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Toscano trifft Steinmeier„Ich bin nicht als Feind gekommen“

Der Fotograf Luigi Toscano hat sein Bundesverdienstkreuz im Schloss Bellevue zurückgegeben. Auch die Medaille des Holocaust-Überlebenden Weinberg hatte er dabei.

Luigi Toscano vor dem Schloss Bellevue Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Als der deutsch-italienische Künstler Luigi Toscano am Dienstagvormittag Schloss Bellevue betrat, wusste er nicht, wie das Gespräch mit dem Bundespräsidenten laufen würde. Doch eines stand für ihn fest: Er würde handeln.

In seinen Händen hielt er zwei Auszeichnungen – seine eigene Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland sowie das Bundesverdienstkreuz am Bande von Albrecht Weinberg. Beide hatten beschlossen, ihre Auszeichnungen zurückzugeben, nachdem Ende Januar die sogenannte „Brandmauer“ gegen die AfD im Bundestag durchbrochen worden war.

Das Gespräch mit Frank-Walter Steinmeier dauerte letztlich über eine Stunde – weit länger, als Toscano das erwartet hatte. Er war von einer kurzen, formellen Übergabe ausgegangen. „Ich habe dem Präsidenten sofort gesagt, dass ich nicht als Feind gekommen bin und ihm unsere Medaillen nicht einfach vor die Füße werfen werde“, erklärte Toscano nach dem Treffen. „Aber ich habe ihm auch klar gemacht, dass dies ein Protest ist, dass Herr Weinberg und ich ein Zeichen setzen wollen. Wir wollen unsere demokratischen Werte verteidigen – und das werden wir auch weiterhin tun.“

Der Fotograf beschreibt das Gespräch als angenehm und betont, dass Steinmeier die Entscheidung vollständig akzeptierte, auch wenn er sie bedauerte. Der Bundespräsident hatte Toscano die Medaille selbst im Jahr 2021 verliehen. „Wir haben nicht gestritten. Er hat nicht versucht, mich umzustimmen oder zu überreden“, so Toscano. „Ich habe ihm deutlich gemacht, dass unsere Entscheidung nicht verhandelbar ist. Ich habe betont, dass ich die Auszeichnung aus Protest zurückgebe – nicht ihm persönlich gegenüber, sondern wegen des politischen Ergebnisses dieser Abstimmung.“

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Toscano will aufmerksam gegen rechts bleiben

Toscano hatte den Eindruck, dass es Steinmeier schwerfiel, die Medaillen zurückzunehmen. „Die Werte, die mit diesen Ehrungen verbunden sind, bleiben bestehen. Das war ihm sehr wichtig zu betonen – und ich glaube ihm das auch“, so der Fotograf. Nach dem Treffen rief Toscano Albrecht Weinberg an und berichtete ihm von der Rückgabe. „Danke, dass du mein Bote warst“, antwortete dieser am Telefon.

Toscano betont, dass er weiterhin auf den wachsenden Rechtsradikalismus aufmerksam machen will. „Sollten in Zukunft weitere wichtige politische Entscheidungen mit der Unterstützung der AfD getroffen werden, bin ich bereit, noch lautere Zeichen zu setzen“, so Toscano. „Ich kann nicht wählen, weil ich kein deutsches Staatsbürgerrecht habe. Aber ich werde meinen Beitrag zum Schutz der Demokratie mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln leisten.“

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3 Kommentare

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  • Was bitte - ist das Akzeptieren der Rückgabe zweier Bundesorden eines exKanzleramts- & Außenministers - zweimaligen Staatsoberhaupt wert?



    Der mit Hilfe seines Klempners Georg Maaßen Murat Kurnaz anlaß&rechtsgrundlos in Guantanamo für fünf Jahre hat wegschließen lassen! Selbst als die 🇺🇸 erklärt hatten: da ist nichts dran! Nehmt ihn zurück!



    Stattdessen aus dessen Paß seine Aufenthaltsberechtigung hat entfernen lassen, um dessen Rückkehr zu verhindern!



    Und dennoch die ausdrückliche Frage von Wolfgang Nešcović im Bundestag



    “…nicht wenigstens Bedauern?“



    Kaltschnäuzig mit “Nein!“ beantwortet hat.

    Negligable - Nichts •

  • Bleibt die Frage offen, ob Steinmeier die Haltung der Beiden an die Vertreter des Volkes offiziell weitergibt und hoffentlich auch öffentlich Stellung nimmt.

  • Deutschland im Vormerz - wehret den Anfängen!



    Wehret Merz!