Treffen der EU-Außenminister: Streit um Leopard-2-Panzer
Wird Deutschland der Ukraine Kampfpanzer liefern? Beim EU-Außenministertreffen stand das Thema nicht auf der Agenda – war aber doch in aller Munde.
Außenministerin Annalena Baerbock (Die Grünen) fand sich im europäischen Rampenlicht wieder, denn sie hatte sich schon am Sonntag in Paris weit aus dem Fenster gelehnt. „Wir würden Leopard-Lieferungen anderer Länder nicht blockieren“, sagte sie im französischen Fernsehen.
Das klang nach Rückendeckung für Polen, das seit Tagen auf grünes Licht aus Deutschland wartet. Doch kaum in Brüssel angekommen, ruderte die Außenministerin wieder zurück. Der entscheidenden Frage, ob Berlin tatsächlich eine Exportgenehmigung erteilen würde, wich sie aus.
Was „gewinnen“ heißt, lässt Baerbock offen
Stattdessen begründete die Grünen-Politikerin lediglich noch einmal, warum aus ihrer Sicht eine schnelle Entscheidung nötig sei: Die Ukraine müsse den Krieg gewinnen und brauche dafür jede erdenkliche Hilfe. „Denn wenn sie diesen Krieg verliert, dann gibt es keine Ukraine mehr.“
Was „gewinnen“ heißt, sagte Baerbock allerdings nicht. Und ob für den Sieg deutsche „Leos“ gebraucht werden, ließ sie auch offen. Ob es daran liegt, dass sie von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zurückgepfiffen wurde? Die letzte Entscheidung liegt bei Scholz, und der zögert weiter.
Dabei wächst der Druck. Man dürfe sich nicht von Angst leiten lassen, sagte Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis mit einem Seitenhieb auf Scholz. Auch der estnische Außenminister Urmas Reinsalu kritisierte den Kanzler. Dass Berlin die Regierung in Kyjiw im Ungewissen lasse, verglich er mit dem biblischen „Fegefeuer“.
Auf dem Kanzler laste „eine große Verantwortung, wirklich einen Schritt zu tun“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Die Europäer müssten vor der nächsten russischen Offensive sicherstellen, „dass dann auch das Material zur Verfügung steht, damit die Ukraine sich wehren kann“. 300 Panzer würden mindestens gebraucht, sagte Asselborn.
Polen will einen Antrag stellen
Doch so viele Leoparden kann Deutschland allein nicht liefern. Zwar verfügen auch noch andere Länder wie Spanien oder Dänemark über den begehrten deutschen Kampfpanzer. Gegen die Lieferung gibt es aber auch dort Vorbehalte. Eine europäische Panzerallianz, wie sie das Europaparlament fordert, bleibt ein frommer Wunsch.
Bisher liege nicht einmal ein Antrag auf eine Exportgenehmigung aus Polen vor, sagte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Wenn der Antrag – wie von Warschau angekündigt – gestellt werde, „gibt es ein eingespieltes Verfahren“. Dabei werde „mit der nötigen Zügigkeit, aber auch mit der nötigen Gründlichkeit“ vorgegangen.
Deutschland und die Nato dürften nicht Kriegspartei werden. Das habe „schweres Gewicht“, betonte Hebestreit. Und natürlich gebe es auch „Grenzen der Unterstützung“.
Immerhin auf eines konnten sich die EU-Außenminister bei diesem Treffen einigen: Sie billigten eine weitere Tranche von 500 Millionen Euro für die Ukraine. Damit sollen gemeinsame Waffenkäufe und Munition finanziert werden. So erhöhen sich die seit Beginn des russischen Angriffskriegs bereitgestellten Mittel auf 3,6 Milliarden Euro.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind