piwik no script img

Tod des Kreml-KritikersBeresowski starb durch Erhängen

Es war wohl Selbstmord: Die Obduktion des russischen Oligarchen Boris Beresowski ergab Strangulieren als Todesursache. Hinweise auf einen Kampf gibt es nicht.

Freunde von Boris Beresowski glauben nicht an einen Selbstmord des Oligarchen. Bild: dpa

LONDON/MOSKAU dpa | Der russische Oligarch und Kreml-Kritiker Boris Beresowski ist nach Erkenntnissen einer gerichtsmedizinischen Untersuchung durch Strangulieren gestorben. Die Merkmale an der Leiche des 67-Jährigen seien „gleich dem Erhängen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Thames Valley Police vom späten Montagabend (Ortszeit). Es seien keine Hinweise auf einen Kampf gefunden worden, teilte die Polizei weiter mit.

Bereits zuvor hatten die Untersuchungen am Fundort der Leiche im Badezimmer von Beresowskis Haus keine Hinweise auf die Beteiligung weiterer Personen ergeben. Die endgültige Auswertung der Untersuchungen, etwa auf Giftstoffe, werde aber noch mehrere Wochen dauern.

Der 67-Jährige, der im Russland von Präsident Wladimir Putin als Staatsfeind Nummer eins betrachtet worden war, war am vergangenen Samstag tot im Badezimmer seines Anwesens in Ascot bei London gefunden worden. Die Untersuchungen im Haus des Toten sollen noch mehrere Tage dauern, sagte Chief Inspector Kevin Brown.

Freunde von Beresowski bezweifelten nach dem aufsehenerregenden Todesfall, dass der als kämpferisch bekannte Oligarch Selbstmord begangen haben könnte. Sein langjähriger Freund Nikolai Gluschkow sagte dem Guardian: „Ich bin mir sicher, dass er ermordet wurde. Ich habe andere Informationen, als die, die in den Medien veröffentlicht werden.“

Russland will an Vermögen ran

Nach dem Tod des Kremlkritikers will Russland auf das Vermögen des in Moskau wegen zahlreicher Wirtschaftsverbrechen verurteilten Unternehmers zugreifen. Die Generalstaatsanwaltschaft strebe weiter eine Rückkehr von Besitztümern an, die Beresowski sich illegal angeeignet habe, teilte die Behörde nach Angaben der Agentur Interfax am Montag mit. Details wurden nicht genannt.

Auch in London wurden bereits am Montag Geldforderungen an den Nachlass Beresowskis laut. Dem 67-Jährigen Ex-Milliardär waren nach teuren Gerichtsauseinandersetzungen mit Ex-Frauen und seinem Landsmann Roman Abramowitsch zuletzt erhebliche Geldprobleme nachgesagt worden.

Der am Samstag tot in Großbritannien aufgefundene frühere Moskauer Machtpolitiker war nach seiner Flucht ins englische Exil von der russischen Justiz in gut einem Dutzend Verfahren in Abwesenheit verurteilt worden. Beresowski hatte die Prozesse als politische Rache gegen ihn kritisiert.

In russischen Medien stritten Experten darüber, ob sich Beresowski wegen Depressionen und finanziellen Problemen das Leben genommen haben könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • B
    Benz

    @Goldammer

    Fand ich auch seltsam. Selbstmord durch strangulieren bedeutet ja wohl erhängen. Selber erwürgen kann sich ja wohl keiner. Vielleicht soll Beresowskis Selbstmord mit unklaren Formulierungen und nebulösen Begriffen etwas geheimnisvoller gemacht werden?

  • S
    Selbstmordvortäuscher

    A.W.Litwinenko hat sein Polonium 210-Tee auch selbst getrunken. Also Suizid, das ist die neue Taz- Logik.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Da studieren manche Journalisten jahrelang, sehen aber die klarsten Widersprüche nicht. Soll das Qualitätsjournalismus sein? Wenn Beresowski nach seinem Selbstmord durch Erhängen tot gewesen ist, dann wäre am am Seil hängend aufgefunden worden. Oder er ist nach Todeseintritt von anderen Personen abgeschnitten und ins Bad gebracht worden. Dann wäre es doch interessant, zu wissen, welche Leute das waren.Außerdem gäbe es dann immer noch unübersehbare Erhängungs-Zeichen am Körper, zum Beispiel in den Augen und am Hals.Jeder Sanitäter hätte sie auf den ersten Blick gesehen.Anhand unbezwingbarer biologischer Abläufe nach Todeseintritt hätte man sogar auf Todeszeitpunkt schließen können. Irgend etwas an der Berichterstattung stimmt mal wieder nicht...

  • B
    Benz

    Wie auch immer er Selbstmord begangen hat, auf jeden Fall hat der einst reichste, mächtigste und gierigste Oligarch ein trauriges Ende gefunden: Verhasst, Vermögen verloren, ohne Freunde, von der Familie verlassen, mit einem Haufen Schulden.

  • R
    reblek

    "Freunde von Boris Beresowski glauben nicht an einen Selbstmord des Oligarchen." - Das glaube ich auch nicht, denn "Mord" ist Tötung aus niederen Motiven und das kann eine Selbsttötung schlecht sein, oder? Warum nicht Selbsttötung oder Freitod?

  • A
    antares56

    Der Mann hat sich natürlich erhängt. Nachdem er tot war, hat sich sich abgehängt, den Strick verschwinden lassen und sich dann ins Badezimmer gelegt!