Türkei-Referendum in Österreich: Erdoğan-Netzwerk hilft zum Sieg
Die vielen Ja-Stimmen sollen durch Manipulation erzielt worden sein. Der türkische Geheimdienst MIT spielte wohl eine große Rolle.
Auffällig sei vor allem eins, so Pilz: „Das Erdoğan-Regime hat dort gewonnen, wo es sich auf ein starkes, zentral aus Ankara gesteuertes Netzwerk verlassen konnte.“ Das Erdoğan-Netzwerk habe die Aufgabe gehabt, „für das Referendum Ja-Sager in Autobussen zu den Generalkonsulaten zu karren“. Über potenzielle Nein-Sager seien längst vor Ort Informationen gesammelt und nach Ankara weitergeleitet worden. So sei es dem MIT und der türkischen Polizei möglich gewesen, diese Leute einzuschüchtern und von der Stimmabgabe abzuschrecken.
Fotos und Filmaufnahmen belegen, wie Busse, voll mit Pro-Erdoğan-Propaganda, zu den Konsulaten fuhren. Gezielte Einschüchterungen sind von Betroffenen protokolliert worden. Die Bespitzelung habe auch schon zu Festnahmen an türkischen Flughäfen geführt. Dort würden MIT-Agenten – ausgerüstet mit Fotos und Dossiers – noch vor der Passkontrolle auf manche Reisende warten. Pilz mutmaßt, dass Landsleute in Stasi-Art als informelle Mitarbeiter missbraucht werden.
Der Geheimdienst MIT, der früher von den Militärs kontrolliert wurde und vor einigen Jahren von AKP-Kadern übernommen wurde, operiert von München aus. An der Botschaft in Wien werde er, so Pilz, von einem MIT-Residenten mit zwei Mitarbeitern geleitet.
Pilz wirft Innenminister Wolfgang Sobotka vor, Vorwürfen von Einschüchterung und Spitzeltätigkeit nicht nachzugehen. In Deutschland würde in solchen Fällen ermittelt. Sobotka hat auf das Wahlergebnis auf seine Art reagiert. Er will überprüfen, wie viele der stimmberechtigten Türken gleichzeitig einen österreichischen Pass besitzen. Doppelstaatsbürgerschaft ist – mit Ausnahmen – in Österreich verboten und führt zum Verlust des österreichischen Passes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Donald Trump wählt seine Mannschaft
Das Kabinett des Grauens
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist