Todesurteile für Vergewaltiger in Indien: Grausam genug für die Todesstrafe
2012 wurde in Indien eine Frau vergewaltigt und ermordet. Die Verurteilten legten Berufung ein. Ein Gericht hält die Todesstrafe jedoch für gerechtfertigt.
NEU DELHI ap | Ein Berufungsgericht in Delhi hat die Todesstrafe für vier Männer wegen der brutalen Gruppenvergewaltigung einer jungen Studentin in Indien bestätigt. Die Richter lehnten den Einspruch der Männer am Donnerstag ab. Die Verurteilten wollen nun Rechtsmittel beim höchsten Gericht des Landes einlegen, wie ihre Verteidigung mitteilte.
„Diese Männer wurden fälschlicherweise beschuldigt“, sagte Anwalt A.P. Singh. Die vier Männer waren schuldig gesprochen worden, zusammen mit zwei Komplizen die 23-jährige Studentin in einem Bus in Neu Delhi im Jahr 2012 so brutal vergewaltigt und mit einer Eisenstange misshandelt zu haben, dass sie zwei Wochen später starb. Das Gericht, das sie im September verurteilte, hatte erklärt, ihr Verbrechen sei einer der seltenen Fälle, bei denen die Todesstrafe gerechtfertigt sei.
Kurz nach der Attacke waren alle sechs Männer festgenommen worden. Einer der Angeklagten, der zur Tatzeit erst 17 Jahre alt war, hatte er sich vor einem Jugendgericht verantworten müssen und dort die Höchststrafe – drei Jahre Haft in einer Besserungsanstalt – erhalten. Der sechste Verdächtige starb im Gefängnis. Die Polizei spricht von Selbstmord, die Familie von Mord.
Die Studentin kam wie ihre insgesamt sechs Peiniger aus der Unterschicht und war im Begriff gewesen, den Sprung in die Mittelklasse zu schaffen. Sie wartete auf die Ergebnisse ihrer Abschlussprüfung zur Physiotherapeutin, als die furchtbare Tat geschah. Sie und ihr Freund befanden sich im Dezember auf dem Heimweg von einem Kinobesuch und wurden von einer Gruppe Männer in den Bus gelockt.
Der Freund hatte die Verdächtigen identifiziert, die mehrfach bestritten, in dem Bus gewesen zu sein. Ihre Verteidiger erklärten sie lange Zeit für unschuldig und sagten, die Geständnisse, sie seien zur Tatzeit im Bus gewesen, habe die Polizei durch Folter erreicht.
Der Fall hatte Indien aufgewühlt und eine Justizreform ausgelöst. Unter anderem wurden Sondergerichte zur Behandlung von Vergewaltigungsfällen gegründet. Seit 2004 sind in Indien zwei Menschen hingerichtet worden. Jährlich werden etwa 100 bis 150 Menschen in dem Land zum Tode verurteilt. Die meisten der Urteile werden in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. Die Todesstrafe soll auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs in Indien nur in „den seltensten von seltenen Fällen“ verhängt werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?