Afghanistans neues Scharia-Strafgesetz: Rückkehr zur Steinigung droht

Menschrechtler warnen: In Afghanistan gibt es Pläne, für Ehebruch die Todesstrafe durch öffentliches Steinigen wieder einzuführen.

Illustration einer Steinigung im Kinderbuch „Das Leben unseres Propheten“. Bild: imago / Reinnhard Kurzendörfer

BERLIN taz | Human Rights Watch schlägt Alarm: In Afghanistan sei die Wiedereinführung der Steinigung bei Ehebruch geplant. Dies sehe der Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches vor, den eine Arbeitsgruppe unter Führung des Justizministeriums formuliert habe, warnte die Menschenrechtsorganisation am Montag. Enthalten seien Paragrafen über „moralische Verbrechen“, die bei Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe für Verheiratete die Todesstrafe durch Steinigung vorschrieben.

Der Entwurf sehe vor, dass bei Ehebruch sowohl für den verheirateten Mann wie für die verheiratete Frau im Falle eines richterlichen Schuldspruches die öffentliche Steinigung vorgesehen ist. Für unverheiratete Ehebrecher seien 100 Peitschenhiebe vorgesehen. Nach dem Sturz der Taliban durch die US-Intervention Ende 2001 war die Steinigung in Afghanistan abgeschafft worden. Diese hatte es schon vor der Mitte der 90er Jahre begonnenen Herrschaft der Radikalislamisten offiziell nicht mehr gegeben. Das derzeitige Strafgesetzbuch stammt von 1976.

Ein Mitglied des Scharia-Komitees bestätigte Reuters die Pläne. „Wir arbeiten an einem Entwurf für das Scharia-Strafgesetz, bei dem die Strafe für Ehebruch die Steinigung ist, wenn es vier Augenzeugen gibt“, sagte Rohullah Qarizada. Er steht der Anwaltsvereinigung vor. Dpa zitierte am Montag eine ungenannte Quelle im Justizministerium, laut der der Vorschlag nicht offiziell sei. Bis jetzt sei weder über Steinigung noch über Peitschenhiebe gesprochen worden.

Afghanistans 2004 verabschiedete Verfassung beinhaltet ein Bekenntnis zur Scharia, also dem islamischen Recht, und zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Das kann, muss aber kein Widerspruch sein. Denn für die Scharia gibt es keine allgemeingültige Definition. Ihre Interpretation hängt von politischen Faktoren und radikalislamistischen Einflüssen ab.

Junges Paar getötet

Steinigungen und Todesstrafe für Ehebruch verstoßen gegen UN-Menschenrechtskonventionen, die Afghanistan nach 2001 unterzeichnet hat. Zwar gab es seitdem vereinzelt Steinigungen in Afghanistan, doch wurden sie von der Regierung verurteilt. Human Rights Watch fordert Präsident Hamid Karsai auf, die Gesetzesvorschläge klar abzulehnen. Auch die Staatengemeinschaft sollte klarmachen, dass die geplante Reform inakzeptabel sei. „Internationale Unterstützung ist kein Blankoscheck,“ erklärte Brad Adams von Human Rights Watch.

Wie am Montag bekannt wurde, ist in der Nordprovinz Baghlan ein junges Paar wegen seiner außerehelichen Beziehung getötet worden. Ein außergerichtlicher Stammesrat habe die Todesstrafe beschlossen. Der Vater des Mädchens habe das Paar dann erschossen und sei geflohen. Die Bundeswehr war im Juni aus Baghlan abgezogen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.