Thüringens Ministerpräsident in Vietnam: Ramelow hält die Klappe
Der Linken-Politiker reist mit Unternehmern durch Vietnam. Die Deutsche Botschaft freut sich. Aber kritische Themen spart Ramelow aus.
Wer erwartet hat, das ein linker Ministerpräsident auch ein paar Worte zum Thema der bürgerlichen Freiheiten fallen lässt, wird enttäuscht. Mit denen ist es in dem autoritär regierten Land nicht weit her. Wer sich mit der Kommunistischen Partei anlegt, wird aus dem Land geekelt oder verhaftet. Amnesty berichtet über Fälle von Folter in Gefängnissen.
Aber egal. „Ich trete nicht als Erziehungsberechtigter auf“, sagt Ramelow der taz. Seine Aufgabe sei es vielmehr, Türen zu öffnen.
Sechs Tage tourt Ramelow durch das ostasiatische Land, gemeinsam mit gut 70 Unternehmern. Er hat eine doppelte Mission. Zum einen will er dringend benötigte Azubis und Fachkräfte nach Thüringen holen und Wirtschaftskontakte nach Vietnam ausbauen. Zum anderen soll er das deutsch-vietnamesische Verhältnis, welches seit der Entführung eines vietnamesischen Ex-Politikers aus Deutschland vor zwei Jahren leidet, wieder glätten helfen.
Für Diplomaten ein „Betriebsunfall“
Diese „Betriebsunfall“, wie es in Diplomatenkreisen heißt, führte dazu, dass die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern gestoppt wurde. Auch die eigentlich schon im vergangen Jahr geplante Reise der Thüringer musste um ein Jahr verschoben werden. Blöd gelaufen, wo doch Deutschland der größte Handelspartner Vietnams in der EU ist.
Nachdem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) im März vorbeikam, ist nun Ramelow auf Freundschaftsreise. Und siehe da: Kaum ein Minister, der ihm nicht die Hand schüttelt – der Thüringer Landeshäuptling wird empfangen, als sei er die Kanzlerin. Bei allen legt sich Ramelow für die deutsch-vietnamesische Freundschaft ins Zeug, lobt die Gastfreundschaft und die rasante Entwicklung des Landes. Die Botschaft: Lasst uns gemeinsam nach vorn schauen.
Die Charmeoffensive zeigt Erfolg. „Die deutsch-vietnamesischen Beziehungen haben wieder Tritt gefasst“, sagt der deutsche Botschafter Christian Berger in Hanoi, als er Ramelow samt Tross in seiner Residenz empfängt. „Der Besuch aus Thüringen hat dazu ganz maßgeblich beigetragen.“
Entzückte Unternehmer
Auch viele Wirtschaftsvertreter sind entzückt. Der Hanoier Bürgermeister hat dem Thüringer Ministerpräsidenten am Montag eine Sonderwirtschaftszone zugesagt. Ein Areal in der Nähe des Flughafens soll für Thüringer Unternehmen reserviert sein, die hier Dependancen errichten können.
Peter Busch, Geschäftsführer der Intercus GmbH, einer Firma für medizinische Implantate ist verblüfft. Er hatte Ramelow eigentlich gebeten, doch mal zu fragen, ob noch ein Eckchen in Hanoi frei wäre. Seit zehn Jahren importiert seine Firma schon nach Vietnam, nun soll hier auch produziert werden. Busch dachte an einen halben Hektar. Hanoi versprach Ramelow nun die dreihundertfache Fläche. Das sei eine Riesenchance, sagt Berger. „Deutlicher kann ein Land eigentlich nicht sagen: Ihr seid hier willkommen.“
Noch wichtiger für die Thüringer ist, dass sie künftig gezielter Azubis aus Vietnam rekrutieren können. Über ein Modellprojekt wurden schon etwa 130 Jugendliche als angehende Verfahrenstechniker nach Schmalkalden oder als Polsterer nach Springstille vermittelt. 1.000 sollen es künftig sein.
„Wir haben schon deutlich mehr erreicht, als wir gehofft haben“, sagt Ramelow. Die traditionell guten Kontakte zur Kommunistischen Partei sind sicher hilfreich. Aber auch, dass der Politiker den Rat beherzigt, den die Thüringer Entwicklungsgesellschaft Geschäftsreisenden in ihrem „Business-Knigge Vietnam“ ans Herz legt: „Heikle Themen wie Politik, Armut in Vietnam und Umgang mit Dissidenten sollten vermieden werden.“
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