Neue Ermittlungen im Fall Mutombo

Der psychisch erkrankte Schwarze war 2022 nach einem Polizeieinsatz gestorben. Sein Bruder hatte nun Erfolg mit einer Beschwerde

Enttäuscht von den Ermittlungen: Mutombo Mansamba mit einem Foto seines verstorbenen Bruders im Herbst 2022    Foto: Salman Ahmed/AA/picture alliance

Von Hanno Fleckenstein

Die Berliner Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen zum Tod des psychisch erkrankten Medard Mutombo nach einem Polizeieinsatz wieder aufgenommen. Das geht aus einem Schreiben der Behörde an die Anwältin von dessen Bruder hervor, das der taz vorliegt. Damit hatte der Bruder, Mutombo Mansamba, bereits zum zweiten Mal Erfolg mit einer Beschwerde gegen die Einstellung des Verfahrens.

Auf taz-Anfrage erklärte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner, der Beschwerde seien „Ermittlungsanregungen entnommen worden, denen noch nachgegangen werden soll“. Welche das sind und warum diese nicht schon nach der ersten Beschwerde vor rund einem Jahr berücksichtigt wurden, bleibt unklar. Ermittelt werde nach wie vor gegen Unbekannt wegen Körperverletzung im Amt.

Für Mansambas Anwältin Regina Götz ist das Einlenken der Behörde kein Grund zur Freude: „Ich frage mich, ob das Ziel der neuen Ermittlungen überhaupt ist, Anklage zu erheben – oder nur das Nötigste zu tun“, sagte Götz der taz. „Der Umgang mit dem Fall Medard Mutombo zeigt, dass kein großes Interesse an der Strafverfolgung besteht.“

Der Tod von Kupa Ilunga Medard Mutombo im Herbst 2022 hatte Entsetzen und massive Kritik am Vorgehen der Polizei ausgelöst. Der 64-jährige Kongolese litt an einer Schizophrenie und lebte in Spandau in einem Wohnheim für von Obdachlosigkeit bedrohte Menschen. Im September 2022 sollte er auf Grundlage eines richterlichen Unterbringungsbeschlusses von dort in eine geschlossene Psychiatrie gebracht werden.

Medard wehrte sich heftig, schließlich überwältigte und fesselte ihn die Polizei. Er kollabierte, fiel ins Koma und starb drei Wochen später im Krankenhaus. Die Todesursache war dem Obduktionsbericht zufolge ein durch Sauerstoffmangel bedingter Hirnschaden. Sein Bruder Mansamba warf den Po­li­zis­t*in­nen daraufhin rechtswidrige Gewalt vor und erstattete Anzeige. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren nach wenigen Monaten ein.

Mansamba war wütend über die in seinen Augen schlechte Arbeit der Anklagebehörde – und reichte mit seiner Anwältin Regina Götz im Mai 2023 die erste Beschwerde ein. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen im August wieder auf – und stellte sie bereits im November wieder ein.

„Ich frage mich, ob das Ziel überhaupt ist, Anklage zu erheben“

Regina Götz, Anwältin

Götz und ihr Mandant wollten das nicht hinnehmen. Keine der offenen Fragen sei geklärt worden, betont die Anwältin. Götz kritisiert unter anderem, dass sich die am Einsatz beteiligten Po­li­zis­t*in­nen zwar zum Widerstand des späteren Todesopfers geäußert hätten. Sie seien aber nie als Zeugen oder gar als Beschuldigte zur Fixierung und zum Tod von Medard vernommen worden. Außerdem fordert die Anwältin ein medizinisches Gutachten zur Todesursache. Sie verweist darauf, dass laut Ermittlungen ein Notarzt gesagt habe, er gehe davon aus, dass Medard aufgrund der gewaltsamen Fixierung durch die Polizei zusammengebrochen sei und einen sogenannten lagebedingten Erstickungstod erlitten habe. Dieser Arzt wurde nicht weiter befragt.

Anfang dieses Jahres legten Götz und Mansamba deshalb erneut Beschwerde ein. Die erneute Aufnahme überrasche sie, sagte Götz der taz. Insgesamt fehle ihr aber das Vertrauen: „Ich wundere mich, dass in einem Fall, in dem jemand sein Leben verloren hat, so mangelhaft ermittelt wird.“