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Türkei beantragt PatriotsEin paar Raketenwerfer gegen Assad

Die Türkei hat die Nato um Patriot-Raketen für die syrische Grenze gebeten. Falls diese aus Deutschland kommen, wird der Bundestag zustimmen müssen.

So wird es wohl bald an der türkisch-syrischen Grenze aussehen: Patriot-Raketenwerfer. Bild: dapd

BRÜSSEL afp/dpa | Die Türkei hat bei der NATO formell die Stationierung von Patriot-Raketenwerfer an der Grenze zu Syrien beantragt. Dies teilte am Mittwoch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen mit.

Zuvor hatte Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) nach einer rechtlichen Prüfung dafür ausgesprochen, den Bundestag über die Entsendung von „Patriot“-Raketenabwehrstaffeln abstimmen zu lassen – damit soll der Nato-Partner Türkei vor syrischen Luftangriffen geschützt werden. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte, dass das Parlament in die Entscheidung eingebunden werde. „Das ist das Wesen unserer Parlamentsarmee“, sagte sie in der Generaldebatte im Bundestag.

Eine Entscheidung des Parlaments über die „Patriot“-Mission ist noch vor Weihnachten möglich. Eine breite Mehrheit dürfte sicher sein. Neben den Koalitionsfraktionen hat auch die SPD grundsätzliche Unterstützung signalisiert. In der Bevölkerung sind die Befürworter des Einsatzes dagegen klar in der Minderheit. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov sprachen sich 58 Prozent gegen die Entsendung der „Patriots“ aus, nur 31 Prozent der gut 1.000 Befragten halten eine solche Mission dagegen für richtig.

Deutschland, die USA und die Niederlande sind die einzigen Nato-Staaten, die über „Patriots“ verfügen. Wieviele deutsche Staffeln mit jeweils mindestens 85 Soldaten eingesetzt werden, ist noch unklar. Im Gespräch sind ein bis zwei.

Die Opposition im Bundestag hatte sich in den vergangenen Tagen beklagt, dass sie unzureichend über die Einsatzpläne informiert worden sei. In einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses stand de Maizière am Mittwoch nun den Fachpolitikern Rede und Antwort. Er bekräftigte, dass es sich um einen rein defensiven, vorsorglichen Einsatz handeln werde. Das werde sowohl in der türkischen Anfrage als auch in der deutschen Antwort darauf festgeschrieben. Damit trat der Minister Befürchtungen entgegen, die „Patriot“-Raketen könnten letztlich auch für die Durchsetzung einer Flugverbotszone in Syrien genutzt werden.

SPD dafür, Grüne und Linke skeptisch

Die Entsendung von zusätzlichen Awacs-Aufklärungsflugzeugen in die Türkei schloss de Maizière ebenfalls aus. „Eine zusätzliche Verlegung von Awacs in dieses Gebiet ... ist nicht beabsichtigt und wird auch nicht Gegenstand der Anfrage sein.“ Allerdings machte der Minister auch klar, dass Awacs-Maschinen, die ohnehin in der Region seien, selbstverständlich genutzt werden könnten.

Die Koalitionsvertreter im Ausschuss stellten sich klar hinter die Regierungspläne. „Wir sind hier auf der Seite des Bündnisses, wir sind auf der Seite der Bundesregierung“, sagte FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff. Ihr Unions-Kollege Ernst-Reinhardt Beck sagte, er rechne mit einer breiten Zustimmung. Die SPD sandte bereits positive Signale aus. Ihr Verteidigungsexperte Rainer Arnold betonte am Mittwoch die Bedeutung der Bündnissolidarität.

Die Grünen monierten, dass viele Fragen wie die Anzahl der Soldaten und die Stationierungsorte noch nicht geklärt seien. „Ich bleibe hoch skeptisch, wir werden uns das sehr genau anschauen“, sagte ihr verteidigungspolitischer Sprecher Omid Nouripour. Die Linke lehnt den Einsatz ab. „Die Verlegung von Patriot-Systemen an die türkisch-syrische Grenze ist zunächst einmal eine gefährliche Symbolhandlung, mit der auf eine gefühlte Bedrohungslage reagiert werden soll„, sagte Verteidigungsexperte Paul Schäfer. Damit werde die Türkei ermutigt, an der Grenze zu Syrien noch offensiver vorzugehen, und Deutschland verliere seine Rolle bei der Suche nach einer politischen Verhandlungslösung.

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9 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @harald

     

    Nun bis jetzt waren ausschliesslich TÜRKISCHE FLUGZEUGE im Luftraum von Syrien und nicht umgekehert. Aus diesem Grund wäre die Stationierung der modernsten russischen Luftabwehrsystemen in Syrien nähe zur Grenze von Türkei logischer und zweckmäßiger. Deutschland soolte nicht in den neokolonialistischen Krieg von Frankreich, England, und US eingezogen werden. Die Türkei gehört sowieso nicht zu Europe (bitte, Sie sollten nur einen Blick auf die Karte werfen).

     

    @myers

     

    In Aleppo ist das grösste Problem der Terroristen, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die Nase mit den Terroristen (pardon, "Freihetskämpfer") voll hat, und will keinerleie "Befreiung".

  • P
    Pink

    Syrien gewann in 20 Monaten keinen Bürgerkrieg.

    Entschuldigung liebe Säbelrassler, wenn das die Wahrheit zu sein scheint.

    Nach Art. 5 des Nordatlantikpaktes so genehm ?

     

    Bundeswehr mit solch riskanten Optionen ?

    Wurde mit den Bündnispartnern schon über Ersatzmodalitäten verhandelt ?

     

    Da will ich JEDE Partei in Berlin gehört haben !

  • G
    gustav

    Die Stationierung

    der Patriot-Raketen in der Türkei sollte

    nur erlaubt werden, wenn jegliche

    Militärspionage an dem System zu Gunsten

    Chinas, Iran der Türkei und Co unterbunden werden kann

    und die Gefahr wirklich virulent ist!!!!

     

    Erdogan soll mit der jeweils geforderten

    Sicherheit rechnen dürfen.

    Aber ein Kidnapping dieser Anlagen muss

    ausgeschlossen sein.

    Und Erdogan darf nicht ein Säbelrasseln

    einläuten!!!! Nicht auf unsere Kosten!

  • PM
    Peter Meisel

    Wozu könnte das sinnvoll sein? Jetzt plötzlich die immer geschmähte privilegierte Partnerschaft doch zu gewähren? Zur Abwehr syrischer Flüchtlinge oder tieffliegenden Kurden?

    Sie könnten auch als Flugsicherung der Überflugrechte befreundeter Staaten in den Iran dienen? Es handelte sich dann lediglich um die Sicherung der präemtiven Selbstverteidigung.

    Den Diskurs um Gaza empfinde ich deshalb als eine vorbeugende Räumung von gefährlichen Landminen. Honi soit, qui mal y pense !

  • S
    seppu

    Die Überschrift könnte auch lauten:

    ein paar Mettbrötchen für die TAZ-Redaktion!

  • M
    messerjokel

    Tja, wer A sagt sollte auch B sagen!

    Die Türkei ist wie auch Deutschland in der Nato.

    Deutschland ist Rüstungsexportteur Nr. 3 in der Welt, nach USA und Russland.

    Das deutsche Parlament kann gar nicht anders als einem Einsatz zuzustimmen, wie auch immer der aussehen mag.

    Alternativ könnte man aber auch beschließen aus der Nato auszutreten und alle Waffenexporte einzustellen.

    Das wäre dann wenistens konsequent.

  • JJ
    Jared J. Myers

    Welchen Sinn sollte ein Flugkörperabwehrsystem an der syrischen Grenze haben? Wie Mitkommentator Harald schon bemerkt hat, wird die Türkei ja jeden Tag von ganzen Bomberschwadronen und Mittelstreckenraketen aus Syrien heimgesucht!?

     

    Das System macht genau dann Sinn, wenn syrische Flugzeuge über Syrien beschossen werden sollen, um Assads Lufthoheit zu knacken und damit den Rebellen in den "befreiten Zonen" nördlich Aleppos, vielleicht auch in Aleppo selber, zu helfen. Damit ließe sich ein Szenario ähnlich Libyen schaffen: Aleppo käme darin eine Rolle analog Bengasi in Libyen zu.

     

    Warum werden gerade deutsche Patriot's geschickt und nicht US- oder niederländische? Das bleibt abzuwarten. Vielleicht will man ja durch den Angriff eines "syrischen" Flugzeuges auf Patriot-Stellungen die hiesige "Volksseele" kampfesfroh stimmen??

  • B
    bull

    Hier ist wohl totale Unwissenheit verbreitet.Wen wundert es wnn man sich die Fersehprogramme und die Zeitungen mal richtig zu Gemüte führt.

  • H
    Harald

    Patriot Raketen für die Türkei: Eine sinnvolle Investition in die Zukunft.

     

    Seit Jahren wird die türkische Grenzregion von syrischen Raketen aller Art getroffen, die ausschließlich auf Wohngebiete und zivile Einrichtungen wie Schulen, abgefeuert werden.

     

    Syrien beging eine Unzahl von Bombenanschlägen in der Türkei, vor allem in Bussen oder Haltestellen.

     

    Das Regierungsprogramm Assads besagt, daß die Türkei syrisches Erbland sei, daß die Türken dem syrischen Volk, völkerrechtswidrig, gestohlen habe.

     

    Allein diese unwiderlegbaren Tatsachen müssen jeden Bundestagsabgeordneten überzeugen, im Namen von Frieden & Menschlichkeit, dem wunderbarsten Führer aller Zeiten, Erdogan Pascha, mit Waffen zu versorgen.

     

    Auch dahingehend, Erdogan in die Lage zu versetzen, andere "terroristische Staaten, deren Taten Terroranschläge sind" (gemeint ist Israel), mit Strenge zu begegnen.

     

    Erdogan: "Diejenigen, die den Islam mit Terrorismus verbinden, schließen ihre Augen angesichts der Massentötung von Muslimen, verschließen ihre Augen vor dem Massaker an Kindern in Gaza"

     

    Die sinnvolle Verwendung des Patriot Systems ist also gewährleistet. Nicht wahr, liebe Friedensfreunde?