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Trump twittert Zweifel am Wahltermin...

Der US-Präsident stellt mit einem Tweet die Legitimität des Urnengangs im November infrage. Er warnt vor „betrügerischster“ Wahl der US-Geschichte

Aus New York Dorothea Hahn

Zwei Hiobsbotschaften aus Washington erschüttern am Mittwochvormittag die USA. Die eine kommt aus dem Bureau of Economic Analysis im Handelsministerium. Sie bestätigt, dass die Wirtschaft des Landes im zweiten Quartal dieses Jahres um 32,9 Prozent geschrumpft ist. Einen derartig drastischen Schrumpfungsprozess hat es selbst während der Großen Depression in den 30er Jahren nicht gegeben. Die zweite Hiobsbotschaft kommt direkt aus dem Finger des Präsidenten. Per Tweet schlägt er vor (gefolgt von drei Fragezeichen): „Die Wahlen verschieben, bis die Leute ordnungsgemäß, sicher und geschützt wählen können???“ Seine Begründung: Durch die erleichterte Stimmabgabe per Brief werde es „die ungenaueste und betrügerischste Wahl in der US-Geschichte“.

Der Tweet, 96 Tage vor den Wahlen, ist der bisherige Höhepunkt einer langen Kampagne von Donald Trump. Er höhlt das Vertrauen in den Urnengang aus. Ohne Beweise behauptet Trump seit Jahren, dass es massive Wahlfälschungen gebe.

Doch während in den letzten Wochen die Neuinfektionen mit dem Coronavirus immer mehr Bundesstaaten zwingen, erneut in Quarantäne zu gehen, während die Ökonomie des Landes am Boden liegt und während die Arbeitslosenzahlen dramatisch steigen – in der letzten Woche kamen zusätzliche 1,43 Millionen Anträge auf Arbeitslosengeld –, intensivierte Trump seine Bemühungen, die auf den 3. November terminierte Neuwahl zu torpedieren.

Ob der US-Präsident überhaupt das Recht hat, die Wahlen zu verschieben, ist umstritten. Fest steht, dass er das Chaos in den USA noch weiter vertiefen wird. Im Versuch, die Ansteckungsgefahren bei der Stimmabgabe zu verringern, arbeiten sämtliche Bundesstaaten daran, den WählerInnen eine Briefwahl im November anzubieten. Da die Organisation von Wahlen Sache der einzelnen Bundesstaaten ist, unterscheidet sich das Vorgehen dabei sehr. Während manche Bundesstaaten längst eine Briefwahl praktizieren, ist sie anderswo völlig neu.

Ohnehin führt gegenwärtig der mutmaßliche demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden in sämtlichen Meinungsumfragen mit großem Vorsprung vor Trump. Die RepublikanerInnen befürchten, dass die generalisierte Briefwahlmöglichkeit den Vorsprung der Demokraten noch vergrößern könnte.

Republikanische PolitikerInnen in zahlreichen Bundesstaaten haben in den vergangenen Jahren zahlreiche neue bürokratische Hürden für WählerInnen geschaffen. Unter anderem haben sie neue Ausweis- und Regis­trierungspflichten eingeführt, Wahllokale geschlossen und die Zeiten für die Stimmabgabe verkürzt. Dabei sind quer durch die USA typische WählerInnen der Demokraten – Arme, StudentInnen und AfroamerikanerInnen – besonders betroffen.