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Trumps AmtsantrittEr lebt von Feindschaft

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Donald Trump versucht gar nicht erst zu verschleiern, wie er den Staat und die Gesellschaft umbauen will. Er hatte seine Pläne vorab verkündet.

Hier kommt die Quittung: Donald Trump auf dem Weg zu seiner Inauguration als 47. Präsident der Vereinigten Staaten im Capitol Foto: Kenny Holston/reuters

V or vier Jahren hatte es etwas Beruhigendes, den für europäische Augen ungewöhnlichen Pomp und Bombast US-amerikanischer Präsidentenvereidigungen miterleben zu dürfen. Vorausgegangen war mit dem Kapitolsturm vom 6. Januar 2021 ein heftiger Angriff auf die US-Demokratie. Da war der kitschige Patriotismus der Militärkapellen so etwas wie eine bildhafte Versicherung, dass die Leitplanken doch halten. Jetzt ist derjenige, der den Angriff zu verantworten hatte, an dem Ort vereidigt worden, an dem seine Anhänger damals skandierten, man möge den Vizepräsidenten hängen, weil der nicht bereit war, die Verfassung zu brechen.

Das Ritual, was vor vier Jahren zeigte, dass die Demokratie doch lebt, wirkt heute wie ihre Unterwerfung unter denjenigen, der sie abschaffen wollte. Dass Trump als allererstes über 1.500 derjenigen begnadigte, die seither für ihre Teilnahme am Kapitolsturm verurteilt wurden, passt dazu.

Trumps Agenda, tausendfach vorab verkündet und am ersten Tag mit einer Flut von Dekreten begonnen, ist die eines radikalen Umbaus. Sie ist eine Botschaft, die von Feindschaft lebt: Feindschaft zu allem linken oder „woken“ im Innern, Feindschaft zu schmarotzenden Alliierten, Feindschaft zu kriminellen Migrant*innen, Feindschaft gegenüber Faktencheckern und unabhängigen Medien, Feindschaft gegenüber Bürgerrechten und internationalen Verpflichtungen, Verachtung gegenüber Minderheiten.

Er umarmt niemanden

Die Botschaft ist wütend, egozentrisch, kurzsichtig und aggressiv. Aber sie umgibt sich mit den Insignien staatlichen und dem Kapital privater Macht der Tech-Milliardäre. Trump versucht gar nicht erst, eine Message für alle zu entwickeln, er umarmt niemanden. Er will vernichten, wer gegen, und belohnen, wer für ihn ist. Und er weiß, dass nichts so sehr zusammenschweißt wie gemeinsame Feinde. Das ist der Kern seiner Bewegung. Und dazu spielt America the beautiful.

Trump ist ausgestattet mit einem komfortablen Wahlsieg. Er wird getragen von einer gehirngewaschenen Basis, die Trumps Abschiebedekrete in Washingtons Capitol One Arena so ekelhaft feierte wie deutsche Dorffeste den Gigi-Song. Seine Helfershelfer bilden eine rückgratlose Kriecherorganisation, die früher einmal „Grand Old Party“ genannt wurde. Trump selbst hat in seiner Rede den 20. Januar 2025 zum „Tag der Befreiung“ erklärt.

Tatsächlich ist es der Tag der friedlichen Machtübergabe an jemanden, der diese Macht niemals hätte bekommen dürfen, spätestens nach dem Kapitalsturm nicht mehr. Aber die Institutionen waren schon korrumpiert, allen voran der Oberste Gerichtshof. Man hat ihn machen lassen. Die Quittung kommt jetzt.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. Bluesky: @berndpickert.bsky.social In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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10 Kommentare

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  • "...spätestens nach dem Kapitalsturm nicht mehr." Schöner Vertippser. Das Kapital hat Trump nicht erstürmt, es erstürmt gerade ihn :-P

    • @miri:

      Soll Trump uns jetzt erbarmen ?

  • Trump ist vor allem ein Geschäftsmann, er hat keine wirkliche politische Philosophie, er hat kaum politische Ideen, außer dass er meint, sein persönlicher Egoismus sei eine Heilslehre, davon profitiere am Ende eben jeder Amerikaner - ob er will oder nicht. Trump wird uns nun immer wieder überraschen und vieles von dem, was er will, wird er in Abgrenzung gegen andere machen. Da das auch ganze Staaten mit einschließt, wird das eine Gedultsaufgabe für europäische Regierungen werden, etwa Dänemark, ein Land, dass immer exzellente Beziehungen zu den USA unterhielt und das nun unter Druck steht, sich aus Grönland zurück zu ziehen und es kampflos und ohne Konditionen an die USA zu übergeben. Nun will Trump nicht Teile Bayerns haben, aber die neue Politik eines unpolitischen Trump macht mir Angst. Und das wahrscheinlich zu recht. Auf was soll denn noch Verlass sein, wenn das so weitergeht. Außerdem sind risikofreudige US-Präsidenten immer irgendwie weltpolitisch. Es wird sprichwörtlich die Welt verändern.

  • Wer glaubt, Faschismus käme immer noch im Gewand der Dreißigerjahre des letzten Jahrhunderts daher, irrt sich.



    Wie man ganz legal einen demokratischen in einen autoritären Staat umbaut, beschreibt M. Steinbeis vom Verfassungsblog in 'Die verwundbare Demokratie'.



    Zitat: "Wenn dieses Volk nicht als offener, rechtlich gestaltbarer und in demokratischen Verfahren immer neu reproduzierter Vorgang verstanden wird, sondern als ein Faktum, das allem Recht und aller Politik voraus liegt und naturhaft und homogen und mit sich selbst identisch in der Geschichte herumsteht – dann werden die Institutionen nicht mehr benötigt, um den Demos zu reproduzieren, sondern lassen sich zu Instrumenten des eigenen Machtgewinns bzw. -erhalts und der Ausgrenzung und Entrechtung aller möglichen vulnerablen Minderheiten umfunktionieren."



    Zur Lektüre empfohlen.

  • So desillisoniert habe ich Sie noch nicht schrei(b)en hören, Herr Pickert.

    • @LeKikerikrit:

      …anschließe mich

      “Donald Trump versucht gar nicht erst zu verschleiern, wie er den Staat und die Gesellschaft umbauen will. Er hatte seine Pläne vorab verkündet.“

      Schonn - der Betonbauer! Newahr - But.



      “Mein Kampf“ vom österreichischen -



      Anstreicher hatte einst ja auch niemand gelesen - gar erstgenommen! Gelle -

      Der letzteren immer so nannte - Joseph Roth -



      “Hitler hat das Antlitz einer banalen Meduse und einen panoptikalen Basiliskenblick. Wer ihn sieht, wählt ihn. Immer hat er Mehrheiten und niemals Qualität.“ - 💨drogge! Gelle



      unterm——-



      www.zitate7.de/autor/Joseph+Roth/



      ps: “Er hätte mal besser die 🪜 umgetreten!“



      Die Dame - die nur paar Häuser weiter wohnte.



      Tja - hat bei dem “rollenden 💨 auf der Gardinenstange“ - Volkers 👄 - leider auch gefehlt! Newahr



      &



      “In seiner letzten Schaffensphase nahm Roth, der seit 1933 aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten im französischen Exil leben musste, mit Romanen wie Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht (1936) oder Das falsche Gewicht (1937) die Fabel als Grundform des Erzählens wieder auf, wie er mit dem Österreichroman Die Kapuzinergruft aus dem Jahre 1938 an Radetzkymarsch anschloss.“

      So geht das

    • @LeKikerikrit:

      Dazu gibt es bei Trump auch Gründe genug.



      Und zu Musk: Es ist nicht nur der rechte Arm - seine Fratze sagt noch mehr über ihn aus.

  • Die deutsche und europäische Politik und Medienlandschfaft lebt leider auch zunehmend nur von Feindschaft, denn dass Trump und Musk und überhaupt die Rechten ganz, ganz schlimm sind und es sie eigentlich gar nicht geben dürfte, das ist so ziemlich das Einzige, auf das man sich einigen kann. Deshalb ist das auch so wichtig.

    Nur wenn man sich mal produktiv einig werden soll über das, was man tun soll, um die faktischen Probleme zu lösen, dann geht man sich wieder begeistert gegenseitig an die Gurgel und lähmt sich völlig. In der Feindschaft zu Trump kann man sich wenigstens einig sein, auch wenn man DAMIT nichts schafft.

    Von daher brauchen die aktuellen Linken und Demokraten Trump mehr als dieser sie braucht.

    Also, wie ist jetzt: Schulden machen oder nicht? Billiges Gas vom Arschloch im Osten kaufen oder teures Gas vom Arschloch im Westen? Kernenergie oder Sonnenenergie oder Windenergie? Stromspeicher oder mehr Leitungen? Krieg gegen Russland notfalls auch im Alleingang oder Verhandlungen? Das sind alles Fragen, die man besser nicht stellen mag, da wird man sich eh nicht einig, also einfach auf Trump schimpfen, das ist einfacher.

    • @Mustardman:

      Es ist doch klar, dass Musk für Technokratie steht und menschliche Schicksale dabei die geringste Rolle spielen. Was macht man mit einem langjährigen Freund, wie Musk ein Gamer, der einen ein bisschen kritisiert? Zur Strafe den Gamerstatus und den Verifizierungshaken bei X entfernen, wenn man sich über zu viel "freie Rede" ärgert. Dieses eigentlich lächerliche Beispiel warnt davor, mit was für kindlichen Menschen wir es hier zu tun haben. Wer nicht nach oben kriecht, wird getreten. Es geht nicht nur um das Rechte an den beiden befürchte ich. Die fehlende Reife macht mir persönlich noch mehr Sorgen. Musk jedenfalls ist reich geworden durch den Verkauf von Illusionen aus Sci-Fi-Büchern, sein Opa war Technokrat. Er braucht die Blöden dieser Welt, um eine sie dann von seiner Idee so richtig zu überzeugen. Letztendlich weiß man bei ihm auch nicht, ob seine Trump-Beratung nicht bereits ein erstes Experiment wird, der eine AI regieren läßt, das jedoch nur meine Spekulation. Eine Resistenz und gesunde Feindschaft ist sehr angebracht, sofern hart erkämpfte Werte der Menschheit einem noch mehr Wert als Aktienkurse. Hier geht es nicht um klassisches Nazitum, sondern Überlegenheit der Vermögen

      • @BierzeltLeitkultur:

        Ich habe kein Wort über Musk gesagt. Ich habe darüber gesprochen, wie völlig ahnungslos, uneinig und unentschieden zu allen politischen Themen die Politik aktuell ist und dass sie genau deshalb die Feindschaft zu Leuten wie Musk oder Trump oder auch der AfD brauchen, nur um sich überhaupt mal über irgendwas einig zu sein.

        Damit macht sie diese aber immer nur stärker, ohne selber auf irgendeine Weise positiven Fortschritt zu erzielen. Auch Sie sind wieder auf keinen einzigen meiner angesprochenen Punkte eingegangen, sondern reden nur über Musk.

        Wie ist das jetzt mit Energie, Mieten, Renten, Geopolitik...? Irgendwelche Ideen? Nö, weil jede davon sofort auf Widerspruch aus etlichen verschiedenen Richtungen treffen würde. Dann doch lieber über Musk abhassen, da kann man sich leicht einig sein. Bringt zwar nix, aber egal, darum geht es ja gar nicht. Oder?