Transgender im US-Militär: Diskriminierung für Trumps Basis

Präsident Trump verkündet, Transgender würden nicht mehr im Militärdienst geduldet. Hinter der folgenlosen Ankündigung stecken andere Motive.

Menschen halten Plakate hoch

Demo in New York gegen Trumps Absicht, Transgender vom Militärdienst auszuschließen Foto: dpa

BERLIN taz | Einmal mehr hat es US-Präsident Donald Trump am Mittwoch geschafft, per Twitter für eine Welle der Empörung zu sorgen. Die Regierung, schrieb er, werde es nicht erlauben, dass Transgender in irgendeiner Funktion im Militär dienten. Das Militär müsse sich auf den „entscheidenden und überwältigenden Sieg“ konzentrieren und könne nicht mit den „enormen medizinischen Kosten und der Störung“ belastet werden, die mit dem Dienst von Transgendern einhergingen.

Wirklich in Gang gesetzt ist damit außer einer Debatte gar nichts. Tweets sind nicht einmal Exekutivanordnungen – und die Rechtsexperten der US-Medien analysierten sofort, dass Trump die seit gut einem Jahr bestehende Erlaubnis von Transgender beim Militär im Alleingang gar nicht würde rückgängig machen können. Das könne allenfalls der Kongress – und ein entsprechendes Gesetz, analysierte das Magazin Politico, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit als verfassungswidrig verworfen werden.

Er habe sich, hatte Trump geschrieben, vor seiner Entscheidung mit Militärexperten und Generälen beraten. Mit welchen, sagte er allerdings nicht. Sein Verteidigungsminister James Mattis jedenfalls gehörte nicht dazu – der weilt gerade im Urlaub und erfuhr erst kurz zuvor von Trumps Vorhaben. Er hat sich bislang nicht geäußert.

Andere hingegen schon. Sowohl aus dem Militär als auch von zahlreichen Kongressabgeordneten und Senatoren hagelte es Kritik – zumal die von Trump ins Feld geführten Kosten allen Studien zufolge wahrlich nicht exorbitant sind. Bei geschätzt derzeit zwischen 6.000 und 11.000 Transgender im aktiven Militärdienst liegen die Kosten für etwaige Hormontherapien oder Umwandlungsoperationen bei geschätzt höchstens 8,4 Millionen US-Dollar im Jahr, sagt etwa die Rand Corporation, die 2016 eine Studie über Transgender im US-Militär durchführte.

Im Vergleich dazu: für Viagraverschreibungen an seine Soldaten gab das Verteidigungsministerium 2014 etwa 41 Millionen Dollar aus. Aber selbst wenn das Kostenargument ziehen würde – dann könnte ohne weiteres die unter dem Vorgängerpräsidenten Barack Obama eingeführte Kostenübernahme für Geschlechtsumwandlungen zurückgenommen werden, ohne aber Transgender gänzlich aus dem Militärdienst auszuschließen.

Was Trump ­vorschlägt, ist mit ­großer Sicherheit verfassungswidrig

Wenn es also mehr als unwahrscheinlich ist, dass Trumps Twitter-Ankündigung außer Verunsicherung und neuerlicher diskursiver Diskriminierung irgendwelche tatsächlichen Folgen hat – was soll das dann? Der frühere demokratische Arbeitsminister Robert Reich, ein in den Medien und sozialen Netzwerken überaus aktiver Trump-Gegner, hält die Tweets für eine reine Ablenkung von den massiven Problemen, denen sich Trump gegenüber sieht.

Allen voran das Ba­shing seines Justizministers Jeff Sessions, weil der sich in Sachen Russlandermittlungen für befangen erklärt hatte. Dass der Präsident seinen erzkonservativen Minister seit Tagen bei jeder Gelegenheit verunglimpft, nimmt die sozialkonservative Basis durchaus krumm. Ein bisschen Transgenderdiskriminierung hilft bei der Ablenkung.

Zumal: Debatten wie etwa die Auseinandersetzung über spezielle öffentliche Toiletten für Transgender gelten den neuen rechten Bewegungen weltweit als Musterbeispiel der „abgehobenen liberalen Elite“. Trump macht keine Politik, er bedient die niederen Instinkte.

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