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Tiktok in den USANeue Investoren könnten App retten

Die App hat für ihren Betrieb in den USA neue Besitzer gefunden. Das war eine Vorgabe von Trump. Einsteigen will auch eine Firma aus Abu-Dhabi.

Das US-Geschäft der chinesischen Online-Plattform Tiktok wurde an neue Besitzer übergeben Foto: Jens Büttner/dpa

dpa | Die Online-Plattform Tiktok steht nach monatelangem Zittern kurz davor, ihr Überleben in den USA zu sichern. Der Vertrag über eine neue Firma für das US-Geschäft der populären Video-App Tiktok ist Medienberichten zufolge unterzeichnet worden.

Tiktok-Chef Shou Chew habe dies Mitarbeitern in einer E-Mail mitgeteilt, schrieben unter anderem die Website Axios und der Finanzdienst Bloomberg. Zu den Investoren gehören demnach – wie bereits bekannt – der Software-Konzern Oracle sowie die Finanzfirmen Silver Lake aus den USA und MGX aus Abu-Dhabi.

Sie sollen „Axios“ zufolge rund 45 Prozent an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen halten. Weitere rund 20 Prozent sollen beim bisherigen Eigentümer, dem in China ansässigen Bytedance-Konzern, liegen. Rund ein Drittel der Anteile bleibe bei bisherigen internationalen Investoren von Tiktok, hieß es. Die Transaktion soll demnach am 22. Januar abgeschlossen werden.

Auf den Betrieb von Tiktok außerhalb der USA – etwa auch in Deutschland – dürfte das Geschehen keine Auswirkungen haben. Von Tiktok gab es zunächst keine Stellungnahme zu den Medienberichten.

Da der bisherige Tiktok-Mutterkonzern Bytedance seine Zentrale in Peking hat, hing die Zukunft der App in den USA seit Monaten in der Schwebe. Unter anderem wurde befürchtet, dass chinesische Behörden sich Zugang zu Daten von US-Amerikanern verschaffen könnten. Tiktok und Bytedance bestritten das. Das US-Geschäft hätte nach einem im vergangenen Jahr beschlossenen Gesetz eigentlich bis zum 19. Januar 2025 von Bytedance abgetrennt werden müssen – oder die App in den USA vom Netz gehen.

Präsident Donald Trump setzte jedoch gleich zu seinem Amtsantritt im Januar die Umsetzung des Gesetzes aus und verlängerte die Gnadenfrist seitdem immer weiter. Nach seinen Angaben holte er auch bei der chinesischen Regierung schon vor Monaten eine Zustimmung für den Deal, Tiktok in den USA zu bekommen.

Die Investoren scheinen die Kontrolle über das US-Geschäft von Tiktok zu einem Schnäppchenpreis bekommen zu haben. Unterrichtete Kreise bestätigten Axios, dass die Bewertung der Sparte bei 14 Milliarden Dollar geblieben sei. Als US-Vizepräsident JD Vance den Betrag im September genannt hatte, sorgte das für Erstaunen. Gemessen an der Größe des Tiktok-Geschäfts USA mit 170 Millionen Nutzern ist das ein eher niedriger Preis. So sagte Analystin Jasmine Enberg von Emarketer damals Bloomberg, auf etwa 14 Milliarden Dollar schätze ihre Firma allein die Werbeerlöse von Tiktok in den USA im Jahr 2026.

Warnung vor Medien-Kontrolle durch Trump-Lager

Die demokratische US-Senatorin Elizabeth Warren warnte nach Bekanntwerden der Unterzeichnung, Trump wolle noch mehr Kontrolle darüber, was man zu sehen bekomme, „seinen Milliardärs-Kumpeln“ überlassen.

Oracle wird von Larry Ellison kontrolliert, einem milliardenschweren Unterstützer von Donald Trump. Seine Familie kaufte vor wenigen Monaten den Hollywood-Konzern Paramount. Danach gab es beim dazugehörenden Sender CBS zügig einen Umbau der Nachrichtenredaktion. Zuletzt räumte CBS ungewöhnlich viel Platz Erika Kirk ein, der Witwe des getöteten rechten Aktivisten Charlie Kirk.

Paramount versucht auch, den Konkurrenten Warner Bros. Discovery zu übernehmen, zu dem auch der Nachrichtensender CNN gehört. Trump ist CNN, wo oft auf von ihm verbreitete Unwahrheiten hingewiesen wird, schon lange ein Dorn im Auge.

Bei Tiktok ist Oracle schon jetzt der technische Dienstleister für die USA und stellt unter anderem Rechenzentren für die Plattform zur Verfügung.

Neu trainierter Algorithmus

Große Debatten gab es in den vergangenen Jahren um den Algorithmus von Tiktok – die Software, die entscheidet, welche Videos den Nutzern als Nächstes angezeigt werden. In den USA wird befürchtet, dass China über die Software die öffentliche Meinung manipulieren könnte. Diese Sorge war ein weiterer Auslöser für das Gesetz, das die Abspaltung des US-Geschäfts erzwingen sollte.

Nach bisherigen Angaben der US-Regierung soll die neue Firma eine Kopie der bisherigen Algorithmus-Software von Tiktok bekommen. Diese soll dann durchleuchtet und mit Daten von US-Nutzern neu angelernt werden. Einige Kritiker von Trumps Tiktok-Deal warnen, dass dies nicht genug Sicherheit gebe. Das US-Gesetz schreibt vor, dass weder die chinesische Regierung noch Bytedance Kontrolle über den Algorithmus haben dürfen.

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