

Erst im November wurde die NUS-Vorsitzende Shaima Dallali aus dem Amt entlassen, aufgrund von in einer Untersuchung bestätigten Vorwürfen des Antisemitismus.

Die für die jetzige Untersuchung verantwortliche Rechtsanwältin Rebecca Tuck gab an, dass die NUS – der Dachverband aller Studentengewerkschaften im Vereinigten Königreich – unzureichend gegen Antisemitismus vorgegangen sei.

Jüdische Studierende hätten Antisemitismus und Anfeindung aufgrund von Vorurteilen innerhalb des NUS über sich ergehen lassen müssen. Dies sei vor allen während Konferenzen und Veranstaltungen des NUS geschehen: In einem Fall sei einer jüdischen Studentin gesagt worden, man hoffe, sie genieße ihre süße Cola, welche mit dem Blut toter Babys hergestellt worden sei.

Sticker, auf denen steht: „Hitler hatte recht“

Anderen Stu­den­t:in­nen sei gesagt worden, dass es sich bei dem Vorschlag, jüdische Studierende aus der Anti-Rassismus-Gruppe der NUS auszuschließen, nicht um „die Endlösung“ handele. Ein anderer Student sei bei einer Veranstaltung nicht an der Bar bedient worden, weil er eine jüdische Kopfbedeckung trug. Einem Vertreter des jüdischen Studierendenvereins Union of Jewish Students (UJS) soll gesagt worden sein, dass der Verein, wie auch er selbst, vom Mossad, dem israelischen Auslandsgeheimdienst, gesponsert sei.

Auf einer „White T-Shirt Party“, wo neue Studierende sich gegenseitig etwas auf ihre weißen Shirts schreiben können, sollen jüdischen Studierenden Hakenkreuze aufgemalt worden sein. In manchen Aufenthaltsräumen habe es Sticker gegeben, auf denen „Hitler hatte recht“ stand.

Tuck gab weiter an, dass jüdische Stu­den­t:in­nen oft nur als Juden und Jüdinnen gesehen würden, die deswegen automatisch Verantwortung für Israels Politik tragen – ganz gleich, welche andere Identitäten sie haben.

Der Bericht beinhaltet auch das Zitat einer palästinensischen Studentin, die nach einer sogenannten „Befreiungskonferenz“ der NUS im Jahr 2022 gesagt hatte, dass sie genug von jenen hätte, die Einsatz für palästinensische Menschenrechte vorgeben, dahinter aber nur ihren Antisemitismus verstecken würden.

NUS will nun Leitfaden erstellen

UJS-Präsident Joel Rosen sagte nach der Veröffentlichung des Berichts, dass dieser beweise, dass antijüdischer Rassismus im Herzen britischer Studierendenpolitik liege. Die NUS habe Juden und Jüdinnen über Generationen missachtet.

Kat Stark, Direktorin der NUS, akzeptierte den Bericht und alle seine Empfehlungen. Alle Mitarbeitenden der NUS müssten künftig Lehrgänge zum Thema Antisemitismus machen, sagte sie. Jüdinnen und Juden solle außerdem eine permanente Stimme zu Gleichberechtigungsfragen gegeben werden. Man würde einen Leitfaden erarbeiten, der künftig Probleme, die aus Aktionen zum israelisch-palästinensischen Konflikt entstünden, minimieren solle. Es sei vollkommen möglich, hierüber zu sprechen, ohne dass es in Antisemitismus ausarte, so Stark.

„Wir wollen gegenwärtigen, ehemaligen und künftigen jüdischen Studierenden mitteilen, dass uns derAntisemitismus, den ihr erfahren musstet, und die Momente, in denen ihr Euch als nicht willkommen fühlen musstet, wirklich leidtun“, betonte Stark.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die Lehrgänge werden nicht viel helfen.

    Man ist nicht aus Dummheit Antisemit, man ist Antisemit, um Antisemit zu sein.