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Treffen der EU-AußenministerEuropas leise Stimme

Die EU-Außenminister rufen im Israel-Iran-Krieg nach Diplomatie. Und halten trotz der humanitären Katastrophe in Gaza weiter zu Israel.

Unterstützung der Palästinenser vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel Foto: Virginia Mayo/ap/dpa

Ungeachtet der katastrophalen humanitären Lage in Gaza und massiver Proteste der Zivilgesellschaft will die EU bis auf Weiteres keine Sanktionen gegen Israel verhängen. Das seit Monaten strittige Thema habe keine Prio­rität, der Krieg gegen Iran sei wichtiger, hieß es bei einem Treffen der EU-Außenminister am Montag in Brüssel.

Die europäischen Chefdiplomaten forderten Teheran zu direkten Gesprächen mit Washington auf. „Wir brauchen eine Verhandlungslösung, sie ist dringender als je zuvor“, sagte Außenminister Johann Wadephul. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mahnte eine diplomatische Lösung an. Sie forderte, Gesprächskanäle offenzuhalten.

Es spricht wenig dafür, dass Israel und die USA noch auf die Europäer hören. Nur zwei Tage nach deren Vermittlungsversuch hatten sich die USA in der Nacht zum Sonntag in den Krieg zwischen Israel und Iran eingeschaltet. US-Präsident Trump hatte zuvor erklärt, die Europäer würden nicht gebraucht. Dem widersprach nun Wadephul. Die europäische Botschaft sei nicht richtig verstanden worden, erklärte er. Iran müsse mit den USA verhandeln und sei dabei auch auf die Hilfe der EU angewiesen, so der CDU-Politiker.

Wir brauchen dieses Assoziierungsabkommen [mit Israel] und sollten es in keiner Weise in Zweifel ziehen

Johann Wadephul, deutscher Außenminister

Beim Thema Gaza stand Wadephul auf der Bremse: „Wir brauchen dieses Assoziierungsabkommen [mit Israel] und sollten es in keiner Weise in Zweifel ziehen“, so Wadephul. Die humanitäre Situation im Gazastreifen sei aber „nach wie vor nicht akzeptabel“. Deutschland, Österreich und Ungarn sind die letzten EU-Länder, die Israel in Schutz nehmen. Sogar der Auswärtige Dienst der EU war zuletzt auf Distanz gegangen. Es gebe zahlreiche Hinweise darauf, „dass Israel seine Menschenrechtsverpflichtungen verletzt“ haben könnte, heißt es in einem Bericht des EU-Dienstes.

Aufmerksamkeit hat sich „verlagert“

Der Bericht war auf Drängen von 17 EU-Ländern erstellt worden; Deutschland hatte sich dem vergeblich widersetzt. Das Gaza-Papier beschreibt die Verweigerung humanitärer Hilfe durch Israel, Angriffe mit einer hohen Opferzahl, auf Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen, Vertreibung und mangelnde Rechenschaftspflicht. Nach Artikel 2 des Assoziierungsabkommens mit der EU ist Israel zur Einhaltung von „Respekt für Menschenrechte und demokratische Prinzipien“ verpflichtet.

Vor dem Treffen der EU-Außenminister hatten mehr als 110 humanitäre und zivilgesellschaftliche Organisationen gefordert, das EU-Israel-Abkommen sofort auf Eis zu legen. Die EU dürfe sich vom Konflikt mit Iran nicht davon abhalten lassen, die „anhaltende Vernichtung und Apartheid gegen die Palästinenser“ zu verurteilen, sagte Claudio Francavilla von Human Rights Watch.

Die Außenminister wollten das Thema jedoch vertagen. „Die politische und mediale Aufmerksamkeit hat sich von Gaza auf Iran verlagert“, so ein EU-Diplomat. Doch wenn nicht alles täuscht, wird die europäische Stimme auch im Iran-Israel-Krieg nicht mehr gehört.

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10 Kommentare

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  • Wir brauchen eine Verhandlungslösung, sie ist dringender als je zuvor“, sagte Außenminister Johann Wadephul.



    Bei derlei Allgemeinplatz wird mir schlecht. Gelaber statt konkreter Ansätze. Also vor oder während die Bomber und Raketen flogen war verhandeln weniger wichtig als jetzt. Alles nur noch gut für Satiresendungen.

  • „Die politische und mediale Aufmerksamkeit hat sich von Gaza auf Iran verlagert“- Mit Verlaub das ist einfach nur ekelhaft vor allem wenn man die Bilder aus Gaza sieht. Neueste Doku von Sky News bei der zwei britische Ärzte ihren Aufenthalt in Gaza dokumentieren: Doctors on the Frontline. Es kann mir keiner erzählen das die EU nicht genug Personal hat, um sich um den Krieg im Iran und gleichzeitig um Gaza zu kümmern. Wie man solche Aussagen treffen kann, wenn jeder Tag Verzögerung, jeder Tag ohne adäquate Versorgung zig mehr Menschen das Leben kosten wird, ist mir unbegreiflich.



    Der einzige Grund warum man sich für eine Deeskalation im Iran-Konflikt bemüht ist weil man Angst hat, welche wirtschaftliche Folgen das hat. Menschenleben spielen überhaupt keine Rolle.



    Am 19.06 meldete die GHF seit Beginn angeblich 33.5 Millionen Mahlzeiten verteilt zu haben, in den 23 Tagen also durchschnittlich 1,46 Mio Mahlzeiten am Tag für 2 Mio Menschen, für die dann scheinbar auch eine Mahlzeit täglich reichen soll.



    english.elpais.com...an-foundation.html

  • Es heißt nicht Konflikt oder Krieg zwischen….



    Es heißt völkerrechtswidriger Angriff auf den Iran.

    • @Adam00:

      Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

    • @Adam00:

      Es heißt Präventivschlag gegenüber einem Feind, der die Auslöschung eines Staates anstrebt.

      • @Lars B.:

        Genau.....bzw. die Staatsdoktrin um einige Jahre gezielt aussetzen. Mann oh Mann, was manche Leute für Vorstellungen haben. Vom Manufactum-Sofa lässt sich immer gut Ratschläge erteilen. Bei meinem Kumpel in Tel Aviv ist so ein "völkerrechtlich erklärbare" Rakete 100 Meter vom Balkon weg vorbeigeflogen. Gott sei Dank war der Mosche bei seiner Mutter.

    • @Adam00:

      das sagen einige in Europa aber nicht im Iran!

    • @Adam00:

      Wie kommen Sie auf völkerrechtswidrig? Iran führt seit dem 7. Oktober Krieg ... nun haben sie die Quittung bekommen und ich hoffe das dieses islamo-faschistische Regime fällt.

      • @Amra:

        Genau, islamo-faschistisch, homophob, frauenfeindlich, antisemitisch etc. Mann oh Mann, was manche Leute für einen Standpunkt haben. Ich als Schwuler habe da eine ganz klare Meinung.

  • Aus Gaza kommt kein Öl. ..