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Trumps FeldzugHorrorclown gegen Diversität

Die US-Regierung setzt im Kampf gegen „Wokeness“ auch Unternehmen in Europa unter Druck. So macht Trump die Globalisierung zum Medium seines Diktats.

Das Konzept „Wandel durch Handel“ wird gerade neu definiert. Donald Trump, umgeben von „weißen“ Männern im Weißen Haus Foto: Alex Brandon/ap/dpa

V or zwei, drei Wochen – in der neuen Zeitrechnung des Ereignis-Stakkatos also vor einer gefühlten Ewigkeit – konnte man allerorts lesen: Die US-Regierung habe einen Anti-Wokeness-Feldzug gestartet. Das Thema wurde von der Flut der Neuigkeiten schon wieder weggeschwemmt – aber es ist es wert, noch mal innezuhalten. Kontra­zeitlich sozusagen. Nicht nur, weil das Innehalten selbst schon zu einem Akt des Sich-dagegen-Stemmens geworden ist, sondern auch, weil das Faktum selbst eine nochmalige Betrachtung wert ist.

Nicht nur Zölle sind ein zentrales Anliegen der Trump-Regierung, auch der Kampf gegen die „Wokeness“ – vor allem in ihrer teuflischen Gestalt des DEI: Diversity, Equity und Inclusion. Also das Bemühen um Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion bei Postenbesetzungen aller Art. Dies ist ein Kreuzzug weißer Männer. Geschenkt. Und er kommt einem Exorzismus gleich: Alles, was irgendwie an DEI erinnern könnte, soll gelöscht, getilgt werden.

Die Zeit hat berichtet, wie sich dies in den USA ausbreitet: von nationalen Militärfriedhöfen, die die Erwähnung der Kriegseinsätze von Schwarzen und Frauen von ihren Websites löschen, bis zu Schulen, die „Everyone is welcome“-Plakate entfernen.

Noch nachdrücklicher wirkt das in Unternehmen. Von großen Konzernen bis zu kleinen Zulieferern, von Staatsaufträgen bis zu privaten Firmen – alle sollen dazu gebracht werden, „illegale Diskriminierung und Bevorzugung einschließlich DEI“ zu beenden. Dazu gebracht bedeutet: Strafen und schwarze Listen für Firmen, die weiterhin „illegale Bevorzugung“ betreiben. Diversitätsumtriebe werden veröffentlicht, denunziert. All das ist erschreckend effektiv.

Druck auch auf europäische Firmen

Mittlerweile aber macht der US-Anti-Woke­nessfeldzug nicht mehr halt an den Grenzen des Landes. Die US-Regierung legt nun auch europäischen Firmen nahe, sich von Diversitätszielen zu verabschieden und zum Leistungsprinzip zurückzukehren. Solches hört man aus der Schweiz ebenso wie aus Deutschland, Frankreich, Belgien, Spanien oder Osteuropa.

Wobei nahelegen bedeutet, Druck machen auf Firmen mit Niederlassungen in den USA. Wie etwa Mercedes. Oder BMW, das die Motorräder der Polizei in Washington, D. C., liefert. Oder Pharmafirmen wie Roche oder Novartis. Wobei es des expliziten Drucks oft gar nicht mehr bedarf – der Gehorsam eilt ihm schon voraus.

Aber die Abkehr von Diversitätszielen bedeutet für europäische Firmen durchaus ein Dilemma. Denn damit verletzen sie europäische Antidiskriminierungsgesetze. An dieser Zwickmühle zeigt sich: Unternehmen werden zum Schauplatz der Auseinandersetzung der nunmehr widersprüchlichen Ordnungen Europas und der USA.

Man mag zum DEI und zum ganzen Woke-Komplex stehen, wie man will, aber man muss sehen, was da passiert. Nicht nur legen Unternehmen in Windeseile ihre DEI-Initiativen – die mehr ein Feigenblatt als ein Anliegen waren, als es noch opportun schien – einfach ab. Dies ist auch ein massiver und weitreichender Eingriff der Trump-Regierung in Europa.

Instrumentalisierung ökonomischer Verhältnisse

Das Konzept „Wandel durch Handel“ wird gerade neu definiert. In den 1960er Jahren gab es die Idee, die schwierigen politischen Verhältnisse des Kalten Kriegs durch Handelsbeziehungen zu transformieren. Also Politik durch Ökonomie umzuformen. Dem unterlag die alte Vorstellung des „sanften Handels“, der zivilisierend wirken soll. Das ideale liberale Credo: Wirtschaftliche Verflechtungen sollten die Gefahr einer militärischen Auseinandersetzung bannen.

Was Trump nun versucht, ist die exakte Verkehrung dieses Konzepts. Bestehende ökonomische Verhältnisse sollen politisch benutzt, instrumentalisiert werden. Unternehmen sollen von außen zu bestimmten gesellschaftspolitischen Maßnahmen gezwungen werden.

Für Trump wird die Globalisierung damit von einem Zweck zu einem Mittel: zum Transmissionsriemen für einen antiglobalistischen Nationalismus, zum Übertragungsmodus seiner gesellschaftlichen Vorstellungen, zum Medium seines Diktats. Trumps Nationalismus ist also abschottend und kolonisierend zugleich. In aller Widersprüchlichkeit.

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8 Kommentare

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    Die Moderation    

  • Und ich dachte, die USA gingen bei der Inklusion allen voran, weil da wirklich auch der grösste Idiot sogar Präsident werden kann...!??

  • Wieso lassen wir uns eigentlich von diesem Hamstertupet und seinen radikalen Evangelikalen so durchs Dorf treiben? Wir haben es noch nicht begriffen, aber wir sind auch wer.

    Der bairische Volksmund sagt nicht umsonst "Wir san doch niad auf da Brennsubbn dahergschwumma!"

  • Firmen sind immer schon opportunistisch. Das liegt im Wesen der Sache da sie nicht im luftleeren Raum operieren. Sie handeln immer in einem gegebenen politischen Umfeld, egal wie es aussieht und müssen dort Gewinne erzielen.



    Ab einer gewissen Größe haben sie die Möglichkeit auch Einfluss auf die Politik zu nehmen. Siehe Musk, Bayer, etc.



    Aber letztlich ist Wirtschaft ihr Subsystem in der Gesellschaft und nicht Politik.

  • Dann vielleicht doch einfach langfristige Reduzierung aller Beziehungen zu den USA um künftiges Erpressungspotential zu reduzieren?

  • Der Kern des Problems waren tatsächlich die vom Autor angesprochenen Feigenblatt-DEI-Initiativen. Es ist und bleibt falsch, Diversität aus den falschen Gründen und mit dem Mittel "positiver" Diskriminierung voranzutreiben. Und "zum Leistungsprinzip zurückzukehren" muss übrigens kein Widerspruch zu Diversität sein. Es gilt ja als erwiesen, dass Teams mit hoher Diversität leistungsfähiger sind als Monokulturen.

    • @Winnetaz:

      Ah, die Mähr von der positiven Diskriminierung - so weit waren wir noch lange nicht! Mensch musste es ja schon als Erfolg feiern wenn bei Beförderungen und Einstellung überhaupt Optionen in Betracht gezogen wurden, die nicht ein exakter Klon der zuständigen Person waren - das ist genau was den Trumpisten sauer aufstößt: in einem breiteren Wettbewerb zu stehen - der so fair immer noch nicht sein kann wenn man sich anschaut wie Frauen doppelt ranklotzen müssen um Karriere zu machen.

      Und selbst wenn das Management öfter mal nur aus Opportunismus zu den Programmen stand wurde viel erreicht, z.B. wenn LGBT-Netzwerke in den Firmen Leitfäden zum Umgang mit Trans Personen etabliert haben. Oder allein schon die Quervernetzung durch allerlei Mitarbeitendennetzwerke - plötzlich fließt Wissen aus den abgeschotteten Bereichssilos durch's ganze Unternehmen. Das ist es auch, was mir ein bisschen Zuversicht gibt: die Netzwerke wird auch die Trump nicht zerschneiden können. Dann machen wir DEI eben aus der Grassroot-Perspektive.

    • @Winnetaz:

      Inzwischen gilt als wissenschaftlich belegt, dass Teams nicht zu divers sein sollten.

      Dann funktioniert es auch nicht mehr.