U-Bahn-Ausbau in Berlin: SPD goes underground
Im Koalitionsvertrag steht: kein Weiterbau der U-Bahn, basta. Die Sozialdemokraten wollen sich damit nicht zufriedengeben.
Kaum endet der politische Leerlauf der Sommerpause, startet die SPD durch – und dreht ihr eigenes Ding: Die Abgeordneten Tino Schopf, Daniel Bucholz und Jörg Stroedter luden die Presse am Donnerstag in den fast fertiggestellen Bahnhof Rotes Rathaus, um vor dieser Aufbruchskulisse den weiteren Ausbau des Berliner U-Bahn-Netzes zu fordern.
„Wir wollen mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene holen, sagte Schopf als verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion, und sein für Umwelt zuständiger Genosse Buchholz formulierte: „Eigentlich stehen alle Ampeln auf grün, wir müssen bei der Planung jetzt nur auf den Turboschalter drücken.“ Laut Stroedter hat Berlin heFür einen Euro quer durch die Stadtute im Übrigen „kein Geldproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“.
An drei Stellen will das Trio den Spaten ansetzen: Die U8 soll ins Märkische Viertel verlängert werden, die U2 bis zur neuen Station „Pankow Kirche“. Die U3 schließlich bekäme ein gerade mal 600 Meter langes und 40 Millionen teures „Stummelchen“ (Buchholz) für den Lückenschluss von der heutigen Endhaltstelle Krumme Lanke bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz.
Alles Projekte, so die drei, die sich verkehrstechnisch lohnten, bei zügiger Planung vielleicht schon in zehn Jahren fertig sein könnten und darüber hinaus ziemlich günstig zu haben seien. Die grob geschätzt 400 Millionen Euro Kosten ließen sich bei geschickter Nutzung von Förderlinien zu 60 Prozent auf den Bund abwälzen.
Nur märkischer Sand
„Das ist nur märkischer Sand, der da bewegt werden muss“, erklärte Daniel Buchholz den Vorteil bei der in einem offenen Graben geführten U3 – mit den extrem kostspieligen Bauverfahren, wie sie beim Lückenschluss der U5 unter der Spree zum Einsatz kamen, habe das nichts zu tun. Und der Reinickendorfer Stroedter erinnerte daran, dass die Bewohner des Märkischen Viertels seit 40 Jahren auf den oft versprochenen U-Bahn-Anschluss warteten, für den sogar schon ein beträchtliches Stück Tunnel als Vorleistung im Boden liegt: „Geht nicht“, findet Stroedter.
Das Problem der drei Sozialdemokraten lautet: Im Koalitionsvertrag steht, dass in der laufenden Legislaturperiode auch nicht ein neuer Meter U-Bahn geplant werden soll. Um sich an dem Ausbau-Antrag zu beteiligen, den die SPD ins Parlament einbringen will, müssten sich Grüne und Linke also erst einmal eines Besseren besinnen – und von dem Ortstermin im Untergrund wussten sie schon mal nichts.
„Wenn die SPD uns ins Boot holen will, ist es geschickter, mit uns zu sprechen“, kommentierte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Harald Moritz, den Vorstoß gegenüber der taz. Er sei ja bereit, über alles zu reden, aber: „Wir müssen Prioritäten setzen.“ Der Tram-Ausbau benötige PlanerInnen, da klemme es schon jetzt. „Wenn wir diese Kapazitäten in die U-Bahn stecken, gefährden wir den Koalitionsvertrag.“ Einen Ausbau halte er „aus jetziger Sicht auch in der kommenden Legislaturperiode nicht für vordringlich“.
Lob für die Sozis dagegen von der CDU: „Wir freuen uns, wenn zumindest die SPD endlich umschwenkt“, teilte der verkehrspolitische Fraktionssprecher Oliver Friederici mit. Und sein FDP-Kollege Henner Schmidt will am liebsten sowieso alle Trams in den Untergrund verlegen: „In der verdichteten Innenstadt ist die Straßenbahn kein geeignetes Verkehrsmittel“, so Schmidt, „die Verkehrsströme lassen sich dort auf Dauer nur mit der U-Bahn bewältigen.“
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