Trotz zahlreicher Störfälle: Spanien verlängert AKW-Laufzeit

Spanien verschiebt die Laufzeit von zwei Nuklearreaktoren in Almaraz in der Provinz Cáceres nach hinten – fast ohne öffentliche Diskussion.

Stop nucleaire steht auf einem Plakat

In Madrid wurde vor einem Jahr die sofortige Schließung der Nuklearreaktoren in Almaraz gefordert Foto: ZUMA Press/imago

MADRID taz | Während in Spanien alle nur vom Öffnungsprozess nach der strikten Corona-Ausgangssperre reden, winkt der Nukleare Sicherheitsrat (CSN) fast unbemerkt eine Laufzeitverlängerung für das älteste der fünf noch funktionierenden Atomkraftwerke des Landes durch. Die zwei Reaktoren in Almaraz in der Provinz Cáceres sollen bis 2028 am Netz bleiben, empfiehlt der CSN. Im Industrieministerium stößt dies auf offene Ohren, denn der Nationale Klimaplan sieht vor, den CO2-Ausstoß unter anderem auch durch ein längeres Festhalten an der Atomenergie zu verringern. Obergrenze ist dabei 2035.

„Wir werden in eine völlig unsichere und gefährliche Betriebsphase eintreten“, beschwert sich dagegen die Energieexpertin der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción, eine der wichtigsten Gruppen im Iberischen Antinuklearen Bündnis (MIA). Almaraz besteht aus zwei Druckwasserreaktoren der Marke Westinghouse, die 1981 und 1983 ans Netz gingen. Das Kraftwerk gehört den drei wichtigsten Energieversorgern des Landes, Endesa, Iberdola und Naturgy.

Eigentlich sind AKWs für eine Laufzeit von 30, allerhöchstens 40 Jahre gebaut worden. 2028 wäre Almaraz I genau 47 Jahre und Almaraz II 45 Jahre am Netz. „Für die Atomindustrie ist es natürlich lukrativ. Ein abgeschriebener Reaktor bringt viel höhere Gewinne“, fügt Rois hinzu. Deshalb würden die Betreiber Druck auf die Regierung in Madrid ausüben, damit Almaraz nicht noch in diesem Jahr abgeschaltet wird.

Die beiden Reaktoren in der Region Extremadura machen immer wieder durch Störfälle von sich Reden. 100 Mal mussten die Betreiber Unfallberichte an den CSN schicken. In den letzten zehn Jahren gab es drei Störfälle am Kühlsystem, die Notabschaltungen zur Folge hatte. Die Anti-AKW-Bewegung beschwerte sich immer wieder, dass Störfälle vertuscht werden sollten. Die Auswirkungen der entwichenen Radioaktivität auf die Bevölkerung in den umliegenden Orten wurde nie ordentlich untersucht.

Beschwerde der Portugiesen gefordert

Die Anti-AKW-Bewegung im benachbarten Portugal forderte die Regierung des Sozialisten Antonio Costa in Lissabon auf, ganz offiziell bei den Spaniern Beschwerde gegen die Laufzeitverlängerung einzulegen.

Das wäre nicht das erste Mal. 2017 gelang es der Regierung Costa den Bau eines Zwischenlagers für die verbrauchten Brennelemente auf dem Gelände von Almaraz vorübergehend zu stoppen. Mittlerweile wurde es allerdings fertiggestellt und soll jetzt sogar noch ausgebaut werden, damit es dem Atommüll aufnehmen kann, der bis 2028 anfällt.

Sollte es im AKW oder im Zwischenlager zu einem größeren Störfall kommen, droht die Verseuchung des Tajos, des wichtigsten Flusses Portugals. Dieser kommt ohnehin schon stark verschmutzt und mit geringer Durchflussmenge aus Spanien an.

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