Todesurteil wegen Blasphemie in Pakistan: Christin Asia Bibi ist frei
Die wegen Götteslästerung zum Tode verurteilte Christin Asia Bibi darf das Gefängnis verlassen. Islamisten drohen mit ihrer Ermordung.
Die Christin war zum Tode verurteilt worden, weil sie im Jahr 2009 im Streit um Trinkwasser, das muslimische Frauen von ihr nicht annehmen wollten, angeblich den Propheten Mohammed beleidigt habe. Asia Bibi hat das stets bestritten. Trotzdem wurde sie nach Pakistans strengem Blasphemiegesetz dort als erste Frau wegen Gotteslästerung zum Tode verurteilt.
Bereits Anfang Oktober hatte Pakistans Oberster Gerichtshof das Todesurteil in einem Revisionsverfahren mangels Beweisen aufgehoben. Aber erst am Mittwoch gaben die drei Richter den Freispruch bekannt. In der Zwischenzeit waren die pakistanischen Medien angewiesen worden, darüber nicht zu berichten. Denn wie erwartet riefen islamistische Gruppen sogleich zur Ermordung der drei Richter wie von Asia Bibi auf und blockierten in den größeren Städten des Landes Straßen.
Die drei namentlich bekannten Richter haben Asia Bibi jetzt zwar freigesprochen, doch könnte genau dieser Freispruch angesichts der Drohungen das endgültige Todesurteil für die Christin bedeuten – wie auch für die mutigen Richter selbst. Denn ihre Drohungen haben Islamisten schon in der Vergangenheit gelegentlich umgesetzt und dadurch Politik, Verwaltung und Sicherheitskräfte eingeschüchtert.
So wurde im Januar 2011 sogar der Gouverneur vom Punjab, Salmaan Taseer, von seinem eigenen Leibwächter erschossen, weil er sich für Asia Bibi ausgesprochen hatte. Nach der Hinrichtung des Mörders gingen für diesen mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße. Einen Monat nach Taseers Ermordung wurde dann der christliche Minister für religiöse Minderheiten, der das Blasphemiegesetz kritisiert hatte, ebenfalls ermordet.
Alarmbereitschaft für Sicherheitskräfte
In Pakistan waren gestern landesweit Sicherheitskräfte mobilisiert worden, doch blieb unklar, welche konkreten Schritte zur Sicherheit von Asia Bibi und ihrer Familie veranlasst wurden. Nach Ansicht von Beobachtern wird sie allenfalls im Exil unter falscher Identität noch halbwegs sicher leben können. In ihr Dorf, wo ihre Familie die einzige christliche war und mehrfach dem Druck zum Konvertieren standgehalten hatte, wird sie jedenfalls nicht zurückkehren können.
Und so wichtig und mutig das Urteil der obersten Richter jetzt ist, bedeutet es noch lange nicht, dass das strenge Blasphemiegesetz damit entschärft wäre. Angesichts der fortgesetzten Todesdrohungen könnten untere Instanzen geneigt sein, den Druck künftig einfach nach oben weiterzugeben, also die Todesstrafe zu verhängen in der Hoffnung, dass die obersten Richter dies dann noch korrigieren werden. Sofern sie das überleben. Den Kampf gegen islamistische Hardliner haben Pakistans liberale Kräfte leider noch längst nicht gewonnen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Die Wahrheit
Herbst des Gerichtsvollziehers