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Tierschutz in BerlinAuf Taubenrettungsmission

Immer wieder verfangen sich Tauben in Abwehrnetzen. Tierschutz-Organisationen fordern einen tiergerechten Umgang mit den Stadtvögeln.

Städtische Abwehrmaßnahmen sind häufig gefährlich für Tauben Foto: Lino Mirgeler/dpa

Berlin taz | „Fast zwei Wochen waren die Tiere ohne Essen und Wasser eingesperrt und keinen hat es interessiert“, sagt Lenni Vorwieger immer noch aufgewühlt. Der Tierschutzaktivist hat sich bei BVG und Polizei für die Befreiung von mehreren Tauben eingesetzt, die sich am U-Bahnhof Wittenbergplatz in Schöneberg in einem Abwehrnetz verfangen hatten.

Vorwieger engagiert sich ehrenamtlich für das Stadttaubenprojekt Berlin, das einen tiergerechten Umgang mit den Stadtvögeln fordert. Statt auf leidvolle Abwehrmaßnahmen solle die Stadt auf eine Kontrolle der Population setzen.

Nachdem Lenni Vorwieger am Wittenbergplatz mehrere tote Jungtiere leblos mit den Köpfen aus dem Netz heraus hängen sah, ließ er nicht locker. Bis sich BVG-Mitarbeiter*innen schließlich bereit erklärten, die Tiere nachts aus dem Netz zu befreien. Insgesamt elf Tage sollen sie dort eingesperrt gewesen sein.

Ob die noch lebendigen Tiere letztendlich befreit wurden, bleibt ungewiss. Häufig werden sie laut Vorwieger einfach im Müll entsorgt. Mit Tauben, die immer noch als „Ratten der Lüfte“ gelten, gebe es viel weniger Mitgefühl als mit anderen Tieren.

Ak­ti­vis­t*in­nen fordern tiergerechte Lösungen

Mindestens 10.000 Stadttauben leben laut Schätzungen in Berlin und vermehren sich stetig. Die hohe Vermehrungsrate der Stadttauben, die als Nachkommen von Haustauben gelten, die vom Menschen gezüchtet und ausgewildert wurden, ist ein stadtweites Problem. Die Maßnahmen zur Abwehr von Tauben werden von Tierschutzvereinen wie Peta und lokalen Ak­ti­vis­t*in­nen dafür kritisiert, dass sie erhebliches Tierleid verursachen und letztendlich keine nachhaltige Lösung sind. Immer wieder kommt es zu Fällen, in denen sich Tauben, auch Jungtiere, in Abwehrnetzen verfangen und nicht rechtzeitig befreit werden.

Auch die Aktivistin Janina Hennig hat das erlebt. Nachdem sie sah, dass mehrere Tauben in einem Abwehrnetz an einem Wohngebäude der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge in Lichtenberg gefangen waren, schaltete sie das Veterinäramt ein. Mehrere Tage schaute sie täglich nach den Tieren und versorgte sie mit Wasser und Essen. Gemeinsam mit anderen Ak­ti­vis­t*in­nen und der Hausverwaltung konnte sie die Tauben dann vor einigen Tagen befreien.

Statt der teilweise tierschutzgefährdenden Abwehrmaßnahmen gegen Tauben fordern Ak­ti­vis­t*in­nen die Einrichtung betreuter Taubenschläge. Dies sei ein wirksames und tiergerechtes Mittel, um die Taubenpopulation in der Stadt auf Dauer zu senken.

Die Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann fordert bereits seit Jahren die Errichtung von Taubenschlägen und anderen tiergerechten Maßnahmen. In einer Stellungnahme zu den fünf drängendsten tierschutzpolitischen Herausforderungen in Berlin sei dies eine „unbedingte Verantwortung des Landes und der Bezirke“.

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