Trumps Tweets: Der stolpert nicht
Donald Trump beleidigt eine Moderatorin. Die Empörung ist groß. Doch wer glaubt, dass der US-Präsident über seine Tweets stürzen könnte, ist naiv.
E s war im Frühherbst 2016, als ein Video öffentlich wurde, in dem ein Präsidentschaftskandidat darüber redete, dass er sich bei Frauen alles erlauben könne. „Grab them by the pussy“ und so.
Viele BeobachterInnen waren sich anschließend einig: Der wird’s nicht. Es war eine Mischung aus Überzeugung und Hoffnung.
Ein paar Wochen später wurde Donald Trump zum Präsidenten gewählt.
Und seitdem mischen sich immer wieder Überzeugung und Hoffnung, dass der Spuk nun bald vorbei sei. Texte mit den Sätzen „Republikaner wenden sich von Trump ab“ oder „… lassen Trump fallen“ finden sich seit Oktober auf unzähligen Nachrichtenseiten. Indizien werden zusammengeklaubt, Umfrageergebnisse zitiert. Der Tenor – zumindest in Deutschland – ist immer der gleiche: Dieser Präsident ist am Ende. Warum? Weil einer, der so was macht, doch am Ende sein muss. Oder?
Dabei müsste spätestens seit dem „Pussy“-Moment und der Folgenlosigkeit klar sein: Dieser Mann wird nicht über einen Tweet oder eine Beleidigung oder seine Verachtung gegenüber Frauen, illegalen Einwanderern oder Menschen, die ihre Kinder impfen lassen, stolpern. Und wenn ihn prominente Republikaner fallen lassen – na und? Die haben ihn eh nie getragen.
Das Ziel: die eigene Basis stärken
Nein. Trump ist noch lange nicht am Ende – zumindest nicht wegen irgendwelcher Tweets. Daran ändert auch sein jüngster Furor gegen die MSNBC-ModeratorInnen Mika Brzezinski und Joe Scarborough von „Morning Joe“ nichts. Scarborough bezeichnete er schlicht als „verrückt“, Brzezinski als „strohdumm“ und ätzte, dass sie nach einer Schönheitsoperation im Gesicht „schlimm geblutet“ habe.
Wenn Trump JournalistInnen angreift, zumal vom Feindsender MSNBC, ist das nichts anderes als die Stärkung seiner eigenen Basis. Die ist zwar nicht groß genug, um aus sich heraus Wahlen zu gewinnen, aber er braucht sie, wenn er wieder so eine Welle entfachen will wie 2016, als er mit der frenetischen Unterstützung seiner AnhängerInnen einen Staat wie Michigan gewann, der jahrezehntelang in demokratischer Hand war.
Die ganzen Liberalen, die Demokraten, diese ganzen MSNBC-ZuschauerInnen kann er eh nicht für sich gewinnen.
Er muss seine eigenen Leute bei Laune halten, die er eigentlich in vielen Punkten schon enttäuscht haben müsste. Denn den vollmundig angekündigten Sanktionen gegen China folgte: nichts. Die große Gesundheitsreform: ist immer noch nicht durch. Und die vielen Kohlejobs: werden auch nicht entstehen.
Doch das alles lässt sich mit ein paar Beleidigungen gegen den vermeintlichen gemeinsamen Feind gut kaschieren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Pressefreiheit unter Netanjahu
Israels Regierung boykottiert Zeitung „Haaretz“