Tote im Dessauer Polizeigewahrsam: Und weg sind die Akten
Im Dessauer Polizeigewahrsam starben drei Menschen. In einem Fall sind alle Akten verschwunden – eventuell im Zusammenhang zum Fall Jalloh.
Nach Angaben der Zeitung erklärte das Innenministerium in Magdeburg: „Zum Todesfall des Hans-Jürgen Rose sind keine polizeilichen Erkenntnisse mehr vorhanden. Es liegen keine Unterlagen – weder in schriftlicher noch in digitaler Form – vor.“ Rose ist einer von insgesamt drei Menschen, die zwischen 1997 und 2005 im Dessauer Polizeigewahrsam starben.
Die Staatsanwaltschaft Dessau hatte einen Zusammenhang zwischen den drei Fällen vermutet. Im April 2017 hatte der mit dem Todesfall des 2005 in Dessau verbrannten Sierra Leoners Oury Jalloh befasste Staatsanwalt Folker Bittmann eine entsprechende Annahme schriftlich niedergelegt. Das Motiv könnte demnach gewesen sein, dass dem Asylbewerber Jalloh zuvor zugefügte Verletzungen vertuscht werden sollten.
Auch hätten, so Bittmann, Ermittlungen zu früheren Todesfällen im Umfeld der Dessauer Polizei verhindert werden sollen. Bittmann stützt sich demnach auf Gutachter und die Ergebnisse eines 2016 unternommenen Brandversuchs, wonach der gefesselte Jalloh mit einer kleinen Menge Brandbeschleuniger übergossen und angezündet worden sei.
Verfahren eingestellt
Weitere Ermittlungen im Fall der beiden anderen Toten sind nun kaum mehr möglich. Dabei ist davon auszugehen, dass dieselben Beamten, die mit Jalloh zu tun hatten, auch Hans Jürgen Rose und den Obdachlosen Mario Bichtermann in Gewahrsam genommen hatten. Bichtermann war unter bislang ungeklärten Umständen im November 2002 gestorben – ebenfalls in der Zelle Nummer 5 des Reviers, in der später Jalloh verbrannte.
Zwar wurde seinerzeit wegen des Todes von Bichtermann ermittelt, dies blieb jedoch ohne Erfolg: Das strafrechtliche Verfahren gegen zwei Polizeibeamte sei eingestellt, so das Innenministerium nun gegenüber der MZ. Dabei ging es um den Verdacht der fahrlässigen Tötung von Mario Bichtermann. Im Fall des Todes von Oury Jalloh war das Verfahren Ende 2017 an die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg übertragen worden. Diese prüft derzeit, ob das Verfahren eingestellt wird.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Nach der Sicherheitskonferenz
Expressverbindung von München nach Paris