piwik no script img

Türkischer Einmarsch in SyrienErdoğan lehnt Waffenruhe ab

Bis alle Kurdenkämpfer aus der Region vertrieben sind: Der türkische Präsident will den militärischen Vormarsch in Nordsyrien fortsetzen.

Türkische Panzer in der Nähe von Manbidsch Foto: DHA via ap

Istanbul afp | Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat der US-Forderung nach einer Waffenruhe mit den Kurden in Nordsyrien eine Absage erteilt. Die Türkei könne keine Waffenruhe ausrufen, bevor die „Terrororganisation“ aus dem Grenzgebiet vertrieben sei, sagte Erdoğan laut der türkischen Zeitung Hürriyet am Dienstag bei einer Reise. Erdoğan äußerte sich kurz vor einem Besuch von US-Vizepräsident Mike Pence und Außenminister Mike Pompeo in Ankara.

„Sie drängen uns, die Operation zu stoppen“, sagte Erdoğan laut Hürriyet bei seinem Rückflug von einem Aserbaidschan-Besuch. Das sei aber nicht möglich, solange die Kurdenkämpfer noch in der Region seien. „Wir haben ein klares Ziel. Die Sanktionen bereiten uns keine Sorgen.“

Die US-Regierung hatte am Montag Sanktionen gegen die türkische Regierung verhängt. US-Präsident Donald Trump hat wiederholt ein Ende der türkischen Militäroffensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien und eine Waffenstillstand gefordert.

Trumps Vize Pence und Außenminister Pompeo reisen am Mittwoch in die Türkei. Ein Treffen mit Erdoğan ist nach Angaben des Weißen Hauses für Donnerstag in Ankara geplant. Pence soll dem türkischen Präsidenten nach US-Angaben nochmals deutlich machen, dass die USA an Strafmaßnahmen gegen Ankara festhalten, bis eine Lösung in dem Konflikt gefunden wird.

USA wollen SDF weiter unterstützen

Der Vizepräsident soll bei seiner Türkei-Reise auch von Trumps Nationalem Sicherheitsberater Robert O'Brien und vom US-Gesandten für Syrien, James Jeffrey, begleitet werden.

Trump hatte mit dem Abzug von US-Soldaten aus der Region selbst den Weg für die türkische Offensive frei gemacht. Der Abzug wurde von den Kurden als Verrat empfunden, nachdem sie jahrelang mit den USA gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft hatten.

Ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums sagte nun, die USA wollten die von den Kurden angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte weiter im Kampf gegen den IS unterstützen. Es werde Gespräche darüber geben, welche „Fähigkeiten“ die USA beisteuern könnten. Die USA gingen davon aus, die „sehr stabilen Beziehungen“ zwischen den Syrischen Demokratischen Kräften und dem US-Militär bewahren zu können.

Zuletzt sind in dem Konflikt syrische Truppen in die Kurdengebiete einmarschiert – ein wichtiger Wendepunkt in dem mehr als achtjährigen Bürgerkrieg in Syrien. Die Soldaten von Machthaber Baschar al-Assad hatten sich 2012 aus der Region weitgehend zurückgezogen und zugelassen, dass die Kurden eine eigene Verwaltung aufbauten. Nun erreichten die Regierungstruppen die Stadt Manbidsch.

Erdoğan sagte laut Hürriyet, dies sei für die Türkei nicht „sehr negativ“. „Es ist ihr Territorium.“ Wichtig sei, dass die Kurden die Region verließen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Die Logik ist schwer zu verstehen. Selbst wenn es gelingt, die "Terrororganisation" aus der "Sicherheitszone" zu verdrängen, so grenzt sie danach doch wieder an die Zone der Eigeninteressen.

    Die Logik ist leicht zu verstehen. Das Volk steht wohl recht geschlossen dahinter und die Sanktionen sind wirkungslos.

    Die Logik der Welt ist ist schwer zu verstehen. Wenn der Iran eine Sicherheitszone im Irak besetzen würde, würden längst Kampftruppen in Stellung gehen.

    • @fly:

      "Die Logik der Welt ist ist schwer zu verstehen."



      Nicht unbedingt. Noch vor wenigen Jahren hätte man gesagt "He's an asshole but he's our asshole" (und deshalb greifen wir nicht ein). Heute, in Zeiten des Hypermoralismus, muss man sich komplizierte scheinheilige Argumentationen ausdenken, um zu begründen, warum man nicht eingreift.

  • Der Deal bahnt sich an: Assads Truppen schaffen, unterstüzt von Russland, die gewünschte Pufferzone - die kurdische Selbstverwaltung wird abgeschafft. Dann werden da syrisch-arabische Flüchtlinge angesiedelt. Bevölkerungsaustausch betreibt Assad ja bereits im eigenen Land durch Enteignungen Geflohener - da hat er ja Sadam Hussein in Irak als Vorbild. Und in Europa wird man allem, klammheimlich, zustimmen, hauptsache es droht kein Anstieg der syrischen Flüchtlingszahlen. Das nennt mann dann Realpolitik........