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UBS übernimmt Credit SuisseRettung für 3 Milliarden Franken

Die Schweizer Großbank UBS kauft die angeschlagene Credit Suisse zum Schnäppchenpreis. Finanzpolitiker Gerhard Schick fordert Finanzmarkt-Reformen.

Die Hauptsitze der UBS und Credit Suisse am Züricher Paradeplatz Foto: Michael Buholzer/dpa

Bern afp/rtr | Die Schweizer Großbank UBS wird die ins Straucheln geratene Credit Suisse für 3 Milliarden Franken übernehmen. Das teilten die Schweizer Regierung und die beiden Banken am Sonntagabend nach einem Verhandlungsmarathon mit. Der Schweizer Bundespräsident Alain Berset sagte, die Übernahme sei die beste Lösung, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen. Zu Beginn des Aktienhandels in Asien gaben die meisten Börsen am Montagmorgen zunächst nach.

Die Aktionäre der Krisenbank sollen eine UBS-Aktie für 22,48 Credit-Suisse-Aktien erhalten. Das entspricht einem Preis von 0,76 Franken pro Aktie. Bei Börsenschluss am Freitag lag der Kurs der Credit-Suisse-Aktie noch bei 1,86 Franken, die Bank war damit knapp über 8,7 Milliarden Dollar wert.

Bundespräsident Berset sagte bei einer Pressekonferenz in Bern, die Übernahme der Credit Suisse sei nicht nur für die Schweiz „entscheidend“, sondern für die Stabilität des gesamten globalen Finanzsystems.

Die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter sagte, ein Ausfall der Credit Suisse „hätte gravierende volkswirtschaftliche Verwerfungen in der Schweiz, aber auch weltweit gehabt“. Die Schweiz habe daher „ihre Verantwortung über die eigenen Landesgrenzen hinaus wahrnehmen“ müssen.

Die UBS und die Credit Suisse gehören zu den 30 Banken weltweit, die als systemrelevant eingestuft werden. Ihre Insolvenz hätte verheerende Auswirkungen auf die globale Gesamtwirtschaft.

EZB und FED kündigen Unterstützung an

Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, lobte das „rasche Handeln“ der Schweizer Behörden. Diese hätten damit einen Beitrag zur „Wiederherstellung geordneter Marktbedingungen und zur Gewährleistung der Finanzstabilität“ geleistet.

US-Notenbankchef Jerome Powell und US-Finanzministerin Janet Yellen begrüßten in einer gemeinsamen Erklärung „die Ankündigungen der Schweizer Behörden zur Unterstützung der Finanzstabilität“. Auch der britische Finanzminister Jeremy Hunt reagierte erleichtert.

Die Europäische Zentralbank (EZB), die US-Notenbank Fed und andere große Zentralbanken kündigten eine „koordinierte Maßnahme“ an, um Bankgeschäfte in Dollar zu erleichtern und so die Finanzmärkte zu beruhigen. Wie die beteiligten Zentralbanken mitteilten, sollen ab Montag sogenannte Swap-Geschäfte ausgebaut werden, mit denen die Zentralbanken Devisen untereinander austauschen. So sollen die Zentralbanken außerhalb der USA besser mit Dollar versorgt werden.

Beteiligt sind neben der EZB und der Fed die Schweizerische Nationalbank und die Zentralbanken Großbritanniens, Kanadas und Japans. Swap-Geschäfte seien eine wichtige „Liquiditätsabsicherung, um Spannungen auf den globalen Finanzierungsmärkten zu mindern.

Die Zentralbank der Schweiz kündigte an, die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS mit einer Liquiditätshilfe von bis zu 100 Milliarden Schweizer Franken zu unterstützen. „Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS konnte in dieser außerordentlichen Situation eine Lösung zur Sicherung der Finanzstabilität und zum Schutz der Schweizer Volkswirtschaft gefunden werden“, erklärte die Schweizerische Nationalbank zur Begründung.

Vertreter von beiden Banken, Behörden und die Schweizer Regierung hatten zuvor unter großem Zeitdruck über die Rettung der Credit Suisse beraten. Die Einigung sollte erreicht werden, bevor die Börsen am Montagmorgen öffnen.

„Diese Rettung schafft neue Probleme“, erklärte Gerhard Schick von der Bürgerbewegung Finanzwende. Mit der Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, „erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht pleitegehen darf“, kritisierte er. Das Scheitern der Credit Suisse sei „ein Weckruf, endlich wichtige Finanzmarktreformen durchzusetzen“.

Druck durch frühere Skandale

Auch Stephan Sola, Manager des Plutos Schweiz Fonds, sieht die Übernahme kritisch. Sie „scheint auf den ersten Blick eine gute Lösung zu sein. Der Übernahmepreis von rund 0,76 Franken je Aktie kann jedoch nur als unverschämt bezeichnet werden“, so Sola. „Die UBS nutzt die CS-Position radikal aus. Die Einzelteile der Credit Suisse, etwa Asset Management oder Immobilien, sind ein Mehrfaches des Angebotspreises wert. Die für mich beste Lösung wäre eine Staatsgarantie für eine gewisse Zeit für die CS gewesen. Die UBS wird nicht zögern, die CS-Einzelteile zu versilbern und die Belegschaft im In- und Ausland radikal zu reduzieren. Die Schweizer Regierung und die UBS haben sich mit dieser Übernahme keinen Gefallen gemacht. Es entsteht eine einzige, riesige Schweizer Bank, die mit dieser opportunistischen Discount-Übernahme zwar enorm groß wird, aber nicht an Qualität gewinnt.“

Die Credit Suisse war nach einer Reihe früherer Skandale zuletzt weiter unter Druck geraten – unter anderem durch die Schließung der beiden US-Banken Silicon Valley Bank und Signature Bank, die den Finanzsektor beunruhigt hatten. Äußerungen des größten Anteilseigners der Credit Suisse, der Saudi National Bank aus Saudi-Arabien, die Investitionen in die zweitgrößte Schweizer Bank nicht erhöhen zu wollen, schickten den Kurs dann auf Talfahrt.

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12 Kommentare

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  • Großbanken senkten in den letzten Jahrzehnten ihre Eigenkapitalqoute (bieten kaum finanzielle Sicherheiten im Verhältnis zum Umsatz bei einer Insolvenz) und bekamen aufgrund besserer Ratings bessere Refinanzierungskosten und damit Vorteile gegenüber anderen Banken.

    Der Grund: die Ratingagenturen benoteten sie besser, weil der Staat eine Großbank im Fall eines Falles rettet, auch Bail Out genannt.



    Das ist ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber kleineren Banken.

    Das hatte zur Folge, dass die Großbank crédit Suisse immer größere Risiken einging, die nicht kontrolliert wurden.



    Die Vorstände der Bank erhielten in den letzten Jahren Milliarden Franken an Boni für ihr erfolgreiches risikoreiches Handeln am Finanzmarkt.



    Eine klitzekleine Kaste von Managern riskiert alles im Bewusstsein, dass der Staat, also alle Steuerzahler, das Risiko schon begleichen wird.

    So kam es auch. Im Fall der Übernahme der crédit Suisse durch die UBS sind das, wenn die Übernahme schief geht, 100 Mrd. Euro, die der Schweizer Steuerzahler absichert, wenn es gut läuft, erhält die UBS die riesigen Vermögenswerte der Bank crédit suisse, die sie mit riesigen Gewinn verkauft kann, was den Managern der UBS nochmals gigantische Boni auf die schon bestehenden gigantischen Boni verschaffen würde.



    Ein filmreifes Tollhaus, ein wirtschaftspolitischer Sumpf, in den wirtschaftsliberale Schweizer Politiker verwickelt sind, die Unsummen an Boni für Manager rechtfertigten und zuließen, dass die Bankenaufsicht ein Wolkenkuckucksheim war.



    Die Frage ist auch, wie sich die Presse zu diesem Systemversagen verhielt.

    Das Schlimmste: bei anderen Großbanken sieht es nicht viel besser aus. Die Politik hat zwar mit Basel II Reformen angeschoben, doch die sind längst von der Lobby ausgehölt und kommen zu spät.

  • Der Schweizer "Tages-Anzeiger" hat aus den Geschäftsberichten errechnet, dass die CS seit 2013 zwar kumuliert 3,2 Milliarden Franken Verlust machte, die Top-Manager aber im selben Zeitraum 32 Milliarden Franken (32,2 Milliarden Euro) an Boni einsteckten. (Quelle: ZDF.de)

  • > Auch Stephan Sola, Manager des Plutos Schweiz Fonds, sieht die Übernahme kritisch. Sie „scheint auf den ersten Blick eine gute Lösung zu sein. Der Übernahmepreis von rund 0,76 Franken je Aktie kann jedoch nur als unverschämt bezeichnet werden“, so Sola. „Die UBS nutzt die CS-Position radikal aus.

    Wieso? Die Aktionäre der Credit Suisse sind Risiken eingegangen. Sie haben sich nicht darum gekümmrt, dass diese korrekt gemanagt werden, oder sich eventuell darauf verlassen, dass jemand anders dafür aufkommt.

    Aber warum sollen andere für das eingetretene Risiko bezahlen? Die Gewinne hätten die Aktionäre doch auch alleine verkonsumiert.

    Es geht doch nicht an, dass wir in unserem Wirtschaftssystem so quasi die Nachteile von Kapitalismus und Sozialismus kombinieren...

    • @jox:

      "Es geht doch nicht an, dass wir in unserem Wirtschaftssystem so quasi die Nachteile von Kapitalismus und Sozialismus kombinieren..."

      Nur für die ohne Macht, die Nachteile sind nur für die Menschen ohne Macht kombiniert.

      Richtig wäre gewesen sie pleite gehen zu lassen. Gibt doch Einlagensicherung und alles. Der Rest ist "Risikokapital" und das kann auch mal ausfallen, daher der Name.

    • @jox:

      Dass die UBS ihre Position ausnutzt und das maximale für ihre eigenen Aktionäre herausholt ist wirklich keine Überraschung. Und die Verhandlungsposition ist halt auch überragend wenn einen der Staat unbedingt zu einer Fusion drängen möchte die man eigentlich gar nicht wollte.

      Kritisieren kann man eher dass hier per Notrecht Gesetze ausgehebelt wurden um das ganze sofort ohne Zustimmung der Aktionäre durchzuziehen.

  • 'Mit der Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, „erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht pleitegehen darf“, kritisierte er.'

    Kann doch einfach so weiter gehen. Bis wir nur noch eine Bank haben und diese alle zwei-drei Jahre von allen Steuerzahlern weltweit Geld einsammelt, damit die armen Eigner nicht am Hungertuch nagen müssen.

  • Eigentlich müssten Habeck, Lindner und Vorstände deutscher Banken, was die desolate Lage des weltweiten unregulierten Bankensystems angeht, von Wirtschaftsjournalisten ins Kreuzverhör genommen werden.

    Doch das geschieht nicht. Weil sich kaum ein Journalist gut genug in den Untiefen des Finanzwesens auskennt?

    Die Politik (SPD) wiegelt gerade ab, die Credite Suisse sei ein Sonderfall.

    Doch was hat es mit den Problemen bei Repro-Krediten, Swap-Krediten und Derivaten bei der Credite Suisse genau auf sich? Das hat bisher niemand beantwortet.



    Wer leuchtet in das damit verbundende Dunkel in der Bilanz der Großbank? Warum versagten alle Kontrollstrukturen bei der Bank und beim Schweizer Staat, der EU?



    Und was hat damit die Politik der BRD, EU und auch der EZB zu tun?



    Fragen über Fragen, wie beim letzten Crash. Politik, Banken und Investoren (auch Bürger) scheinen nichts gelernt zu haben.

  • Ja, es wird wirklich Zeit für eine Finanzmarktreform, zB. durch die Durchsetzung von Trennbankensystemen. Damit kann man auch das ganze "Too big to fail"-Problem vermeiden oder zumindest signifikant abschwächen. Denn das ist nichts als eine Einladung, unverhältnismässige Risiken einzugehen - "wir werden eh gerettet" (selber gehört von einem Kadermann, allerdings von der UBS, was es nicht besser macht).



    Aber eben, ich denke nicht, dass sich etwas Grundlegendes ändern wird. Der letzte Versuch einer Regulierung war kurz nach der Lehmann-Pleite und hat genau zu dem Schlamassel geführt, den wir heute haben mit noch mehr potenziellem Steuergeld für eine gierige Bankster-Klasse. "Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren", das war schon immer das Credo der bürgerlichen Mehrheit in den Schweizer Parlamenten.

  • Rettung für 209 Mrd wäre die bessere, bzw. korrekte Schlagzeile gewesen.

    • @Tom Farmer:

      Wenn Sie schon mit solchen phantastischen Zahlen jonglieren, sollten Sie wenigstens Belege angeben!

      • @felixul:

        Pressekonferenz gestern Abend und heute in allen Wirtschaftsblättern, wobei die 100 Mrd von letzter Woche für die CS nicht mehr genannt werden.



        Also 100 Mrd letzte Woche für CS, 100 Mrd gestern Liquiditätshilfe für UBS plus 9 Mrd Gewinnausfallgarantie für UBS.



        Die 3 Mrd war nur der Kaufpreis!!! Das Rettungspaket die Rettung!

        • @Tom Farmer:

          Darlehen von 100 Milliarden Franken

          Die Schweizerische Nationalbank (SNB) unterstützt den Deal der beiden größten Schweizer Banken mit Liquiditätshilfen und gewährt den Banken ein Darlehen von insgesamt bis zu 100 Milliarden Franken.

          Zusätzlich sicherte der Bundesrat - also die Schweizer Regierung - der UBS eine Garantie von neun Milliarden Franken zu. Die Regierung bedaure es, dass die Credit Suisse nicht in der Lage gewesen sei, die Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu meistern, sagte Finanzministerin Karin Keller-Suter. (tagesschau.de)