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Türkische Soldaten in Syrien getötetErst IS, dann Regierungstruppen

Im Norden Syriens sind drei türkische Soldaten getötet und mehrere verletzt worden. Die Türkei macht syrische Luftangriffe dafür verantwortlich.

Militär an der Grenze: Die Türkei geht in Syrien sowohl gegen den IS als auch gegen die Kurden vor Foto: reuters

Istanbul afp/rtr/dpa | Bei einem Angriff im Norden Syriens sind in der Nacht zum Donnerstag drei türkische Soldaten getötet und mehrere weitere verletzt worden. Die türkische Armee machte am Donnerstagmorgen syrische Regierungstruppen für den Vorfall verantwortlich. Zunächst hatte die türkische Nachrichtenagentur Dogan berichtet, es habe sich um einen Angriff der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) gehandelt. Die Armee sprach von zehn Verletzten, in dem Dogan-Bericht wurde die Zahl der Verletzten zuvor mit sieben angegeben.

Der Angriff ereignete sich in der Region al-Bab. Der Angriff habe sich in der Nacht ereignet und stehe im Zusammenhang mit der Offensive türkischer Truppen und syrischer Rebellen gegen die Extremistenmiliz IS. Dogan zufolge wurden die Verletzten in die Türkei geflogen und in der südlichen Grenzregion Gaziantep ins Krankenhaus gebracht.

Es war das erste Mal seit dem Beginn eines türkischen Militäreinsatzes auf syrischem Gebiet am 24. August, dass die Türkei syrische Regierungstruppen für einen Angriff auf türkische Soldaten verantwortlich machten. Sollten die Türken tatsächlich infolge eines syrischen Luftangriffs gestorben sein, wäre dies ein beispielloser Zwischenfall bei dem seit August dauernden Einsatz.

Vielleicht auch doch IS

Der türkische Ministerpräsident Binali Yıldırım kündigte Vergeltung an. „Diese Angriffe werden ganz bestimmt heimgezahlt werden“, sagte Yıldırım am Donnerstag in Ankara.

Während die türkischen Streitkräfte weiterhin von einem Angriff der syrischen Luftwaffe ausgehen, erklärte die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sei für den Angriff verantwortlich gewesen.

Die Menschenrechtler sitzen in England, beziehen ihre Informationen jedoch von einem Netz von Informanten in Syrien. Ihre Angaben gelten als recht zuverlässig. Die syrische Luftwaffe fliegt normalerweise Angriffe nur in anderen Teilen des Bürgerkriegslandes. Die türkische Armee ist mit von ihr unterstützten sunnitischen Milizen seit August in Kämpfe in Nordsyrien involviert.

Die Türkei will mit der Offensive nicht nur IS-Kämpfer, sondern auch die syrische Kurdenmiliz YPG von ihrer Grenze vertreiben. Die von der Türkei unterstützten Rebellen sind inzwischen bis auf wenige Kilometer auf die vom IS kontrollierte Stadt al-Bab vorgerückt.

Die Türkei unterstützt seit Ende August in der Region protürkische syrische Aufständische im Kampf gegen den IS. Hunderte türkische Soldaten sind an dem Einsatz beteiligt, zudem Panzer und Luftunterstützung.

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4 Kommentare

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  • Die Kurden kämpfen gegen den IS, haben eine halbherzige Unterstützung der USA, eine vollherzige aber weniger wirkungsvolle Unterstützung Deutschlands, halten sich von der syrischen Regierung fern und werden von de Türkei angegriffen. Dazu gibt es verschiedene kurdische Gruppen und auch verschiedene Gruppen des IS, die teils recht unterschiedliche Allianzen eingehen. Also z.B. eine Gruppe des IS, die mit Erdogan kooperiert und eine andere, die Erdogan bekämpft. Genauso gibt es eine kurdische Gruppe im Irak, die Erdogan folgt und eine Gruppe, die ihn bekämpft.

    Wenn also die syrische Regierung sagt, dass sie die Türkei, die in Syrien einmarschiert ist, nicht angegriffen hat, so kann dies bedeuten, dass

    a) sie es wirklich nicht war

    b) sie die türkischen Truppen loswerden aber offiziell nicht dazu stehen will

    Wenn Erdogan der Assad vorwirft, die sich illegal in Syrien aufhaltenden Truppen anzugreifen, so ist wahrscheinlich, dass Erdogan einen Grund sucht, stärker in Syrien einzugreifen. Er hat den Willen zur Expansion deutlich gemacht.

    Die Kurden werden damit in einem Staat vereint. Kurzfristig bedeutet das für die Kurden leider noch mehr Unterdrückung. Langfristig steigt damit jedoch der kurdische Einfluss in der Türkei und damit die Chance auf echte Autonomie.

    Unverständlich erscheint mir jedoch, wieso wir einen Diktator, der so klar in Richtung nicht nur interner Diktatur sondern auch regionalem Krieg geht, so sehr gewähren lassen. Auf Spiegel Online verdreht Christiane Hoffmann die Fakten und meint, dass selbst der zaghafte Vorstoß des europäischen Parlamentes zumindest die Beitrittsgespräche "einzufrieren", der Demokratie in der Türkei schaden würde. Aus unserer Geschichte müssten wir doch wissen, dass Streicheln bei einem so aggressiv vorgehenden Diktator nicht hilft. Aber da scheinen die politischen Scheuklappen zu wirken, die nur in Putin den Bösen sehen wollen, obwohl ihm Erdogan schon lange den Rang abgelaufen hat.

  • was haben türkische Soldaten überhaupt auf syrischem Hoheitsgebiet zu suchen?

    • @Heimatverbundener:

      sie bekämpfen die terrormiliz Daesh....was assad und seine russischen verbündeten tunlichst vermeiden. hätte der diktator nicht sein eigenes volk im visier müßte nicht der rest der welt die folgen seiner unbarmherzigen machterhaltung bekämpfen

  • Wer hat im September eigentlich das Krankenhaus in Aleppo bombardiert? Zuerst große Empörung und dann? Interessiert das noch jemanden?

    Die Verhältnisse in Syrien sind für Nichtsyrer und Nichtdaranverdiener einfach nicht zu verstehen. Wer ist der Böse und wer der Gute? Auf alle Fälle haben Türken, Russen, Amerikaner und diverse andere Zündler dort nichts zu suchen.