Trendsport in Skandinavien: Teures Müllsammeln
Beim Plogging nehmen Jogger gefundenen Abfall auf. Ein Norweger war besonders eifrig und bleibt wohl auf 10.000 Euro Entsorgungskosten sitzen.
taz | Joggen und dabei noch etwas für die Umwelt tun. Eine gute Idee fand Rolf-Ørjan Høgset und schloss sich der Plogging-Bewegung an. Der mittlerweile auch in Deutschland angekommene skandinavische Trend verbindet Joggen mit dem Sammeln (schwedisch; plocka) von Müll.
Doch Plogging kann teuer werden, wie Høgset feststellen musste. Am Nordseeufer in der Nähe des südnorwegischen Mandal stieß der Fotograf auf so viel Müll, dass er sich Hilfe holen musste, um alles abzutransportieren: 400 Kilogramm alte Schiffstaue, Reste von Fischernetzen und anderer Plastikmüll.
Doch wohin mit dem ganzen Müll? In die öffentlichen Abfallcontainer passte oder durfte das Zeug nicht, und sowohl das örtliche Entsorgungsunternehmen als auch die Kommune erklärten sich „nicht zuständig“ für die Beseitigung dieses Müllhaufens – jedenfalls nicht ohne Bezahlung. Am Meeresufer angeschwemmter Müll gilt juristisch als „herrenlos“. Wer ihn sammelt, ist für die Entsorgung verantwortlich. Und womöglich eben auch die Kosten dafür zu tragen – in diesem Fall umgerechnet mehr als 10.000 Euro.
„Das Problem war, dass ich diesen Müllberg zufällig fand“, erzählte Høgset im norwegischen Fernsehen: Bei den regelmäßig organisierten Strandreinigungsaktionen tauche diese Frage nicht auf. Da stehe von vorneherein fest, wer die Verantwortung für den eingesammelten Müll übernehme. Als Plogger müsse man größere Mengen Müll eigentlich liegen lassen und zunächst den zuständigen Entsorger und die Kostenübernahme klären. Høgset: „Sonst kann man auf einer fetten Rechnung sitzen bleiben.“
Dafür will er weder die Müllabfuhrunternehmen noch die Kommunen kritisieren, „die halten sich nur an ihre Vorschriften“. Aber dass der Müll aufgrund dieser Rechtslage dann womöglich nicht eingesammelt wird, sei ja nicht klug. Wolle man die Menschen dazu animieren, sich nicht nur an organisierten Aktionen zu beteiligen, müssten sie sicher sein, weder Probleme noch Kosten fürchten zu müssen, um ihn wieder loszuwerden.
Eine Lösung hat Høgset schon gefunden. Man könnte die Müllunternehmen für diese Extraarbeit aus den öffentlichen Kassen bezahlen.
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