Trump und die Corona-Krise in den USA: Parteitag doch kein Massenevent
Wegen der rasant ansteigenden Infektionszahlen sagt Donald Trump den republikanischen Parteitag in Florida ab. Er möchte „ein Vorbild sein“.
Die formelle Nominierung Trumps zum Kandidaten für die Präsidentenwahl am 3. November soll nun in kleinerem Rahmen in Charlotte im Bundesstaat North Carolina erfolgen. In welchem Rahmen er seine Nominierungsrede halten werde, sei noch nicht entschieden.
Mit der Absage der in Florida geplanten Großveranstaltung vollzog Trump eine Kehrtwende. Erst im Juni hatte er die Verlegung von Teilen des ursprünglich in Charlotte geplanten Parteitags mit rund 19.000 Delegierten angekündigt. North Carolinas Gouverneur Roy Cooper hatte wegen der Corona-Pandemie erklärt, eine solche Großveranstaltung werde nur unter Auflagen wie dem Tragen von Masken und weniger Teilnehmern möglich sein.
„Wir hatten eine gewaltige Sache geplant“, sagte Trump am Donnerstag. Er wolle sich aber nicht in der Situation wiederfinden, in der ihm vorgeworfen werde, etwas Unsicheres zu tun. Vielmehr wolle er ein „Vorbild“ sein.
Kehrtwende der Republikaner innerhalb weniger Tage
Kritiker werfen dem Präsidenten das Gegenteil vor. Trump hat schon früh in der Pandemie auf eine Wiedereröffnung der Wirtschaft und eine rasche Rückkehr zum Normalbetrieb gedrängt. Im Juni hielt er nach einer mehrmonatigen Unterbrechung gegen den Rat von Experten eine Wahlkampfveranstaltung vor mehreren Tausend Anhängern in einer geschlossenen Halle ab.
Die Parteivorsitzende der Republikaner, Ronna McDaniel, hatte noch am Montag gesagt, der Präsident werde bei dem Parteitag vor Delegierten sprechen. Es sei möglich, Gesundheit und die Wiedereröffnung der Wirtschaft in Einklang zu bringen – und das werde man beim Parteitag beweisen.
Seit Mitte Juni hat sich jedoch die Corona-Situation in Florida deutlich zugespitzt. In dem Staat mit gut 21 Millionen Einwohnern gibt es inzwischen rund 400.000 bekannte Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2. Jacksonville gehört zu den stark betroffenen Gebieten.
In den USA entscheidet jeder der 50 Bundesstaaten separat darüber, welche Corona-Auflagen zu welchem Zeitpunkt gelten und wann es Zeit für Lockerungen ist. Voll besuchte Großveranstaltungen gelten jedoch bislang fast überall als tabu.
Mehr als 4 Millionen Infizierte in den USA
Die Demokraten werden ihren für August geplanten Parteitag zur Nominierung ihres Präsidentschaftskandidaten ebenfalls zumeist virtuell abhalten. Ex-Vizepräsident Joe Biden soll die Nominierung als Kandidat aber am ursprünglichen Veranstaltungsort in Milwaukee im US-Bundesstaat Wisconsin entgegennehmen, hieß es. Die Delegierten sollen aber wegen der Corona-Pandemie nicht anreisen.
Die USA passierten in der Corona-Pandemie einen weiteren dramatischen Meilenstein. Mittlerweile sind in dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern mehr als 4 Millionen Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen worden. Mehr als 144.000 Menschen starben nach einer Infektion, wie am Donnerstag aus Daten der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore hervorging. In keinem anderen Land der Welt sind so viele Ansteckungen bekannt.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC geht davon aus, dass es in vielen Regionen des Landes eine hohe Dunkelziffer an Infektionen gibt. Weltweit wurden mehr als 15 Millionen Corona-Infektionen verzeichnet. Rund 626.000 Menschen starben im Zusammenhang mit der Erkrankung Covid-19.
In den USA hat sich die Pandemie zuletzt dramatisch zugespitzt. Die Behörden meldeten in den vergangenen zwei Wochen zwischen 60.000 und 77.000 Neuinfektionen pro Tag. Am Dienstag und Mittwoch wurden jeweils mehr als 1.000 Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Künftige US-Regierung
Donald Trumps Gruselkabinett