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Tiktok-TrendsEin Fuckboy im Schafspelz

In Parks Bücher lesen klingt zwar harmlos, aber es ist die kaltblütige Masche von „performative males“. Am Samstag können sie sich in Berlin beweisen.

In Parks sollte man Männern mit Büchern nicht trauen Foto: dpa | Paul Zinken

Berlin taz | Mit Kabelkopfhörern und schwarz lackierten Fingernägeln sitzt er auf einer Parkbank. Aus seinem Jutebeutel holt er ein feministisches Buch, das er gleich demonstrativ hochhalten, dabei allerdings nur wenig lesen wird. Er trinkt Matcha und hat ein Tampon in der Hosentasche, just in case.

Eine Falle. Denn all das sind Erkennungsmerkmale eines sogenannten „performative male“. Auf Tiktok werden so heterosexuelle Männer bezeichnet, deren Masche es ist, sich feministisch zu inszenieren. Dabei geht es ihnen viel mehr um Selbstdarstellung als um tatsächliche Überzeugung. Das Ziel: progressive Frauen aufreißen, nur um sie dann genauso toxisch zu behandeln wie gewohnt. Quasi ein Fuckboy im Schafspelz.

Um sie zu enttarnen, kursieren auf Tiktok nicht nur zahlreiche Memes, es werden sogar „performative male contests“ veranstaltet. Nach Jakarta und Seattle kommt der satirische Wettbewerb nun nach Berlin. Auf Tiktok postet die Nutzerin @mayhem Videos, in denen sie Flyer aufhängt und mit „geilen Preisen“ wirbt. „Es ist an der Zeit, dass sich die intellektuellsten Männer Berlins versammeln und sich beweisen“, steht dort geschrieben, als eine Art Köder. Im Voiceover sagt sie: „Beweist euch gerne.“

Hinter dem Account steckt die 21-jährige Kulturjournalistin Mariam Daher, die einfach selbst über das Thema berichten möchte. Sie findet, dass der Trend ein popkulturelles Phänomen ist, über das gesprochen werden muss. „Typen, die in der Öffentlichkeit lesen, waren schon immer meine Feinde, weil sie keine einzige Frage dazu beantworten können“, sagt sie. Deshalb könne man sich über die ausschließlich lustig machen.

Frauen sind auch eingeladen

Gemeinsam mit ihren Freunden Jean und Alex veranstaltet sie am kommenden Samstag ab 17 Uhr im Weinbergspark den ersten „performative male contest“ Deutschlands. Schließlich seien diese neuen Männer eine Berlin-Erfindung. „Das ist quasi ein Spielplatz, wo die sich ausleben können“, sagt Daher.

Ob sie auch schon auf die Masche hereingefallen sei? „Immer. Alle Männer sind eh scheiße“, sagt Daher. Sie habe auch etwas Angst, dass eine ihrer Ex-Situationships am Samstag auftauche.

Für das Event hat sie extra Recherche betrieben und Dating-Profile erstellt, um „performative males“ online zu casten. Die „geilen Preise“ werden von kleinen Buchhandlungen zur Verfügung gestellt. Für Daher wäre es der größte Albtraum, wenn Marken wie LAP Coffee das Event für sich beanspruchen.

Frauen seien natürlich auch eingeladen. „Leute können gerne kommen, um ihre neue toxic situationhsip zu finden“, sagt Daher. Sie hofft, dass ihre Videos auf Tiktok viral gehen und ihr Contest somit Aufmerksamkeit bekommt. Kommende Woche soll es in München weitergehen.

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4 Kommentare

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  • Klingt unterhaltsam aber auch ein wenig schräg.

    Ich, männlich, lese übrigens regelmäßig Bücher im Park, habe keine Tampons dabei und möchte während meiner Lektüre auch nicht angesprochen werden.

    Weisse Bescheid, Schätzelein. *grruunz*

  • Gender Debatte 2025: "Alle Männer sind eh scheiße“



    Irgendwie stimmts, irgendwie aber auch schwach als Aussage. Bin untentschlossen. Irgendwie sind die meisten Aussagen eh scheiße.



    Muss auch gestehen: Ich lese manchmal. In der Öffentlichkeit.



    Auch kurz gecheckt ob 1. April ist.

  • Schwachsinn!

  • Verstehe ich das richtig?

    Eine Person unterstellt einer Gruppe wegen ihrem Aussehen und ihrer Einstellungen pauschal niedere Beweggründe. Deshalb plant sie diese Leute zu einem "Contest" zu locken um sich dort öffentlich über sie lustig zu machen. Weil die ja eh alle "scheiße" sind. Und hoffentlich tauchen dort keine Personen auf die sie früher mal abgeschleppt hat?

    Ich finde das ja ziemlich mies. Aber die Taz feiert das ab und unterstützt es?