Tour de France und Bora: Eine ganz enge Bindung
Die ARD verkündet den Namen des Präsentators der Tour. Zufällig ist es das Unternehmen, das ein teilnehmendes deutsches Radsportteam sponsert.
Der Kochplattenproduzent Bora wird Präsentator der Tour-de-France-Übertragung der ARD. Sechzig Werbespots hat das Unternehmen laut eigener Pressemitteilung gebucht. Das wäre kaum der Erwähnung wert, wenn das Unternehmen nicht auch als Namenssponsor des Rennstalls „Bora – Argon 18“ an der Tour teilnähme.
Ein Objekt der Berichterstattung zugleich als Sponsor der Berichterstattung – das wäre in etwa so, als würde die Elefantenrunde nach Wahlen eingeleitet mit: „Diese Sendung wird präsentiert von CDU und SPD“. Ein No-go der Politikberichterstattung, noch zumindest.
In der Sportberichterstattung ist diese Praxis aber üblich. Da präsentiert ein Energie- und Rohstoffriese, dessen Logo auf mancher Fußballerbrust prangt, Übertragungen der Champions League. Beeinflusst das die Berichterstattung selbst? Wohl eher nicht. Live-Reporter werden nicht auch noch auf dem Schirm haben, mit welchem Spot ihr Auftritt eingeleitet wurde, und ihn zum Kriterium nehmen, wessen Ballkontakte sie besonders herausstellen.
Dennoch entsteht ein fataler Eindruck: Die Allgegenwart desjenigen, der eigentlich nur „fördern“ will – und dafür eine angemessene Gegenleistung erwartet. Die Einschätzung, was angemessen ist, kommt dabei nicht allein dem Sponsor und dem Gesponserten zu, sondern auch dem, der der Sponsoringbotschaft ausgesetzt ist. Er sitzt zwar nicht mit am Verhandlungstisch, kann aber mit der Fernbedienung abstimmen.
Die nun verlautbarte Tourpräsentation geht über die Gewohnheiten beim Fußball noch hinaus. Der blaue Revierklub heißt ja nicht FC Gazprom – der an der Tour teilnehmende Rennstall heißt aber genauso wie der Präsentator.
Unheilvolle Allianz
Diese enge Bindung erinnert fatal an alte Zeiten. Gut, da war es andersherum. Die ARD wandte sogar noch Beitragsgelder auf, um ihr Logo auf der Wäsche von Team Telekom zu platzieren. Das Staatsfernsehen war repräsentiert auf den Trikots eines Rennstalls, der sich später als Hort des Sportbetrugs herausstellte.
Eine unheilvolle Allianz, die schließlich zu dem von vielen Seiten als traumatisch empfundenen Ausstieg aus der Radsportberichterstattung insgesamt führte. Warum nun ein werbetechnischer Wiedereinstieg, der die Geister der Vergangenheit heraufbeschwört? Auf eine Anfrage von taz bei der ARD reagierte der Sender bis Redaktionsschluss nicht.
Bei den Herdplattenprofis ist man – wenig überraschend – entspannt. „Berichterstattung und Sponsoring haben nichts miteinander zu tun“, versichert Goce Andonov, Marketingleiter des mittelständischen Unternehmens, auf Nachfrage. Vorzugskonditionen bei der Berichterstattung seien kein Thema der Verhandlungen gewesen, erklärt er. Andonov erzählt, dass Firmenchef Willi Bruckbauer sich schnell nach der Bekanntgabe der Tour-Übertragung durch die ARD an den Sender gewandt hatte, um dort auch werbewirksam präsent zu sein.
„Wir mussten aber erst abwarten, bis der Sender die Großsponsoren der Tour de France abgefragt hatte. Erst danach bekamen wir den Zuschlag“, sagt Andonov. Schon verblüffend, dass dieser prominente Platz für die kleine Firma aus Oberbayern übrig blieb.
Denkwürdiges Comeback
Das Sponsoring betreibt Andonovs Firma, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen: „Es gibt natürlich die Leidenschaft für den Radsport und das Bestreben, diesem Sport auch in Deutschland zu der Wertschätzung zu verhelfen, die er verdient. Aber es geht auch darum, das Unternehmen bekannter zu machen.“
Das ist alles legitim. Die ARD aber begibt sich mit dem Präsentator, über den Minuten später auch berichtet wird, in ein turbulentes Fahrwasser. Da muss noch nicht einmal der Super-GAU eines Dopingfalls eintreten. Allein die Vermischung der Ebenen von Partnerschaft und Berichterstattung ist kritisch. Ein bestenfalls gedankenloses Comeback in den Radsport.
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