Trauerfeier nach dem Tod von Qosay K.: Ruf nach Gerechtigkeit
Knapp zwei Wochen nach dem Tod von Qosay K. in Polizeigewahrsam versammelten sich Unterstützer*innen zur Trauerfeier. Es sind viele Fragen offen.
Initiiert wurde diese vom „Bündnis in Erinnerung an Qosay“. Am vergangenen Freitag hatte bereits die Beerdigung des jungen Mannes im Kreis seiner Familie und der jesidischen Gemeinde in Oldenburg stattgefunden. Qosay K. war am 5. März in Polizeigewahrsam kollabiert und komatös in ein Oldenburger Krankenhaus eingeliefert worden, wo er in der gleichen Nacht verstarb.
Zentrales Anliegen der Veranstaltung im Wollepark sei es, der Entmenschlichung durch den Tod entgegenzuwirken, sagte die Pressesprecherin des Bündnisses, Gundula Oerter. Das Bündnis wolle einen Ort der kollektiven Erinnerung schaffen – friedlich und in Trauer, aber mahnend.
Die Moderatorin Nazanin Ghafouri betonte die rassistische Dimension der Ereignisse: „Ich bin mir sicher: Würde Qosay nicht Qosay heißen, würde er anders aussehen – er würde heute hier unter uns sein.“ Der behördliche sowie der Alltagsrassismus in Deutschland sei eine Erfahrung, die alle nichtweißen Menschen teilten.
Viele Fragen zum Tod von Qosay K. sind nach wie vor offen. Zivilpolizist*innen hatten K. und einen Freund vor knapp zwei Wochen beim „mutmaßlichen Betäubungsmittelkonsum“ kontrolliert, wie es in einer Pressemitteilung der Polizei heißt. Der 19-Jährige, der vor sechs Jahren vor dem sogenannten Islamischen Staat aus Südkurdistan nach Deutschland geflohen war, sei weggerannt und habe sich körperlich gegen seine Ingewahrsamnahme gewehrt, heißt es weiter. Die Beamt*innen hätten Pfefferspray eingesetzt und K. fixiert. Wenige Stunden später war er tot.
Schwere Vorwürfe wurden zuerst in sozialen Medien gegen die eingesetzten Beamt*innen und Rettungssanitäter*innen sowie die Polizei Delmenhorst im Allgemeinen erhoben. Unter anderem heißt es, laut Augenzeug*innen sei K. eine adäquate medizinische Behandlung versagt worden. Zudem soll ein Polizeibeamter länger auf seinem Rücken gekniet haben. Andere Bewohner*innen der Gegend Wollepark, die anonym bleiben wollen, äußerten gegenüber der taz Vorwürfe, auf dem Delmenhorster Polizeirevier Gewalt erfahren zu haben.
Sükrü C., ein Freund von Qosay K., sagte auf der Trauerfeier, alle, die sich im Wollepark aufhielten, würden von der Polizei schikaniert und ohne Menschenwürde angesehen. Wichtig sei, dass es so nicht weitergehe.
Vorwürfe wie diese weist die Polizei von sich. In einem ersten Obduktionsbericht schließt die Staatsanwaltschaft Oldenburg äußere Gewalt als Todesursache aus. Das Anwält*innen-Team der Familie hat privat eine zweite Obduktion beauftragt. Das Ergebnis steht noch aus. Die Familie will die Todesumstände vor Gericht klären lassen. Die Polizei hatte zuerst nur ein Todesursachenfestellungsverfahren eingeleitet. Der Oldenburger Polizeipräsident Johann Kühme betonte gegenüber dem NDR, es gebe keine Ermittlungen gegen seine Beamt*innen.
Die Anwält*innen der Familie, Cahit Tolan und Lea Voigts, haben mittlerweile Strafantrag wegen des Vorgehens der Polizei gestellt. Tolan betonte gegenüber der taz, dass es Ungereimtheiten gebe, die geklärt werden müssten.
Einen Tag vor der Trauerveranstaltung hatte sich der Großvater der Familie mit einem Video über die jesidische Gemeinde an die Öffentlichkeit gewandt und gesagt, dass die Familie von öffentlichen Aktionen absehen werde. Eine Rolle spielt dabei wohl der unsicheren Aufenthaltsstatus und die Angst, noch mehr als den Sohn zu verlieren.
Bei der Andacht hielt die Polizei Abstand. Cousins, Onkel und Tanten signalisierten über einen Gruß, den die Moderatorin auf der Kundgebung verlas, ihre Dankbarkeit für die Trauerfeier. Die Teilnehmer*innen reckten ihre Fäusten in die Luft, während ein weiterer Lieblingssong Qosay K.s über die Wiese schallte. Die Menge rief: „No justice, no peace!“
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