piwik no script img

Tipps für den Kauf eines ZweiradesEine Frage des Typs

Fahrräder sind ein Verkehrsmittel. Und ein Wirtschaftsfaktor. Das Angebot wächst mit der Nachfrage. Die taz liefert den Überblick.

Über 70 Millionen Fahrräder gibt es in Deutschland. Bild: dpa

BERLIN taz | Warme Sonne, milder Südwind – in weiten Teilen Deutschlands wird es derzeit frühlingshaft. Viele Menschen, die sich im Winter nicht auf ihre Räder setzen wollen, bevölkern jetzt wieder die Straßen. Fahrradfahren liegt im Trend, und das spürt auch die Branche. Das vergangene Jahr sei sehr zufriedenstellend gewesen, heißt es aus dem Zweirad-Industrieverband, der am Mittwoch seine Jahresbilanz vorstellt. Die größten Zuwächse habe es wieder bei den Elektrorädern gegeben.

Im Jahr zuvor hatte die Branche noch mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Der lange Winter hatte die Umsätze insgesamt sinken lassen. Profitieren konnten Hersteller und Händler jedoch vom Trend zu den Elektrorädern und der Bereitschaft der Kunden, mehr Geld für höherwertige Räder im Fachhandel auszugeben. Rund 71 Millionen Fahrräder waren im vergangenen Jahr auf deutschen Straßen unterwegs – Tendenz stabil, da alte Räder entsorgt wurden.

Neben den Klassikern auf dem Fahrradmarkt – Stadt- und Tourenräder, Kinderräder, Elektroräder und Geländeräder – drängen auch immer mehr Spezialräder in die Geschäfte. Sie führen zwar häufig ein Nischendasein, haben in Zeiten zunehmender Individualisierung aber die Chance, mehr Marktanteile zu gewinnen. Die taz nutzt die Möglichkeit und stellt aktuelle Fahrzeugtrends vor.

Am Wochenende findet in der Hauptstadt zum fünften Mal die Branchenmesse VeloBerlin statt. Partnerland sind in diesem Jahr die Niederlande, seit Jahren Vorreiter in Sachen Fahrrad. „Die Zeiten, in denen das Auto als Statussymbol galt, sind vorbei“, so die Veranstalter.

Gerade in den Großstädten verliere das eigene Auto an Relevanz. Hohe Kosten, nervender Stau und die Parkplatzsuche machten das Auto für viele unattraktiv. Fahrradfahren sei ökonomisch, gesund und umweltbewusst. „Spezialräder wie E-Bike, Faltrad oder Lastenrad geben individuelle Lösungen.“

Lastenrad

Für: Alle, die mehr transportieren als in zwei Taschen passt.

Marktpotenzial: Vor einigen Jahren noch mit Seltenheitswert. Doch längst ist der Trend aus den Niederlanden hier angekommen. Nichts für die große Masse.

Preis: Selbstbausätze gibt es für 1.000 Euro, fertige Räder kosten schon mal 5.000 Euro.

Das ist es: „Ich ersetze ein Auto“ steht auf den Rädern – denn diese Nutzfahrzeuge können tatsächlich transportieren, für was man sonst einen motorisierten Untersatz bräuchte. Zwei Kleinkinder, einen Großeinkauf oder die Kommode vom Baumarkt. Wer nicht genug Vertrauen in die eigene Kondition hat, nimmt eins mit Zusatzelektroantrieb.

Maßanfertigungsrad

Für: Alle, die neben einem Fahrrad auch ein neues Dekoelement für die Wohnung suchen.

Marktpotenzial: Noch ein Nischenprodukt. Aber eines, für das die Kunden bereit sind, relativ viel Geld auszugeben.

Preis: Die Rahmen beginnen meist bei 1.000 Euro.

Das ist es: Waren individuell gefertigte Räder früher noch etwas für extreme Vielfahrer, sind sie mittlerweile auch bei Gelegenheitsradlern angekommen. Denn wenn das Auto als Statussymbol ausgedient hat, füllt das Fahrrad die Lücke. Dann kann aber keines von der Stange sein. Sondern individuell gefertigt, unter Berücksichtigung von Körpergröße, Sitzhaltung und persönlichem Geschmack. Manche der Räder sind so schön und teuer, dass sie den Großteil des Jahres an der Wand im Wohnzimmer hängen. Und nur mal im Sommer bei gutem Wetter ausgeführt werden – garantiert nicht über matschige Wege.

Seniorenrad

Für: Körperlich Eingeschränkte, die mobil bleiben wollen.

Marktpotenzial: Kommt raus aus der Nische. Denn: Deutschland wird älter, und die Alten wollen mobil bleiben.

Preis: Von 250 bis zu mehreren tausend Euro.

Das ist es: Irgendwann kommt das Bein nicht mehr über den Gepäckträger. Oder es hapert mit dem Gleichgewicht. Doch weil Menschen auch im fortgeschrittenen Alter noch Rad fahren wollen, gibt es vermehrt darauf zugeschnittene Angebote: Räder, deren Rahmen einen tiefen Einstieg ermöglicht. Und Dreiräder. Mit zwei Rädern hinten und einem vorne oder umgekehrt. Letzteres nimmt die Angst, irgendwo stecken zu bleiben, weil sich die Breite besser abschätzen lässt. Auch hier: Elektroantrieb optional.

Falträder

Für: Pendler.

Marktpotenzial: Zu DDR-Zeiten in Ostdeutschland ein Massenphänomen, derzeit noch in der Nische. Aber mit Wachstum.

Preis: 500 bis 4.000 Euro.

Das ist es: Auf der Straße ein echter Hingucker – es sieht immer aus, als würde ein Erwachsener auf einem viel zu kleinen Kinderfahrrad mit hochgestelltem Sattel und Lenker durch die Gegend kurven. Ideal für die Mitnahme in Zug oder Bus – sie lassen sich so klein zusammenfalten, dass man das Fahrradabteil anderen Reisenden überlassen kann. Erst, wenn das Rad mit drei Handgriffen aufgeklappt wird, schauen wieder alle hin.

Elektrorad

Für: Langstreckenfahrer, Senioren, Touristen.

Marktentwicklung: Ungebrochen starkes Wachstum: Marktanteil von 12 Prozent in Deutschland. Rund zwei Millionen auf den Straßen.

Preis: Es gibt sie schon ab 500 Euro, aber man sollte bei der Qualität nicht knausern. Kann auch mehrere tausend Euro kosten.

Das ist es: Fahren mit eingebautem Rückenwind. Sinnvoll auf langen Strecken zur Arbeit oder in hügeligen Städten. Ideal auch für Senioren oder für Touristen im Bergland. Problem: recht teuer in Anschaffung und Versicherung, ohne die es nicht geht. Hohe Geschwindigkeiten verlangen Mensch und Material viel ab. Und: Auswahl, Wartung und Entsorgung – vor allem der Batterie – wollen wohl bedacht sein.

Eingangrad

Für: Minimalisten.

Markt: Ein Nischenprodukt. Aber in Städten angesagter.

Preis: Ab 200 Euro, nach oben offen. Wegen des Coolness-Faktors mitunter unnötig teuer.

Das ist es: Fahren wie früher, ohne Gangschaltung und Schnickschnack. Von Kennern Single-Speed-Räder oder Fixies genannt. Am Berg muss man aus dem Sattel, und bei hohen Geschwindigkeiten rotieren die Beine flink. Dafür hat man ein leichtes Rad, das wenig Wartung erfordert. Zwischen Zahnkränzen knarzende Ketten oder von selbst wechselnde Gänge gehören der Vergangenheit an. Die Variante mit starrem Gang – auf Englisch: fixed gear oder Fixie – ist gewöhnungsbedürftig. Bremsen sind in jedem Fall Pflicht!

Standardrad

Für: Alle, die es praktisch mögen.

Markt: Geht immer. Trekking- und Stadträder haben zusammen 52 Prozent Marktanteil.

Preis: Von 200 bis 5.000 Euro.

Das ist es: Die Leistungsträger unter den Rädern – mit unzähligen Modellen, Ausstattungen und Größen. Hier findet jeder, was er im Alltag braucht. Egal, ob er eher flott oder bequem unterwegs sein will oder auch mal Gepäck oder Kleinkinder transportieren muss. Einziges Problem: die Qual der Wahl. Und: Je komfortabler das Radeln sein soll, umso tiefer muss man in die Tasche greifen. Dann steigt aber auch das Diebstahlrisiko, und entsprechend teure Schlösser oder Versicherungen werden ein Muss.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Das Fahrradfahren muss eine "angenehme Anstrengung" sein - schöner ist es nicht auf den Punkt zu bringen!!!

     

    Die "achtfach" hat immer noch ihre Daseinsberechtigung nicht zuletzt durch die etwas breitere Kette und günstige Verschleißteile. Ich fahre eine an meinem Reiserennrad, geschaltet wird problemlos&geschmeidig mit uralten Friktionsrahmenschalthebeln am Vorbau!

     

    Ich möchte noch einmal auf die Relevanz der richtigen Primärübersetzung hinweisen und dazu zwei Tools zum Knobeln empfehlen:

    "Franz Schneck Entfaltungsrechner" und den "Online Ritzelrechner" - kennen Sie eventuell noch nicht.

     

    Der Primärantrieb sollte bei der Nabenschaltung immer so ausgelegt sein, dass der Lieblingsgang für flache Strecke bei leichtem Gegenwind der "direkte" ist bzw. bei der von Ihnen angesprochen Kettenschaltungen mit einem Kettenblatt vorn die Gänge mit möglichst gerader Kettenlinie sind - das wissen Sie bestimmt, ich schreibe es aber noch mal für die Anderen!

     

    Bei Kettenschaltungen werden oft zu große Kettenblätter gewählt, an meinem Reiserenner fahre ich 42/32/22 vorn und 11/13/15/18/21/24/28/32, so kann ich in der Stadt mit dem großen Kettenblatt zum Anfahren bis auf das 24 hinten runtergreifen greifen und zum Ampelsprint in einer Rutsche hochschalten. Außerdem habe ich auf dem mittleren Kettenblatt schöne "Reisegepäckgänge" und auf dem Kleinen Kettenblatt noch drei knackig "passtaugliche" Untrsetzungen .

     

    Noch ein Tipp zu Schluss:

    wenn bei Nabenschaltungen und Fixis nur ein Ritzelzahn zugelegt werden soll kann bei der Kettelängenanpassung ein sogenannt "halbes" Kettenglied sehr nützlich sein.

     

    MfG und noch mal auch in Einsteins Sinne ein dreifaches "Hoch auf das Fahrrad!"

    • @Waage69:

      ups - mal wieder falsch plaziert: Antwort an den, was das Radfahren angeht "Seelenverwandten" @Higonefife weiter unten.

  • Weia! In der Korrektur muß ein E-Bike-Hasser sitzen... Die haben natürlich den Rückenwind eingebaut, nicht den Rückwärtsgang, und eine Versicherung braucht man nur für die 45 km/h-Variante.

    • @Georg M. Petersen:

      Danke, dass Sie es erwähnen, hatte das gleiche bemerkt.

      Nur daß mein Kommentar (ohne den Punkt Versicherung), nicht freigeschaltet bzw. bereits wieder (warum auch immer) gelöscht wurde.

  • 250watt fahrräder werden 7 milliarden mal verkauft in den nächsten 50 jahren.dazu noch 2 milliarden 250 watt privat haushalt windräder

  • Ja bestimmt - beim nächsten Rad wird alles besser!

     

    Allerdings: der Mensch ist beim Radeln der begrenzende Faktor und noch die allerletzte Möhre wird meist unter ihren Möglichkeiten genutzt!

     

    Manchmal muss man da fast weinen.

     

    Die Mehrzahl aller RadfahrerInnen z.B. fahren mit einem unangepassten Primärantrieb durch die Gegend: da hat das Holländer standardmäßig vorne 44 und hinten 19 Zähne (statt mindestens 22 oder besser noch 23 Zähne hinten) und die Cyclisten wundern sich dass sie kaum im effizienten direkten Gang der Nabenschaltung und fast nur im ersten rumgurken...

    ...ein Skandal, also:

     

    auf zum Ritzeltausch!!!

     

    Ein weiterer Skandal ist die weit verbreitete und sehr konsequent betriebene "überkreuzschalterrei" bei den (total verrosteten!) Kettenschaltungen und notorisch zu tief eingestellte Sättel und (würg!) zu hohe Lenker.

     

    Na ja, dass mit dem Lenker ist ja Geschmackssache aber zu niedrige Sättel gehen auf die Knie und wenn es dann nicht mal für ordentlich Luft in den Pneus reicht heißt es: "mein altes Rad geht voll schwer zu trampeln!"

     

    Also bevor ihr andauernd neue Räder kauft und dann doch nicht nutzt: stellt euer altes "Aschenpuddel" vernünftig auf euch ein, schmiert es, denkt euch in die Technik ein und LIEBT es!

    • @Waage69:

      Genau. Das Fahrradfahren muss eine "angenehme Anstrengung" sein. Wer sein Fahrrad optimal einstellen möchte, sollte sich von Juliane Neuss das Buch "Richtig sitzen-Locker radfahren" kaufen. Damit bekommt man jedes Fahrrad optimal eingestellt, ob Holland- oder Rennrad. Und noch eins: der Sattel darf nicht zu weich sein. Ein weicher Satttel wird von beiden Sitzhöckern zusammengedrückt, beim Treten wird dann nicht wechselweise ein Sitzhöcker entlastet, weil das zusammengedrückte Material nachkommt. So sind die feinen Blutgefäße immer ein wenig gequetscht. Zum Brötchenholen reicht es, aber bei einer längeren Tour bekommt man "Hintern". Und wenn das Knielot nicht über der Pedalachse steht, auch noch "Knie". Ich kann Waage69 nur beipflichten. Und wenn ihr vorwiegend in der Stadt fährt, aber trotzdem Kettenschaltung fahren wollt: 8 Gänge reichen völlig aus. Also vorn ein Kettenblatt und hinten 8 Ritzel. Dann braucht ihr nicht zu überlegen, sondern nur rauf oder runter schalten. Shimano will euch heute 30 Gänge verkaufen, fragt mal wieviel ein Verschleissset kostet (Kette/Kassette) bei 10fach. Bei achtfach 20€. Und nicht vergessen: Einstein entwickelte Ideen der Relativitätstheorie beim Radfahren. Die besten Ideen kommen einem auf dem Fahrrad.

  • 7G
    7964 (Profil gelöscht)

    Oh Graus, wer hat denn da recherchiert? Das soll ein Überblick sein? Da fallen mir ja ohne nachzudenken noch ein:

     

    Alle Arten von Sessel- und Liegerädern...

     

    Alle Arten von Dreirädern: Also vorne 2 und hinten 1 und umgekehrt und vorne lenkbar oder hinten lenkbar oder mit Knicklenkung...

     

    Das Tandem - für 2, aber nur eine Bestimmerin.

    und das Triplet (Also wie ein Tandem, bloß halt für 3)

     

    Rikschas (indisch oder indonesisch)

     

    und Exoten, wie z.B. Fahrräder mit Seitenwagen für Lasten oder Personen.

     

    Mit Standardrad meint der Autor vermutlich den Diamantrahmen, der nur deswegen

    so bekannt ist, weil Liegeräder für "klassische" Radrennen verboten sind. (Die wären nämlich schneller und das will keiner, weil sich dann die Autos noch mehr ärgerten...)