Radsportverband legt Doping-Beichte ab: Mehr war nicht zu erwarten

Der Weltverband UCI hat einen Bericht über Doping im Radsport veröffentlicht. Prangert ein paar Fehler an – und entlastet Lance Armstrong.

Doping im Blick. Bild: dpa

Der Radsport hat über sich selbst gerichtet – und dabei festgestellt, dass Doping eine gewichtige Rolle im Peloton spielte. Chapeau! Die Wahrheitskommission des Radsportweltverbandes UCI, deren Ergebnisse am Montag veröffentlicht wurden, hat auf 228 Seiten das Selbstverständliche erörtert.

Vor allem in der Zeit der Radsport-Präsidenten Hein Verbruggen (1991 bis 2005) und Pat McQuaid (2005 bis 2013) lag einiges im Argen. Regeln wurden gebrochen, Dopingtests manipuliert. Lance Armstrong wurde auf vielfältige Weise bevorzugt und beschützt. So weit, so gut. Als scharfe Selbstanklage ist der Bericht aber nicht zu lesen, schon gar nicht als Selbstgeißelung.

Er enthält vielmehr einige entlastende Elemente, vor allem in der Causa Armstrong. Kein Wunder, dass der US-Amerikaner geradezu euphorisch auf die Veröffentlichung reagierte: „Ich hoffe, dass die Enthüllung der Wahrheit in eine strahlende und dopingfreie Zeit des Sports führt, den ich liebe“, schrieb er auf seiner Homepage.

Besonders erfreut dürfte der 43-jährige Texaner darüber sein, dass die von der UCI selbst bestellten Richter keinen Beweis für Bestechung fanden. Das Gerücht, er habe den Weltverband mit viel Geld dazu gebracht, positive Dopingtests unter den Tisch fallen zu lassen, hatte Armstrong ja angeblich selbst gestreut.

Scheck geschickt

Der Radprofi soll Teamkollegen gesagt haben, er sei 2001 während der Tour de Suisse positiv auf das Blutdopingmittel Epo getestet worden und habe einen entsprechenden Scheck nach Aigle in die Schweiz ins UCI-Hauptquartier geschickt. Floyd Landis erzählte 2010 im Rahmen eines öffentlichen Dopinggeständnisses als Erster davon; Tyler Hamilton bestätigte die Geschichte 2011 in einem TV-Interview. Armstrong habe ihm selbst gesagt, dass er positiv gewesen sei: „Er war dabei völlig locker, sagte es nur so nebenbei und machte sich lustig darüber.“

Nun stellt sich die Geschichte so dar: Armstrong zahlte damals zwar 25.000 Dollar, aber das Geld soll komplett in den Kampf gegen das Doping bei Nachwuchsfahrern geflossen sein, ganz ähnlich wie eine spätere Zahlung von 100.000 Dollar – die UCI kaufte von diesem Geld einen teuren Dopinganalyseapparat.

Ein bisschen paradox ist das schon, denn nach dieser Darstellung machte Armstrong, vielleicht der cleverste Doper, den es je gab, quasi Jagd auf sich selbst. Auch mit den positiven Dopingtests aus dem Jahr 2001 ist es nicht so weit her, denn sie waren streng genommen gar nicht positiv, weshalb Armstrong auch nichts hätte vertuschen müssen. Die Werte erschienen lediglich „verdächtig“. Der Epo-Test steckte damals noch in den Kinderschuhen, Lance Armstrongs Werte lagen knapp unterhalb eines Grenzwerts.

Wer also erwartet hatte, die UCI enthülle hier einen spektakulären Fall von Bestechung und stelle ihre ehemaligen Präsidenten an den Pranger, der sieht sich getäuscht. Der Bericht relativiert, er referiert Bekanntes, liefert aber auch interessante Einblicke in das Innenleben des Verbands.

Ermittler des Sportverbandes

Hätte man noch mehr erwarten können? Wohl kaum, denn die Ermittler von Gnaden des Sportverbandes konnten nicht viel Druck ausüben. Nicht auf Zeugen und nicht auf Funktionäre. Polizeiliche Ermittlungsmethoden standen nicht zur Verfügung. Wer nicht aussagen wollte, ließ es. Mehr als eine Rüge hatte er oder sie nicht zu erwarten.

So gesehen hat der Radsportweltverband nicht das schlechteste Papier vorgelegt. Einerseits hat die UCI ihren Willen zur Aufklärung bekundet, andererseits hat sie belegt, dass Aigle doch nicht der Hort finsterer Machenschaften ist inklusive Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme, Korruption und Täuschung der Öffentlichkeit.

Der Bericht der Kommission, das ist wohl die Hoffnung in Radsportkreisen, soll wie der Impuls auf ein Rennradpedal wirken, etwas ins Rollen bringen in diesem dopingverseuchten Sport. Das Peloton hat aber immer schon seine eigene Richtung eingeschlagen. Es ist eigenwillig, den Mächten der Gewohnheit ausgeliefert,

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