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Trumps Finanzhilfen für ArgentinienNur bei Milei-Sieg fließen Milliarden

Mit einer wenig verhüllten Drohung greift US-Präsident Trump in die argentinischen Kongresswahlen ein. Steht dahinter die Angst vor China?

Begrüßung mit Fingerzeig: US-Präsident Donald Trump empfängt den argentinischen Präsidenten Javier Milei im Weißen Haus

Buenos Aires taz | Die US-Finanzhilfe für Javier Milei habe nichts mit den argentinischen Kongresswahlen am 26. Oktober zu tun, erklärte US-Präsident Donald Trump am Dienstag. Das war gleich zu Beginn seines Treffens mit dem libertären Präsidenten des südamerikanischen Landes im Weißen Haus. Glaubwürdig blieb es nicht lange.

Denn kurz danach folgten zwei Trumpsche Paukenschläge: „Wenn Milei verliert, werden wir gegenüber Argentinien nicht großzügig sein“, sagte er. „Wir werden mit Milei zusammenarbeiten, weil wir glauben, dass er die Wahl gewinnen sollte. Wenn er nicht gewinnt, werden wir unsere Zeit nicht verschwenden.“

Die aufgeschreckten Spekulanten am Finanzmarkt reagierten sofort. Noch während das Treffen andauerte, brachen die Aktien argentinischer Unternehmen und Staatsanleihen um bis zu 8 Prozent ein, und der US-Dollar stieg gegenüber dem Peso. Nur eine Woche zuvor hatte genau das Gegenteil statt gefunden, nachdem US-Finanzminister Scott Bessent Finanzhilfen in Milliardenhöhe für Argentinien und den Kauf von Pesos verkündigt hatte.

„Was am 9. Oktober passiert ist, ist in der Geschichte Argentiniens beispiellos“, kommentierte die Kongressabgeordnete Julia Strada. Das US-Finanzministerium hatte über drei Privatbanken Dollar auf dem lokalen Markt verkauft, dabei die argentinische Zentralbank umgangen und somit in den Wechselkurs eingegriffen. „Das US-Finanzministerium hat die Aufgaben der argentinischen Zentralbank übernommen. So etwas ist noch nie zuvor passiert, noch nie“, sagte die peronistische Politikerin.

Rettung in letzter Minute

Tatsächlich hatte die US-Regierung ihren einzigen Verbündeten auf dem südamerikanischen Kontinent vor dem finanziellen Zusammenbruch bewahrt. Die mögliche Niederlage der Regierung bei den Kongresswahlen hatte einen Run aus dem Peso in den Dollar ausgelöst, dem die Zentralbank mit ihren ohnehin schon knappen Dollarreserven kaum noch begegnen konnte. Am vergangenen Montag wären ihr wahrscheinlich die Dollar ausgegangen.

Trumps jüngste Äußerungen dürften Wasser auf die Wahlkampfmühlen der peronistischen Opposition sein. Die Begriffe „Ultimatum“ und „Erpressung“ machten schnell die Runde. „Argentinier … Ihr wisst jetzt, was zu tun ist!“, twitterte die ehemalige Präsidentin Cristina Kirchner aus ihrem Hausarrest, während die Regierungsdelegation in Washington versuchte, den Schaden zu begrenzen. Trump habe sich auf die Präsidentschaftswahlen 2027 bezogen, sagten sie.

Doch Trump selbst legte nach: „Ich hoffe, dass das argentinische Volk die gute Arbeit [von Milei] anerkennt und ihn bei den Zwischenwahlen unterstützen wird, damit wir Argentinien weiterhin dabei helfen können, sein unglaubliches Potenzial auszuschöpfen“, twitterte er wenig missverständlich.

„Statt wie angekündigt Devisenreserven anzulegen, haben Regierung und Zentralbank über 90 Milliarden Dollar in den Finanzmarkt gesteckt, sei es durch Kredite des Internationalen Währungsfonds oder anderer internationaler Organisationen oder anderer Quellen“, erklärt der Ökonom Hernán Letcher. Davon ist nur wenig übrig geblieben. „Jeder weiß, dass Mileis Wirtschafts- und Finanzmodell nicht nachhaltig ist“, sagt Letcher.

Angst vor China

Die US-Regierung verfolgt ein wichtigeres Ziel als die Rettung der argentinischen Regierung: den Einfluss Chinas in ihrem ehemaligen Hinterhof zurückzudrängen. Das Ausmaß des chinesischen Vormarsches wurde auch am 9. Oktober deutlich, als der chinesische Automobilhersteller BYD in der brasilianischen Küstenstadt Camacari seine größte Fabrik außerhalb Chinas eröffnete, die jährlich 600.000 Autos produzieren soll. Während die US-Regierung in Buenos Aires Pesos kauft, will China von Camacari aus ganz Lateinamerika mit Autos beliefern.

Aber die USA wollen aufholen und Argentinien könnte sprichwörtlich zu einem Brückenkopf werden, wie der geplante US-argentinische Marinestützpunkt in Ushuaia zeigt – er würde den USA als Tor zur Antarktis dienen. „Zugleich sind die USA daran interessiert, Zugang zu Lithium- und Uranvorkommen zu erhalten. Sie wollen chinesische Unternehmen verdrängen und stattdessen US-Unternehmen in Argentinien sehen“, erklärt die Abgeordnete Julia Strada. Außerdem wollten sie China daran hindern, ein Atomkraftwerk in Argentinien zu bauen.

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