Trump entlässt FBI-Chef James Comey: „You’re fired“

Trump hat aus heiterem Himmel den FBI-Chef vor die Tür gesetzt. Mitten in den Russland-Ermittlungen des FBI ist das mehr als ungewöhnlich.

Nahaufnahme von James Comey

Der ehemalige FBI-Direktor James Comey Foto: ap

WASHINGTON taz | FBI-Chef James Comey lachte, als die Nachricht von seiner Entlassung während seines Vortrags vor FBI-MitarbeiterInnen in Los Angeles über einen Bildschirm flackerte, und nannte sie einen „gelungenen Streich“. Wenig später lieferte am Dienstagabend ein langjähriger Bodyguard von Donald Trump das Kündigungsschreiben des Präsidenten in Comeys Büro an der Pennsylvania Avenue, gegenüber vom Trump-International-Hotel in Washington, ab.

Die fristlose Entlassung des Chefs der obersten Sicherheitsbehörde der USA, bei dem bis Dienstag alle Fäden der Ermittlungen über mögliche Geheimabsprachen zwischen Russland und der Trump-Kampagne zusammenliefen, schlug in Washington wie eine Bombe ein. Worte wie „Putsch“ und die Gefahr einer kommenden Verfassungskrise machten die Runde. „Warum jetzt?“, fragte der Chef der DemokratInnen im Senat, Chuck Schumer.

„Beunruhigt über Timing und Begründung“, äußerte sich der republikanische Chef des Geheimdienstausschusses im Senat, Richard Burr. HistorikerInnen fühlten sich an einen Schlüsselmoment im Watergate-Skandal erinnert, als Präsident Richard Nixon beim „Samstagabend-Massaker“ im Oktober 1973 einen Sonderermittler entließ, der ihm nicht bei der Vertuschung seiner Taten helfen wollte, und damit den Doppelrücktritt von Justizminister und Vizejustizminister auslöste.

Zur Begründung der Entlassung machte sich Trump die Empfehlungen aus dem Justizministerium zu eigen. Sowohl Justizminister Jeff Sessions als auch dessen nagelneuer Stellvertreter Rod Rosenstein haben ihm einen „neuen Start in der Führung des FBI“ nahegelegt. Der Stellvertreter produzierte ein langes Schreiben, in dem er Comeys Umgang mit Hillary Clintons Email-Affäre kritisierte.

Im Wahlkampf nützlich, jetzt deshalb gefeuert

Im vergangenen Jahr hatte Trump das jetzt als Kündigungsbegründung genannte Verhalten des FBI-Direktors noch gelobt und daraus großen politischen Nutzen gezogen. Nachdem Comey im Juli bei einer Pressekonferenz den „extrem fahrlässigen“ Umgang von Clinton mit geheimen E-Mails gerügt, zugleich aber von strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Kandidatin abgeraten hatte, schnellten die Umfragewerte von Trump in die Höhe. Damals begann der Kandidat auch damit, bei Meetings seine Fans minutenlang den Slogan: „Sperrt sie ein!“ rufen zu lassen. Als Comey zusätzlich wenige Tage vor dem Wahlgang eine neuerliche Untersuchung in der Affaire eröffnete, weil neue E-Mails aufgetaucht waren, twitterte Kandidat Trump anerkennend, der Mann habe „Mut“. Clinton ihrerseits betrachtet den geschassten FBI-Chef aus demselben Grund als einen Hauptverantwortlichen für ihre Wahlniederlage.

Der FBI-Chef ist offiziell ein politisch unabhängiger Spitzenbeamter. Comey ist ein ehemaliger Republikaner, der unter Präsident George W. Bush im Justizministerium diente und im Jahr 2013 von Präsident Obama mit parteiübergreifender Unterstützung vom Senat an die Spitze des FBI gehievt wurde. Seine Amtszeit läuft zehn Jahre. Von der Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung eines FBI-Chefs hatte vor Trump nur Bill Clinton als einziger US-Präsident Gebrauch gemacht. Er feuerte 1993 den von Präsident Ronald Reagan ernannten William Sessions.

Trump und sein Justizminister machten bei ihrem Amtsantritt keine Anstalten, sich von Comey trennen zu wollen. Doch die Beziehung zwischen Trump und dem FBI-Chef wurde im Zuge der Russland-Ermittlungen angespannter. Im März sorgte Comey, einer der bestinformierten Männer des Landes, für zusätzliche Verstimmung im Weißen Haus, als er öffentlich erklärte, ihm sei nichts über eine Ausschnüffelei des Trump-Towers bekannt. Zuvor hatte Trump auf Twitter behauptet, er sei auf Anordnung von Obama abgehört worden. Comey lehnte es auch ab, statt der Russland-Connection, die Trump als „totalen Hoax“ bezeichnet, prioritär über die zahlreichen Indiskretionen von MitarbeiterInnen des Weißen Hauses zu ermitteln.

Russland-Ermittlungen gefährdet?

In dem kurzen Schreiben vom Dienstagabend an den „lieben Direktor Comey“ macht Trump deutlich, wie schwer der Russland-Vorwurf auf ihm lastet. Er schätze sehr, schreibt er darin, dass Comey ihn „bei drei separaten Gelegenheiten informiert habe, dass nicht gegen mich ermittelt wird“. Ob es tatsächlich stimmt, dass das FBI gegen Trumps KampagnenmitarbeiterInnen, nicht jedoch gegen ihn selbst ermittelt, ist unbekannt. Fest steht hingegen, dass Justizminister Sessions einer derjenigen ist, die in Sachen Russland gelogen haben. Bei seiner Vorstellung im Senat bestritt er, im Wahlkampf Kontakte mit russischen Amtsträgern gehabt zu haben. Als herauskam, dass er zwei Mal den russischen Botschafter in Washington getroffen hatte, zog sich der Justizminister als „voreingenommen“ von den Ermittlungen zurück.

Bislang hat Trump keinen Hinweis auf mögliche NachfolgerInnen an der Spitze des FBI gegeben. Und vorerst gehen die Russland-Ermittlungen des FBI weiter. Doch die DemokratInnen in Washington befürchten, dass der nächste FBI-Chef die Ermittlungen einstellen könnte. Senator Schumer verlangt deswegen einen unabhängigen Sonderermittler, der das Russland-Thema übernehmen soll.

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